Flüsse oder Depots: Wohin mit den Schneemassen?
Das Entsorgen in Drau und Isel ist nur bedingt erlaubt und sorgt für Diskussionen.
Meterhoch stapelt sich der Schnee in Osttirol. Seit die Schneefälle abgeklungen sind und die Sonne wieder über die Spitzkofeltürme blitzt, rollen dutzende Kipper, Lastwägen und Bagger durch die Dolomitenstadt. In nahezu jeder Straße begegnet man den Räumtrupps und so stellt sich unweigerlich die Frage: Wo landet all der Schnee? Eine Räumung nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ mag zwar verlockend erscheinen, doch sowohl Gemeinden als auch Private dürfen die Massen keineswegs unbekümmert in einem Fluss „entsorgen“. Die Abteilung Wasserwirtschaft des Landes Tirol hat 2013 einen nach wie vor gültigen Leitfaden zur „Räumschneeeinbringung in Gewässer“ erarbeitet, der aufzeigt, was erlaubt ist und was nicht.
Grundsätzlich ist das Abwerfen von Räumschnee in einen Fluss laut Wasserrechtsgesetz immer dann bewilligungspflichtig, wenn es „die Grenze der Geringfügigkeit überschreitet.“ Eine genaue Definition dieser Geringfügigkeit ist nicht einfach, das Gesetz gibt nur den Rahmen vor, ist also Auslegungssache. Demnach könnte Geringfügigkeit beispielsweise dann vorliegen, wenn der Schnee händisch in den Fluss befördert wird.
Um aber größere Mengen in die Flüsse kippen zu können, verfügt die Stadt Lienz über drei von der Behörde genehmigte Rampen. Zwei davon liegen an der Isel – in der Pfister und beim Mischfutterwerk. In die Drau wird der Schnee bei der evangelischen Kirche gekippt. Doch auch hier ist irgendwann Schluss. Der Leitfaden des Landes gibt vor, dass die Schneeeinbringung nur „innerhalb von 48 Stunden nach dem Schneefall“ erfolgen dürfe. Das bestätigen auch Bürgermeisterin Elisabeth Blanik und der Leiter des Baubezirksamtes, Harald Haider. „Der Schnee darf auch nicht durch Splitt oder Müll verunreinigt sein“, so Haider.
Weil die enormen Schneemengen aber nur mühsam und zeitintensiv aus der Stadt gebracht werden können, war nach den besagten 48 Stunden noch viel Schnee übrig. Ab diesem Zeitpunkt müssen die Flüsse verschont bleiben und Depots angelegt werden. „Wir haben nun ein riesiges Depot in der Peggetz, wo wir den Schnee hinbringen“, erklärt Blanik. Bei einem Lokalaugenschein rollen dort voll beladene Lastwägen im Minutentakt an, zwei Bagger schaufeln was das Zeug hält. Das Depot ist wuchtig, die Schneehaufen teils höher als die umliegenden Gebäude. Dieser Anblick offenbart das Ausmaß der Niederschläge.
Hier darf zwar nur die Stadt ihren Schnee abwerfen, doch auch Private sind nicht untätig. In der Christoph-Zanon-Straße entdecken wir zwischen Wohnblöcken ein weiteres Depot. „Offensichtlich gibt es Verträge von Privaten, um den Schnee an solchen Orten abzuwerfen“, meint Harald Haider. Auch Blanik betont, dass dieses Depot privat und kein Lager der Stadt sei.
Die Schneeräumung verläuft selten reibungslos. Beschwerden gegen die gelebte Praxis an den Schneerampen legen vor allem Fischer immer wieder ein. Das übermäßige Abwerfen von Räumschnee könne – so der Obmann des Osttiroler Revierausschusses, Peter Ortner – den ökologischen Zustand eines Gewässers beeinträchtigen und sich auf die Fische auswirken. Immer wieder wird die Forderung laut, darauf zu verzichten und den Schnee nur auf Deponien zu bringen. Experten des Schutzwasserbaus warnen im Leitfaden des Landes davor, dass Räumschnee auch die Hochwassersicherheit beeinträchtigen könne.
Während der jüngsten Schneefälle reichte Ortner eine Beschwerde bei der BH Lienz ein, weil sich die Stadt nicht an die 48-Stunden-Regel gehalten habe: „Nach den ersten Schneefällen im Dezember wurde sieben, acht Tage lang Schnee von den Rampen in Drau und Isel gekippt. Ich wurde dann von Privatpersonen aufgefordert, das der BH Lienz anzuzeigen. Das habe ich Ende Dezember per Mail erledigt.“ Eine Antwort darauf habe er noch nicht erhalten. Ortner geht davon aus, „dass sie sich bereits darum kümmern. Es müsste ein Verwaltungsstrafverfahren sein, dass die Stadt betrifft.“
Auf die Frage, ob die Anzeige von der Behörde registriert wurde, erklärt Bezirkshauptfrau Olga Reisner: „Ich schließe es nicht aus.“ Bei der Stadt sei laut Blanik keine Beschwerde eingegangen: „Beim Wirtschaftshof war es einmal Thema. Die 48 Stunden sind eine gesetzliche Regel und wir halten uns an die Gesetze. Ich kann aber nicht für jeden Lkw-Fahrer die Hand ins Feuer legen. Anfang Dezember hatten wir eine Katastrophensituation, der Schnee musste schnellstmöglich weg und auch aus anderen Gemeinden kamen die Lastwägen. Daher bitte ich in einer solchen Ausnahmesituation auch um Verständnis.“
Zumindest an einer Rampe wird vorerst kein Schnee mehr in die Isel gekippt: Beim Mischfutterwerk wurde ein Gitter beschädigt und die Rampe gesperrt. „Das dürfte in der Hitze des Gefechts passiert sein“, so Haider.
24 Postings
es rächt sich die wildgewucherte infrastruktur für die steuerzahler ... es lohnt sich die wildgewucherte infrastruktur für die schneeräumer
@genaugenommen: nicht alle gebäudedächer wurden statisch berechnet und sicher ausgeführt, denk an die vielen älteren objekte, wo abräumung im extremfall aus sicherheitsgründen notwendig wird.
nach dem "Leitfade_Räumschnee 2013" ist es möglich, bis 48 stunden nach dem schneefall im bachlauf zu entsorgen, wenn keine anderen möglichkeiten bestehen.
in der regel wird am dach damit begonnen, wenn es "brenzlig" wird. meist , wenn wenn es noch schneit, danach die abfuhr zum bach/fluss. allerdings sind dann doch einige bestimmungen einzuhalten (gemeingebrauch WRG) bei größeren gewässer passiert das mittels rampen oder geeignete ablageplätze, die genehmigt sein müssen.
wenn du dich mit dieser thematik beschäftigen willst, hier die der Leitfaden in PDF:
https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/verkehr/service/downloads/Leitfaden_Raeumschnee.pdf
in diesem leitfaden sind aber auch empfehlungen aufgelistet. interessant sind dort vor allem die "schneeräum-verminderungsmaßnahmen", die hier im forum ja gar nicht gut ankommen. vielleicht liegt es auch daran, dass mit der schnee-entsorgung doch ganz gut geld gemacht werden kann. oder doch an der bequemlichkeit?
Mich würde interessieren ob es ausreicht Grundbesitzer zu sein, um ein "privates" Schneedepot anzulegen. Da es bei uns schon mehrmals Tauwetter oder Föhntage gegeben hat - die Eichholzsiedlung wurde damals beinahe geflutet, die Feuerwehr war tagelang mit dem Abpumpen beschäftigt - drängt sich die Frage auf, ob die Stadt dem Anlagenbetreiber bescheidmäßig Auflagen zur Wasserentsorgung erteilt hat.
Heute (14. Jan.) wurde wieder Schnee in die Drau gekippt! Der heutige Schneefall (ca. 15 cm) ermöglicht wieder für 48 Stunden die Entsorgung in Drau und Isel!
Es gäbe Gerätschaften, die den Schnee relativ rasch wegschmelzen.
Zugegeben auf den ersten Blick sieht es nach Energieverschwendung aus, doch wenn man bedenkt, wieviele LKW und Traktoren nur damit beschäftigt sind, den Schnee zu transportieren inklusive Leerfahrten, erschiene mir so ein "Snow Dragon" innerstädtisch zumindest überlegenswert zu sein - wenn mehrere Städte kooperieren durchaus leistbar und verleihbar je nach Krisengebiet.
Das Abwasser lässt sich in den nächsten Kanal leiten.
https://youtu.be/BaVHi9Mq56I
naja, gestern auf dem weg durch die stadt, hab ich mir gedacht, für die meisten lienzer hausbesitzer scheint auch die wirklich nicht neue errungeschaft einer dachrinnenheizung ein fremdwort zu sein. wenn da irgendwo diese "eisberge" runterkommen werden diese an die hauswand gelehnten stangerln wenig nützen. da bin ich z.b. auch wenn ich in der mitten strasse durch die messinggasse geh höchst gefährdet von so einem am boden aufprallendem eisbrocken getroffen zu werden.
Ja ziemlich teuer so ein Teil ein Container mit einer Größe ca. 12 qm reden wir von 200,000 Euro. Ohne Energiekosten gerechnet wird sich in unseren Breitengraden nicht leicht realisieren.
Na ja, 200.000 Euro sollten für eine mittlere Stadt respektive einem Bezirk schon stemmbar sein. In Kooperation mit anderen Bundesländern durchaus machbar.
Der Rest ist Kalkulation sowie Abwägung des Status quo.
Das Schmelzen ist reine Energieverschwendung. Abgesehen davon, daß nur ein kleinerTeil des Transports entfällt, denn man muß den Schnee ja zum Container bringen oder den Container ständig umsetzen, ist der Energiebedarf zum Schmelzen wesentlich höher als der Transport zum Depot oder Fluß.
Es zeigt sich das dieses Gesetz und die daraus abgeleitete 48-Stunden Regel zumindest zu hinterfragen ist auf besondere Umstände, wenn nicht überhaupt ein Blödsinn ist.
mich würde die entscheidungsgrundlagen der 48 stundenregel euch interresieren. vielleicht kann dolomitenstadt.at einmal einen bericht machen
In diesem Jahr haben wir scheinbar zu viel Schnee. Nicht nur in schneearmen Wintern wird der Schnee als das weiße Gold angesehen. Ich bin verwundert, dass die Touristiker bisher nicht reagiert haben – sind sie in Corona-Schockstarre? Franz Theurl hat sonst auch immer gute Ideen (-positiv gesehen)! Könnte man nicht irgendwo schattseitig ein großes Depot anlegen, mit Sägespänen abdecken und übersommern. Flüsse sollten geschont werden! Die Pisten oder/und Loipen könnten Anfang Dez. 2021 mit dem deponierten Schnee belegt werden. In anderen Tourismusgegenden ist das längst Standard. Der kleine Mehraufwand würde sich lohnen. Neben der teuren künstlichen Beschneiung durch Schneekanonen wäre dies auch umweltverträglicher - Einsparung von Wasser u. Strom. Also Touristiker, Ärmel hoch und ran an die Arbeit…
flüsse sollten geschont werden, ihr gegner vom schnee in die flüsse kippen seit also der meinung, wenn im frühjahr der schnee geschmolzen und vom salz des ganzen Winters durchsetzt von alleine in die flüsse kommt ist es besser ?
@rebuh: natürlich sollen flüsse geschont werden, auch das grundwasser und du hast schon recht mit der salzdurchsetzung im frühjahr - auch wenn dann die abflussmenge der bäche um das mehrfache steigt und die belastung dadurch sinkt. das angesammelte salz und der gesamte abriebdreck fließt dann ohnehin durch das kanalnetz in die bäche ab. trotzdem ausnahmesituationen erfordern sondermaßnahmen die meist abwägbar sind.
was ich ein wenig kritisiere, ist die "kahlräumung" so mancherorts. damit sind nicht die belasteten dächer gemeint, sondern bereiche, die kaum genutzt werden und der schnee liegen bleiben könnte. ich weiss, es geht vielfach auch um die bequemlichkeit, die sich so in den vergangenen jahren in die köpfe der leute eingeschlichen hat. allerdings: den winter vertreibt immer noch die sonne, und nicht die kippschaufel und ladewagen der noch so ps-starken und spritfressenden maschinen.
ich würde nach der abschmelze der depos die bodenbelastung überprüfen und im anschluss die 48 stunden regel hinterfragen
Bei diesen rekordverdächtigen Schneemengen und einen Verkehrschaos das sich über 10 Tage in der Stadt vezogen hat auf die lächerliche 48h Regel zu pochen ist ein Wahnsinn. Gehsteige waren zum Teil tagelang nicht benutzbar dadurch waren viele Fußgänger auf der B100 unterwegs, nicht auszudenken was hier passieren hätte können.
Die Menge an Schnee die in die Flüsse eingebracht wird ist verschwindend gering im vergleich zum Fließwasser. Die Abkühlung ist auch zu vernachlässigen - vor allem wenn man bedenkt, dass wir aktuell über 10 Tage bereits minus 10°C haben.
Spricht man dann noch mit den Fischern stellt sich auch schnell heraus dass Fischotter und Co sowie die häufigen Hochwasserereignisse der letzten Jahre die Hauptgründe für den starken Rückgang der Fischbestände sind.
Und man wundert sich warum die Räumung so viel Geld kostet!
gibts im leitfaden der abt. wasserwirtschaft des landes für derartige situationen wie heuer nicht auch eine ausnahmeregelung? mir ist schon klar, dass flusslandschaften auch schonung brauchen, ich frag mich aber, ob die verhältnismäßigkeit mit tonnenweise dieselverbrauch für die verladearbeiten samt dem km-weiten abtransport hier überhaupt begründ- und vertretbar ist. ja, müssen die innenstadt- und wohnsiedlungsbereiche mit sämtlichen parkflächen wirklich "kahlgeräumt" und trockengelegt werden? schade um die tolle und eigentlich schon selten gewordene winterromantik!
wir haben winter, und schnee gehört laut bewerbung bei uns doch dazu. und bis die gastgärten wieder öffnen, lassen wir die sonne in der sonnenstadt lienz werkeln und verzichten auf den landes-zuschuss.
auf der Deponie im freien Feld gehts halt auch nur wenns so kalt ist wie jetzt. Bei durchgehenden Plustemperaturen kommen die LKW nicht hinein und schon gar nicht heraus.
... die Schneeräumung wird übertrieben, weit übertrieben, weil schnee hat die eigenschaft in der sonne zu schmelzen, aber wenn man nicht warten kann ...
ja stimmt... bei den zweiten Fahrstreifen in den Nebenstraßen sowie auf allen Gehsteigen einfach im ganzen Winter den Schnee liegen lassen super... die braucht ja eh kein Mensch...
@senf und @wolf_c haben sich wieder als Winterexperten geoutet.
Wolf_c auf einer Weise hast du recht. Schnee schmilzt in der Sonne. Aber wenn du den Schnee vom Dach schaufelst /Gewicht bedingt. Musst du ihn notgedrungen irgendwie auf die Seite schaufeln/fräsen denn sonst wirst du deinen Haushalt nicht mehr verlassen können. Nicht mal im Harten LOCKD. um deine GRUNDBEDÜRFNISSE zu decken. Oder du bist einer der die Schneemassen fressen gegenteil von fräsen kannst.
ja und warum darf dann der saubere schnee vom dach nicht ins gewässer? ich denke die fische mussten beim heurigen hochwasser im sommer mit ganz anderen problemen fertig werden.
Und dann soll der Schnee bis März liegen bleiben? Keiner kommt mehr irgendwo durch...
Dann wird das gejammere noch größer sein.
Ich finde unsere Schneeräumung gut. Ich glaube dein Komentar ist jammern auf hohen Niveau!
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