Sie haben noch nie von einem Bierkeller in Ainet gehört? Dann lüften wir jetzt ein kleines Geheimnis. „Hopfen und Malz, Gott erhalt's“ – auf diese göttliche Unterstützung hat man sich bei der Aufbewahrung von Bier in der Iseltaler Gemeinde früher nicht verlassen. Um das alkoholische Getränk möglichst lange zu konservieren, wurde ein Felsenkeller – die erste Aufzeichnung stammt aus dem Jahr 1883 – am Waldrand im Westen von Ainet errichtet.
Die großen Bäume, die wir heute noch rund um den alten Bierkeller bestaunen können, sind ein Naturdenkmal. Sie waren schon damals wichtige Schattenspender, die das Bierdepot vor allzu starker Sonneneinstrahlung schützten, wie Bürgermeister Karl Poppeller erzählt. Durch die versteckte Lage ist der schöne Baumbestand beim Bierkeller in Vergessenheit geraten. Das war jedoch nicht immer so, wie in der Gemeindechronik von Ainet nachzulesen ist. Einst wurden im Schatten der Baumriesen bei kühlem Biergenuss fröhliche Feste gefeiert. Heute dient der alte Keller zur Aufbewahrung von Jungpflanzen.
Unter Naturdenkmalschutz stehen aktuell sechs große Linden und Ahornbäume. Ein echtes biologisches Highlight versteckt sich aber auch im Bierkeller selbst. In der Finsternis dieser Felsenhöhle wohnt die Kollars Höhlenschrecke.
Diese ungewöhnliche Heuschreckenart wurde in keinem anderen Tiroler Bezirk gesichtet. In Osttirol beschränkt sich ihre Verbreitung auf den Lienzer Raum. Mit einem grünen „Heuhupfer“ hat dieses Tier nur mehr wenig gemein. Die langen Antennen der Höhlenschrecke, die reduzierte Pigmentierung und die Flügellosigkeit sind Beispiele für die Anpassung an den extremen Lebensraum. Auf den drei Bildern unten ist ein Männchen zu sehen. Männliche Kollars Höhlenschrecken sind selten zu beobachten! In der Schweiz wurden bis dato nur weibliche Tiere gesichtet. Die Individuen dort vermehren sich über die sogenannte Jungfernzeugung und kommen somit schon lange ohne Männchen aus.
Die sechs großen Bäume beim Bierkeller sind die letzten „Überlebenden“ einer einst großen Baumgruppe. Über die Jahrzehnte stürzten einige dieser Bäume altersbedingt um, andere wurden bei einem Felssturz 1966 geknickt. Im Sommer 2020 fiel ein weiterer Riese, der größte und älteste Baum der Gruppe, niedergestreckt vom gefürchteten Brandkrustenpilz. Laubbäume, die von diesem parasitischen Pilz befallen sind, können nicht mehr gerettet werden. Die schon stark ausgelichtete Baumgruppe rund um den Bierkeller Ainet zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, auch unter den Naturdenkmälern für „Nachwuchs“ zu sorgen.
Simon Legniti studiert Naturschutz und Biodiversitätsmanagement. Er schreibt an einer Masterarbeit über Osttirols Naturdenkmäler und bittet unsere Leserinnen und Leser, sich bei ihm mit Vorschlägen für mögliche Naturdenkmäler zu melden, im Idealfall mit Ortsangabe, kurzer Beschreibung und einem Foto an: simon.legniti@gmail.com.
Ein Naturdenkmal als Kühlbox für Gerstensaft?
Die geschützte „Baumgruppe beim Bierkeller in Ainet“ hatte einst eine wichtige Aufgabe.
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