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Gut zu sehen auf dem Johannesplatz in Lienz: Die Fragmente der Südmauer der Johanneskirche. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Gut zu sehen auf dem Johannesplatz in Lienz: Die Fragmente der Südmauer der Johanneskirche. Foto: Dolomitenstadt/Wagner

Eine verschwundene Kirche und ihre Spuren

Der Lienzer Johannesplatz war schon im Mittelalter Begegnungszone – für Gläubige!

Erinnern Sie sich noch? Vor gar nicht so vielen Jahren war der Johannesplatz in Lienz von Autos zugeparkt. Nach der Neugestaltung und Verkehrsberuhigung bot sich ein völlig anderes Bild und seither sind im Pflaster des Platzes auch einige steinerne Fragmente sichtbar. Es sind die gut erkennbaren Reste der ehemaligen Südmauer eines Sakralbaus: der Johanneskirche, nur einen Steinwurf von der Klosterkirche entfernt. Das Kirchlein tauchte 1308 erstmals in Urkunden auf. Immer wieder wurde es durch Brände zerstört oder zumindest in Mitleidenschaft gezogen.

Die St. Johanneskirche lag den Lienzern am Herzen. Der Wiederaufbau nach dem Brand von 1444 war ein Werk der städtischen Bevölkerung. Die damals herrschenden Görzer Grafen erlaubten lediglich, in Ainet kostenlos die Steine für den Bau zu brechen. Dabei wurden durch versehentlich herabrollende Gesteinsbrocken immer wieder Flurschäden verursacht. Die Bauern bekamen dafür Entschädigungszahlungen.

Woher wir das alles wissen? Das Rechnungsbuch von damals ist erhalten und gibt spannende Einblicke in den Kirchenwiederaufbau vor mehr als 500 Jahren. Hans v. Villach wird als Baumeister erwähnt, aber auch einige Frauen sind angeführt, die als Handlangerinnen auf der Baustelle zupackten. Es gab die 5-Tage-Woche und auch im Winter wurde gearbeitet. Der Polier bekam als Lohn nicht nur Geld, sondern zusätzlich einen Doppelliter Wein – täglich! Das war damals durchaus üblich.

Die älteste erhaltene Ansicht von Lienz aus den Jahren 1606/1608 zeigt sehr schön, dass auch auf dem Johannesplatz eine Kirche stand. Foto: Stadtbuch Lienz, unbekannter Künstler

Die Bevölkerung beteiligte sich fleißig durch Opfergaben. Der Lengenholzer hatte in seinem Wirtshaus sogar extra eine Büchse aufgestellt. Immerhin winkte durch gute Werke eine schnellere Passage durch das Fegefeuer. Apropos Feuer: Im Turm der Kirche wurde eine Feuerwache eingerichtet: Bei Anbruch der Dunkelheit bestieg ein Wächter den Turm und hielt die ganze Nacht über Ausschau nach Gefahren.

Dennoch blieb die Kirche nicht verschont und wurde beim Stadtbrand 1798 völlig zerstört. Der Handelsmann Oberhueber wollte sie auf eigene Kosten wieder erbauen, aber das wurde von der Behörde – das Kreisamt für das Pustertal – verboten. 1815 erwischte die Polizei zwei von Oberhuebers Angestellten dabei, wie sie ein im Schutt der Kirche gefundenes Grabmal hoben und die Särge aufbrachen. Es handelte sich dabei unter anderem um den letzten „Lienzer Wolkensteiner“: Johannes von Wolkenstein (1585 – 1649). Die insgesamt vier gefundenen Särge samt den Gebeinen wurden in die alte Gruft bei den Franziskanern übertragen.

Es gibt auch noch Altarfiguren des heimischen Bildhauers Johann Patterer aus St. Johann! „St. Johannes der Täufer“, „St. Johannes der Evangelist“ und noch zwei weitere Skulpturen fielen nicht der Brandkatastrophe von 1798 zum Opfer und schmücken seither den Hochaltar der Pfarrkirche von Oberlienz.

 
Die Figurengruppe auf dem Hochaltar der Pfarrkirche Oberlienz „überlebte“ den Brand des Lienzer Gotteshauses, in dem sie ursprünglich stand. Foto: Dolomitenstadt/Wagner
Evelin Gander ist nicht nur Stadtführerin und Biobäuerin, sondern auch Ideenlieferantin und Geschichtenerzählerin mit viel Einfühlungsvermögen. Thema ihrer Reportagen und Podcasts ist das Leben in all seinen Facetten.

2 Postings

Lipa
vor 4 Jahren

Liebe Evelin, immer interessant, was du zu erzählen weißt. Danke!

 
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    spitzeFeder
    vor 4 Jahren

    Das finde ich auch! Freue mich schon auf die nächste Folge von "Lienz entdecken"!

     
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