So erlebten Praktikantinnen den „Coronasommer“
Überraschend einfache Stellensuche und „lockere“ Covid-Regeln im Gastgewerbe.
Am Anfang der Coronakrise wurde über „den Tod der Ferialjobs“ im Sommer 2020 gesprochen. Rückblickend kann aus meiner Sicht von einem Arbeitsboom geschwärmt werden. Österreichische Gastronomie- und Tourismusbetriebe haben entgegen aller Prognosen zahlreiche Schülerinnen und Schüler sowie Studentinnen und Studenten aus der Sommerarbeitslosigkeit gerettet – und vice versa.
Im Interview befrage ich drei Schülerinnen, Sophie, Lara und Katharina aus Osttirol und Kärnten über ihre Erfahrungen als Ferialpraktikanten im „Corona-Sommer“. Sophie Eisendle (17 Jahre) und Lara Ertl (17 Jahre) aus der HLW Lienz hatten sich, wie wohl die meisten Pflichtpraktikantinnen und -praktikanten, den heurigen Sommer ein bisschen anders vorgestellt. Denn eigentlich hätten sie Anfang Juni bereits in Malta sein und dort eben das in der dritten Schulstufe der HLW angesetzte Pflichtpraktikum absolvieren sollen. Doch nachdem bereits im März die Absage aus dem fernen Malta eintrudelte, Reisewarnungen verhängt wurden und sich eine große Angst vor Ansteckung im Ausland breitmachte, konnte von den 12 Wochen im Süden nur mehr geträumt werden. Wie Sophie und Lara erging es vielen anderen.
Das Pflichtpraktikum wurde zur „fakultativen, unverbindlichen Arbeitserfahrung“ erklärt. Für die zwei Oberstufenschülerinnen hieß es also: umdisponieren und das in Eigenregie und Eigenverantwortung. Unterstützung von der Regierung hatten die beiden auch nicht erwartet, da schon vor „Corona“ kaum Hilfe bei Bewerbung und Beschaffung einer Praktikumsstelle in Sichtweite war. Ende April schickten Lara und Sophie eine beachtliche Anzahl an Bewerbungen für eine Anstellung in Österreich aus. „Gerade wegen Covid-19 gab es dieses große und vor allem kurzfristige Interesse an Ferialpraktikanten im Tourismus“, begründet das Sophie Eisendle aus Gaimberg. Lara bestätigt diesen Eindruck:
Der besiegelnde Handschlag – hier metaphorisch zwecks Sicherheitsabstand – erfolgte schließlich mit dem Hotel „Klein“ in Seeboden am Millstätter See. Für sechs Wochen wurden die beiden dort Teil des Serviceteams. Dem von den Medien und der Politik als „locker“ bezeichneten Sommer entsprechend, erzählen mir Sophie und Lara von einem eher „lockeren“ Umgang mit den Corona-Maßnahmen. Der Sicherheitsabstand wurde größtmöglich eingehalten und es gab Möglichkeiten sich die Hände, beispielsweise am Buffet, zu desinfizieren. Mund- und Nasenschutz seien aber eher die Ausnahme als die Regel gewesen. Letzterer kam zumeist nur auf Nachfrage der Gäste zum Einsatz.
„Im Großen und Ganzen“, bestätigt Lara aus Kärnten, „habe ich keinen großen Unterschied zum normalen Betrieb erkennen können. Hinsichtlich der Maßnahmen hatten wir Glück, dass wir in unserer Arbeitsdauer von August bis September gerade in den „maskenfreien“ Sommermonaten angestellt waren“. Dass das Coronavirus seine infektiösen Hände dennoch mit im Spiel hatte, erkannten die Mädchen an den vielen deutschsprachigen Gästen. Österreichische Urlauber machten aus Sicht der Schülerinnen fast die Hälfte der Buchungen
aus. Die Statistik bestätigt das mittlerweile. Die Mädchen hörten kaum Fremdsprachen und hatten auch wenig Gelegenheit, ihre eigenen Sprachkenntnisse einzusetzen.
Ein ähnliches Bild, allerdings aus einer anderen Perspektive, bot sich Katharina Weiß (17 Jahre) aus dem BG/BRG Lienz. Die Verzögerungen bei ihrer ersten - leider nicht erfolgreichen - Bewerbung hatten allerdings nichts mit Viren zu tun. Beworben hatte sich die Schülerin nämlich noch bevor irgendeine Rede vom Coronavirus war. Doch die Anfrage bei der Stadt Lienz auf eine Stelle in der Stadtbibliothek blieb sechs Monate bis zur Absage unbeantwortet. Kein Pflichtpraktikum, kein Stress. So hatte sie es sich zumindest vorgestellt, aber auch vor Covid-19 lief nicht immer alles rund.
Nach dem Lockdown wussten die meisten, auch Katharina, wenig über die neue Jobsituation bescheid. Mit großen Hoffnungen bewarb sie sich dann zwei Wochen vor Schulschluss beim „Obergasserhof“, einer Frühstückspension am Weißensee. Nach der raschen Zusage begann in der ersten Ferienwoche auch gleich ihr sechswöchiger Dienst im Service und in der Küche. Ebenso wie die zwei Pflichtpraktikantinnen meint auch Katharina, dass es von Seiten der Regierung für eben jene Schülerinnen und Schüler, bei denen es sich um ein wichtiges Praktikum handelte, an Unterstützung mangelte.
„Die große Angst vor Corona“ blieb auch an Katharinas Arbeitsplatz aus. Insgesamt sei man dort gelassen mit dem Thema umgegangen, habe sich aber trotzdem so gut wie möglich an die nötigen Maßnahmen gehalten. Abstand halten ist zurzeit fast schon selbstverständlich für die meisten. Die Betonung liegt auf ‚die meisten‘, denn wie immer und überall gibt es Einzelne, die aus der Reihe tanzen. „Irgendjemand benimmt sich immer daneben, dass ist nichts Neues und hat auch nicht unbedingt etwas mit dem Virus zu tun“, versichert die Drautalerin. Die österreichischen Urlauber haben auch am Weißensee nicht gefehlt. Sie hätten, laut Katharina, den Großteil der Gäste ausgemacht und die meisten Plätze auf der Warteliste besetzt. „Normalerweise kennt man die Hälfte der Autokennzeichen nicht. Heuer wusste man, wen man vor sich hatte“, sagt Katharina.
Jetzt ist die Zeit der Ferialjobs und Praktika vorbei und der Bildungsalltag hat die Jugendlichen wieder, soweit man angesichts steigender Coronafälle von Alltag sprechen kann. Der „lockere“ Sommer scheint bis auf weiteres dem „strengeren“ Herbst gewichen zu sein. Man wird sehen was kommt.
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