Opposition schießt sich auf Anschober ein
Harte Kritik am Entwurf für ein Corona-Gesetz. Der Minister lädt die Klubobleute zu Gesprächen.
Die NEOS sind mit dem in Begutachtung befindlichen Corona-Gesetzesentwurf nicht einverstanden. Sie fordern Anpassungen, damit nicht erneut in Grund- und Freiheitsrechte von Menschen eingegriffen werde. Heftige Kritik kam auch von SPÖ und FPÖ. Bei einem Pressegespräch fokussierte sich die Kritik der NEOS auf Gesundheitsminister Anschober. "Dieser Mann ist mit elementaren Führungsaufgaben überfordert", wetterte Gesundheitssprecher Gerald Loacker gegen den Minister und bemängelte, dass dieser durch das vorgesehene Gesetz viele Ermächtigungen erhalten würde. Er hätte etwa die Möglichkeit, den gesamten öffentlichen Raum einem Lockdown zu unterziehen, kritisierte auch NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak.
"Das wäre die massivste Ausweitung an Kompetenz für einen einzigen Minister", wunderte sich der Vize-Klubchef mit Verweis auf vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) als rechtswidrig eingestufte Verordnungen Anschobers. "Da hat sich der Minister eine Kompetenz herausgenommen, die er schlichtweg nie gehabt hat", sagte er und ortete den Versuch, dass sich der Gesundheitsminister nun dauerhaft diese Kompetenz sichern möchte. Eine solche Machtfülle sei laut Scherak "irritierend" und deshalb nicht nur politisch abzulehnen, sondern auch erneut verfassungsrechtlich bedenklich.
Die Stellungnahme der NEOS enthält einige Verbesserungsvorschläge. So brauche es neben einem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Begründungspflicht für den Minister und eine fortlaufende Evaluierung der Corona-Maßnahmen. Bei massiven Eingriffen in Grundrechte müsse außerdem das Parlament eingebunden werden, zumindest müsse ein Einvernehmen mit dem Hauptausschuss hergestellt werden, lautet die NEOS-Forderung. Ein weiterer Vorschlag betrifft ein "ministerielles Vier-Augen-Prinzip", so Scherak. Demnach soll Minister Anschober Verordnungen nicht mehr alleine erlassen können, sondern nur mehr im Vernehmen mit einem anderen Ressort – etwa mit Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), wie Scherak vorschlug.
Eine Überarbeitung des vorgelegten Gesetzesentwurfs nach Ende der Begutachtungsfrist am Freitag fordert auch der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried. "Das neue Corona-Gesetz erhält von den Verfassungsexperten vernichtende Kritik und greift auf höchst problematische Weise - etwa mit der Möglichkeit von Ausgangssperren ohne hinreichend formulierte gesetzliche Kriterien - massiv in die Grund- und Freiheitsrechte der Bevölkerung ein", teilte er am Donnerstag in einer Aussendung mit. Es gebe keine gesetzlichen Kriterien für die Ampel, es sei völlig unklar, wer eine Verordnung mit welchem Geltungsbereich erlassen könne und es gebe völlig unklare Bestimmungen beim Datenschutz und der Weitergabe von Kontaktdaten, sparte Leichtfried nicht mit Kritik an dem Entwurf.
FPÖ-Chef Norbert Hofer verlangt von Bundeskanzler Kurz die "Abberufung" von Gesundheitsminister Anschober. Mit Blick auf die kritischen Stellungnahmen zum Entwurf für die Novelle des Corona-Gesetzes sagte Hofer, Anschober sei mit seiner Aufgabe "überfordert". Er solle daher durch einen Experten ersetzt werden, so der FPÖ-Obmann.
Gesundheitsminister Anschober lädt unterdessen für kommende Woche die Klubobleute der Parlamentsparteien zu Gesprächen über das Corona-Gesetz ein, dessen Begutachtungsfrist heute Freitag endet. Anschober will dabei die in der Begutachtung vorgebrachte Kritik erörtern. "Es ist der Sinn eines Begutachtungsverfahrens, Gegenvorschläge und Kritik zu ermöglichen. Ich nehme diese - auch in den Teilbereichen, die eher parteipolitisch motiviert sind oder auf Missverständnissen aufbauen - sehr ernst", sagte Anschober am Donnerstag in einer Aussendung. "Ich weiß, dass die Balance zwischen Gesundheitsschutz und Grundrechten eine besonders sensible ist und suche klare Mehrheiten für das weitere Vorgehen", erklärte der Gesundheitsminister.
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