Während rund um den Uni-Außenstandort Lienz über dessen Zukunft diskutiert wird, wobei sich alle Beteiligten ganz klar zur Universität bekennen (wir berichteten), wird fast darauf vergessen, dass heuer fünf Pioniere mit dem akademischen Grad „Bachelor of Science“ abschließen. Vor vier Jahren sind sie als Erste in den Bachelorstudiengang Mechatronik in Lienz gestartet. Als wohl wichtigste Stakeholder der Universität Lienz wollen wir sie vor den Vorhang holen.
Schon vergangene Woche stellten wir zwei Studenten und ihre Bachelorprojekte vor. Nun sind die Abschlussarbeiten von Cyrill Vergeiner und Martin Brunner an der Reihe. Die beiden arbeiteten bei der Umsetzung ihrer Projekte eng mit heimischen Unternehmen zusammen. Das ist einer der Gründe, warum sich Martin Brunner für ein Studium in Lienz entschieden hat: „Die Ausbildung am Campus Technik Lienz ist durch die Kooperation mit innovativen Unternehmen in der Region eine sehr praxisbezogene. So ergibt sich für mich die Möglichkeit, mit Wissenschaftlern an aktuellen Forschungs- und Entwicklungsprojekten mitzuarbeiten“, so der Bachelorstudent. Auch der wissenschaftliche Leiter des Standortes in Lienz Univ.-Prof. Fadi Dohnal betont: „Ein Forschungsstandort darf kein Elfenbeinturm sein, sondern muss ein ausgeglichenes Portfolio aus Grundlagen- und industrienaher Forschung bieten können.“
Eines der mit dem Campus kooperierenden Unternehmen ist Liebherr Hausgeräte Lienz. Cyrill Vergeiner arbeitet im Rahmen seiner Bachelorarbeit mit dem größten Arbeitgeber im Bezirk zusammen und baut in seinem Projekt auf einer Doktorandenarbeit auf, die von Wolfgang Hörtnagel ebenfalls an der Universität in Lienz umgesetzt wurde. Bei dem Forschungsprojekt ging und geht es nun auch in weiterer Folge darum, Schwingungen, die aus unterschiedlichen Gründen auf das Kühlgut einwirken, zu vermeiden. Nicht gewollte Bewegungen erzeugen beispielsweise mechanische Bestandteile von Kühlgeräten – z.B. der Kompressor, der Lüfter oder aber auch die zuschlagende Türe – genauso wie externe Faktoren, wie etwa eine vorbeifahrende Straßenbahn.
Diese Schwingungen haben Auswirkungen auf den Inhalt der Kühlgeräte. Erste Studien gibt es für Rotwein. Demnach beschleunigt die Vibration den Reifungsprozess des Weines. Das soll vermieden werden. „Schwingungen kann man sich in der stärksten Ausprägung wie Schütteln vorstellen“, erklärt Fadi Dohnal. „Sie durchmischen den Inhalt der Flasche, was zu chemischen Prozessen führt.“ Ebenso problematisch ist die Thematik bei medizinischen Proben, flüssigen Arzneimitteln und Spenderorganen.
Privatpersonen müssen sich keine Gedanken machen, dass sich ihre Marillenmarmelade im Kühlschrank durch die Schwingungen verändern könnte, im Normalfall sind sie so minimal, dass sie kaum wahrnehmbar sind. „In Ausnahmefällen kann es dazu kommen, dass zwei Marmeladegläser durch Vibration aneinander reiben, was dann akustisch auffällt“, so Cyrill Vergeiner.
In seiner Abschlussarbeit entwickelt er einen Prüfstand für die Gummipuffer. Diese Elemente dämpfen die Bewegungen des Kompressors ab. Obwohl die Gummipuffer auch von den Herstellerfirmen überprüft werden, sind die Eigenschaften des Materials stark gestreut. Ein eigener Prüfstand für die Puffer ermöglicht es Liebherr, die gelieferte Ware noch einmal zu überprüfen und eventuell Optimierungen vorzunehmen.
„Meine Arbeit bietet mir die Möglichkeit, im Auftrag eines Unternehmens einen Prüfstand zu erschaffen, den es so nicht zu kaufen gibt und der bei erfolgreicher Umsetzung auch tatsächlich zum Einsatz kommen wird“, freut sich der Bachelorstudent.
Bereits im Einsatz ist ein anderer Prüfstand, der ebenfalls in Zusammenarbeit mit regionalen Unternehmen entstand. Neben der Division für Mechatronik (UMIT), der Firma testtec (Ainet) und Autoforce Vision Systems (Lienz) waren auch grenzüberschreitend die Hochschule Aalen und die Firma imc Test & Measurement GmbH (Berlin) an dem Projekt beteiligt. Ziel war es, einen Prüfstand für Kfz-Getriebeölpumpen zu entwickeln, der nicht nur den prozentualen Luftgehalt in Getriebeöl angeben kann, sondern auch deren Verteilung und Größe. Der Lienzer Student Martin Brunner zeigte sich für die Programmierung der Software verantwortlich. Er ist stolz, einen wesentlichen Beitrag zur Kooperation geleistet zu haben. Ende Juni wurde das Projekt präsentiert.
Jenen, die an einem Mechatronikstudium in Lienz interessiert sind, allerdings noch Zweifel haben, gibt Martin Brunner folgendes mit auf den Weg: „Die Welt der Mechatronik ist eine faszinierende, weil sie keine 'tote Materie' ist und hier sehr viele Entwicklungen passieren. Für mich war das der Grund, mich darauf einzulassen. Etwaige Zweifel hat jeder, das war bei mir nicht anders, nicht zuletzt, weil das Niveau im Studium sehr hoch ist. Da man von den Professoren in Lienz aber von Anfang an sehr individuell betreut wird und auch bei uns Studenten ein guter Zusammenhalt herrscht, können auch größere Hürden gut bewältigt werden. Sich einfach darauf einlassen und aktiv interessiert bleiben, ist wahrscheinlich das beste Rezept!“
2 Postings
Gratulation den Studenten zum erfolgreichen Abschluss!
Und trotzdem finde ich eine eigene Uni für gerade mal fünf Stundenten total größenwahnsinnig - ist sicher einmalig in Österreich.
Während über die Zukunft diskutiert wird, wurde fast darauf vergessen, das 3 Studenten abschließen. Das sagt doch alles über diesen Standort aus. Abschlüsse? Doch ganz etwas Normales an einem Uni-Standort. Aber in Osttirol sinds Pioniere und wird daraus eine Sensation gemacht. Für die jungen Leute freuts mich und ich gratuliere ihnen. Alles Gute für die Zukunft. Auch dem UNI-Standort. Bin mal gespannt, was aus dem gestern angelaufenen Wirtschaftskammer-Prozess wird.
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