Neulich hat mich einer auf meinen Beitrag über den Herdenschutz angesprochen und mir den Vorwurf gemacht, dass dieser wissenschaftlich wohl sehr fundiert, in der Praxis aber nicht zu gebrauchen sei. Und dann der Tipp mit der weltlichen Herrschaft, an die man sich wenden soll, wenn man sich wo nicht auskennt! Ich wisse ja nicht wer dort, wo er herkomme, die Weltherrschaft innehat. „Des hent Züestände, die willst du nicht wissen!“ Will ich auch nicht. Woher er kam, wollte er mir aber auch nicht genau sagen. Irgendwo aus dem Nordwesten. Island sei es zwar nicht, aber ein Land an der Isel. Er sei dort Schafbauer und Jäger, also doppelt der Dumme.
Ich habe ihm dann zu erklären versucht, dass meine Beiträge praktisch keinen Anspruch erheben. Wissenschaftlich auch nur bedingt. Sie sind eher symbolisch gemeint, also märchenhaft. Und wenn darin auch noch Tiere vorkommen, dann sind sie fabelhaft. Dann habe ich ihm eine Fabel erzählt: Vom Wolf in der Politik. Nicht von dem, der den Fanclub eines heimischen Bürgermeisters regelmäßig zu literarischen Kabinettstücken antreibt, sondern von dem, der sich ein paar Stockwerke höher regelmäßig im Kabinett des Bundeskanzlers herumtreibt.
Als am 17. Mai 2019 der Trailer zum Ibiza-Video öffentlich wurde, hat sich ganz Österreich dafür geschämt. Ganz Österreich? Nein! Ein Häuflein von Unbeugsamen hörte nicht auf, Widerstand zu leisten und dem Kanzler das Sein zu erschweren. Da bot ihm der Wolf seine Hilfe an, verlangte aber, dass ihm der Kanzler im Gegenzug das überlasse, was ihm im Leben das Liebste sei. Das war zu diesem Zeitpunkt der Kickl. Um ihn nicht dem Wolf ausliefern zu müssen, schickte ihn der Kanzler vorsichtshalber zum Teufel.
Als nun der Wolf den Kanzler besuchte, um seinen Lohn einzufordern, hatte dieser nur mehr die Erinnerung an seinen Liebsten zu bieten. Die hatte er vorsorglich auf einer Festplatte gespeichert. Der Wolf packte die Festplatte und zerfetzte sie mit seinen scharfen Zähnen in zehntausend Stücke, dass das Blut nur so spritzte. Naja, das Blut vielleicht nicht so, dafür aber jede Menge an Daten. Der Wolf ist für seine Blutdaten bekannt. Bei uns hat man anhand der Blutdaten sogar vier verschiedene Wölfe identifiziert. Den Problem-, den Schad- und den Reißwolf. Letzterer steht sogar im Firmenverzeichnis. Der vierte ward nicht mehr gefunden. Und das kam so:
Rotkäppchen war seit ihrem ersten Erlebnis mit dem Wolf zu verführerischer Schönheit gereift, mit strohblonden Haaren, langen Beinen und langen Fingern. Sie trug auch kein rotes Käppchen mehr, denn seit damals wusste sie genau, was kleinen Mädchen mit Kopfbedeckung passiert, die vom Wolf gegrüßt werden. Auch hatte sie ihre Requisiten nicht mehr in einem geflochtenen Körbchen verstaut, sondern auf mehrere Designerhandtaschen verteilt: eine war für den Kuchen, eine andere für den Wein und die dritte für ihre Kosmetikartikel. Auf die hätte sie ruhig verzichten können. Auf die Handtasche, nicht auf das Schminkzeug.
Rotkäppchen hatte es in ihrem Leben bis zur Tierschutzbeauftragten gebracht und deswegen hat sie der Tierschutz beauftragt, den Wolf mit einer Fangfrage zu fangen. „Herr Wolf, warum hast du so große Ohren?“ „Damit ich dich besser …“ Ok, falscher Text – dem Wolf lief schon das Wasser im Mund zusammen – gleich nochmal: „Herr Wolf, warum hast du so zarte Hände?“ „Damit ich dich besser packen … äh ???“ Verdutzt hielt sich der Wolf die behaarten Pfoten unter die Augen, drehte sie ein paarmal hin und her und, wo sie recht hat, da hat sie recht: „Damit ich besser backen kann!“ Es war der Wolf aus der Bergstraße, musst du wissen. „Ist dir das auch aufgefallen?“ gab er geschmeichelt zurück und bemerkte in seiner Eitelkeit nicht, wie Rotkäppchen sich anschickte, zum tödlichen Schlag auszuholen.
„Herr Wolf, warum stellst du so zahnlose Fragen?“ Mit zahnlosen Fragen kannte sich Rotkäppchen aus, war sie doch mit einem Zahntechniker liiert. Na, mehr brauchst du nicht mehr. Der Wolf war jetzt so vergrämt, der hat gar nicht mehr auf den Jäger gewartet. Er hat sich an Ort und Stelle gleich selber die Kugel gegeben.
Rudolf Ingruber ist Kunsthistoriker, Leiter der Lienzer Kunstwerkstatt und Autor. Während des Lockdowns hielt uns sein Corona-Tagebuch bei Laune, doch mittlerweile kritzelt Rudi seine Notizen einfach an den Rand der Ereignisse, also dorthin, wo die offizielle Berichterstattung ein Ende hat. Wir präsentieren in unregelmäßigen Abständen „Rudis Randnotiz“. Das Motto dieser neuen Serie: „Was Sie auf Schloss Bruck nicht zu sehen und im Stadtbuch Lienz nicht zu lesen bekommen!“ Viel Spaß!
4 Postings
Keine typische Fabel, jedoch die Ironie in der Geschichte gefällt mir!
Anregung Herr Ingruber, auf einen II Teil und eine Forterzählung, wie´s mit dem Kanzler, den Häuflein Unbeugsamen, Kickl und dem Teufel weitergeht. Vielleicht sollte auch ein zweiter böser Wolf, namens HC plötzlich auftauchen? Ein Jäger, welcher nicht schießen darf...
Danke für die Anregung, werd's probieren.
Wildtiere werden leider allzu oft verwechselt, ob im Schafspelz oder im grellen Sportoutfit. Mit Großmüttern, Mountainbikern, Liebespaaren etc. So auch hier. Der Wolf aus der Bergstraße ist eigentlich ein Bär, noch dazu einer aus Erdäpfeln. Egal, entnommen gehören beide, der eine aus der Umgebung, der andere aus dem Sackerl.
Köstlicher Wortwitz! Und - egal auf welcher Seite man steht - 'unterhaltle' allemal!
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