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HELLA schloss die Firmentore nur für zwei Wochen und beendete auch die Kurzarbeit vorzeitig. Fotos: Dolomitenstadt/Wagner

HELLA schloss die Firmentore nur für zwei Wochen und beendete auch die Kurzarbeit vorzeitig. Fotos: Dolomitenstadt/Wagner

„Wir könnten hundert neue Mitarbeiter einstellen“

HELLA erlebt trotz Corona einen Boom. Firmenchef Andreas Kraler spricht über Chancen und Risiken.

Dolomitenstadt.at berichtet seit Februar umfassend über die Auswirkungen der Corona-Pandemie in der Region. Alle Lebensbereiche sind betroffen, von Kultur bis Schule, von Freizeit und Sport bis zur Gesundheitsversorgung und Altenpflege. Im Zentrum der politischen und medialen Diskussion stehen aber immer wieder die wirtschaftlichen Folgen der Krise, mit allen damit verbundenen Auswirkungen auf unser aller Leben. Wir nutzen deshalb den Sommer, um mit den größten privaten Arbeitgebern im Bezirk zu sprechen, den Firmenchefs jener Betriebe, die das wirtschaftliche Rückgrat Osttirols bilden. Den Auftakt macht Andreas Kraler, Geschäftsführer des Sonnenschutz-Konzerns HELLA mit Sitz in Abfaltersbach.
Andreas Kraler im Gespräch mit Dolomitenstadt-Chefredakteur Gerhard Pirkner. Der HELLA-Firmenchef blickt mit Optimismus in die Zukunft. Alle Werke des Osttiroler Paradebetriebs produzieren trotz Corona auf Hochtouren.

Am 17. März hat HELLA im Zeichen der Corona-Pandemie die Werkstore geschlossen. Die Belegschaft nahm 14 Tage Urlaub. Andere Osttiroler Industriebetriebe hatten nicht geschlossen, deshalb gab es auch Diskussionen. Wie ging es dann bei euch weiter? Wir hatten mit dieser Maßnahme zum einen die Gesundheit der Mitarbeiter und zum anderen die Wirtschaftlichkeit im Auge. Beide Dinge hängen voneinander ab. In der Folge haben wir damals Kurzarbeit angemeldet, ursprünglich für einen längeren Zeitraum. Doch nach einem Monat haben wir die Kurzarbeit wieder beendet und sind im ganzen Unternehmen wieder auf Vollbetrieb hochgefahren. HELLA ist der einzige in Osttirol beheimatete Betrieb, der auch über größere Niederlassungen im Ausland verfügt. Ihr produziert in sechs Werken, neben Abfaltersbach sind das Fabriken in Deutschland, Tschechien und Polen. In Kroatien, Ungarn, der Slowakei, der Schweiz und in Italien habt ihr Niederlassungen. War das in Corona-Zeiten nicht ein irres Tohuwabohu? Wie steuert man in Zeiten wie diesen einen internationalen Produktionsbetrieb? Wir waren sehr gut vorbereitet, haben uns im Management täglich abgestimmt und die Situation laufend neu beurteilt. Wir bedienen Märkte weltweit und das nicht nur von Abfaltersbach sondern von jedem Produktionsstandort aus. Also mussten wir immer den Gesamtmarkt im Auge behalten, vor allem auch die Lage in Deutschland. Als Österreich schon im Lockdown war, hat man ja in Deutschland noch kaum was gespürt. Unsere Werke in Werne und Duisburg, aber auch in Tschechien und in Polen sind ganz normal weitergelaufen. Dort gab es andere Regelungen. Wir haben jedes Land und jeden Standort täglich neu beurteilt. Kommen wir zum Blick nach vorn. Wenn man den Fernseher aufdreht hat man das Gefühl, die Wirtschaft ist über weite Strecken stark eingebrochen. Spricht man dann mit Unternehmen vor Ort, klingt zumindest bei manchen verhaltener Optimismus durch. Wie ist das bei euch? Läuft alles wieder wie vor Corona? Ja, alles ist wie vor Corona. Wir haben Vollauslastung in den Produktionsbetrieben, haben eine sehr gute Nachfrage in allen Märkten, nur in Italien etwas verzögert, dort sind wir noch am Aufholen. Es gibt eine starke Nachfrage nach allen Produkten. Offenbar gibt es gerade jetzt das Bedürfnis, in eine private Wohlfühlzone zu investieren, in das qualitätvolle Eigenheim. Und das spielt uns in unserem Premiumsegment in die Hände. Betrifft dieser Boom die gesamte Branche. Wie ist denn die Konkurrenzsituation in eurem Marktsegment? Und welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung? Bekommt ihr auch Konkurrenz aus dem Internet, Stichwort Onlinehandel? An sich hat die Branche einen Rückenwind – aus den genannten Gründen. Energieffizientes Bauen ist vor dem Hintergrund des Klimawandels einfach ein Thema. Andererseits ist der Trend zur Digitalisierung ungebrochen, auf allen Ebenen. Wir sehen natürlich, dass es viele Online-Vertriebsplattformen für Sonnenschutz gibt und versuchen auch, unsere Vertriebswege zu digitalisieren, das heißt aber nicht, dass wir den Service beim Kunden und die Beratung vernachlässigen. Das bleibt ein wichtiges Standbein. Die Anbahnung und die Kommunikation werden digital, aber die Dienstleistung bleibt analog. Die Digitalisierung der Produkte selbst ist auch ein Megathema. Stichwort Smart Home. In diesem Teich schwimmen Riesenfische wie Google und Apple. Setzt ihr da auf eigene Entwicklungen oder gibt es auch Schnittstellen zu den Plattformen der großen Spieler? Wir setzen auf beides. Wir haben unsere eigene smarte Lösung für den Sonnenschutz, aber strategisch entwickeln wir die Produkte immer so, dass ihre Steuerung auch plattformübergreifend erfolgen kann. Wir können mit unserem System an alle herkömmlichen Systeme der großen Player andocken. Es gibt die übergeordnete Plattform IFTTT, abgekürzt bedeutet das „if this than that.“ Über diese Schnittstelle kann man individuelle Anforderungen des Kunden plattformübergreifend gestalten. Diese Leute haben den Markt revolutioniert, weil sie es geschafft haben, einen übergeordneten Standard zu definieren. Wir haben eine eigene Abteilung in Abfaltersbach, die nur an solchen Lösungen arbeitet. Der Sonnenschutz ist zentral für die Energiesteuerung in einem Gebäude und für den Komfort der Nutzer. Da spielen wir ganz vorne mit, wie man auch an einer kürzlich verlautbarten Kooperation mit A1 sieht.
Am Standort Abfaltersbach beschäftigt HELLA derzeit mehr als 500 Mitarbeiter. Der Betrieb sucht laufend Fachkräfte.
Zurück nach Osttirol. Wie beurteilst du den Standort, wenn man ihn nicht durch die patriotische oder familiäre Brille sieht? Es ist ja klar, dass ihr hier wurzelt und deshalb auch das Herz am Standort hängt. Doch was sind objektiv die Stärken und die Schwächen? Das muss man in Phasen sehen. Osttirol hat natürlich historisch eine sehr große Bedeutung für uns. Der Standort hatte über Jahre den Riesenvorteil, dass wir hier viele sehr gut ausgebildete Mitarbeiter gefunden haben. Auf dem Weg vom Kleinbetrieb zum Industrieunternehmen war das ein Riesenvorteil. Nun hat Osttirol an Attraktivität als Standort in den letzten Jahren zugelegt, es sind viele Initiativen gestartet worden, um Betriebe anzusiedeln. Das hat die Folgewirkung, dass sich die gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf mehrere Unternehmen verteilen und gute Leute für unsere Ansprüche in Produktion, Verwaltung, Konstruktion und Entwicklung fehlen. Und das trotz aller Initiativen in Richtung Fachkräfte-Ausbildung. Wir reagieren auch intern, bilden selbst Fachkräfte aus, in eigenen Lehrberufen wie Sonnenschutztechnik. Auch Umschulungen bieten wir an. Wird Osttirol arbeitsmarktpolitisch zum Opfer seines eigenen Erfolges? Es wird immer über Betriebsansiedlungen gesprochen. Immer heißt das Credo „wir brauchen Arbeitsplätze“. Aber nun suchen die Industriebetriebe händeringend gut ausgebildete Leute, die es vor Ort offenbar nicht mehr ausreichend gibt. Ist es ein Problem, Leute von auswärts nach Osttirol zu bekommen? Versucht ihr das? Wir versuchen immer wieder Mitarbeiter von auswärts in Osttirol anzusiedeln. Die Attraktivität von Städten ist hier immer noch höher als die des ländlichen Raumes. Dazu kommen Sprachbarrieren. Wir beschäftigen Menschen mit vielen unterschiedlichen Nationalitäten in unserem Werk in Abfaltersbach und fragen diese Leute auch, ob sie andere kennen, die Interesse hätten, in Osttirol zu arbeiten. Ein Betrieb eurer Größenordnung kann seine Tätigkeit ausschließlich mit Belegschaft aus der Region nicht durchführen? Nein. Wenn wir jeden Osttiroler, der einem unserer Jobprofile entspricht, tatsächlich für uns gewinnen könnten, dann ja. Aber es gibt ja andere Unternehmen auch noch. In der derzeitigen Situation ist das nicht machbar. Wir brauchen Arbeitskräfte von außerhalb und müssen deshalb über die Rahmenbedingungen nachdenken, die wir ihnen bieten. Es geht ja meist nicht nur um eine Person allein. Bei solchen Überlegungen muss man eine ganze Familie mitdenken, um die persönliche Zufriedenheit für einen Mitarbeiter auch wirklich zu bieten. Wenn jemand nur alle paar Wochen seine Familie sieht, ist das bestenfalls eine kurzfristige Lösung. Langfristig funktioniert das nie. Wenn Optimalbedingungen auf dem Arbeitsmarkt herrschen würden, wieviele Mitarbeiter könntet ihr aktuell zusätzlich brauchen? Aus strategischer Perspektive könnten wir am Standort Abfaltersbach in der aktuellen Situation und vor dem Hintergrund unserer Pläne bis zu hundert zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Das geht durch alle Bereiche, von der Pulverbeschichtung über die Konstruktion, die Verpackung und Endkontrolle – wir suchen in allen möglichen Bereichen Fachkräfte. Wie definierst du Fachkraft? Jemand der eine zugeteilte Aufgabe nach unserem Standard und unserem Qualitätsverständnis zu hundert Prozent erledigt, das ist für mich ein Facharbeiter. Da stellt sich dann natürlich auch die Frage der Qualifikation. Denkt man an die Austria Card, dann brauchen Zuwanderer eine „Schlüsselqualifikation“. Nur für uns bedeutet das was anderes, nämlich dass er oder sie einfach eine gestellte Aufgabe perfekt erfüllt. Da ist die Begrifflichkeit zu klären. Experten können doch nicht nur Leute mit Hochschulabschluss sein. Da spielt die Herkunft und die Ausbildung für mich nicht die große Rolle. Wenn jemand gewillt ist, seine Aufgabe zu erfüllen und unseren Qualitätsstandards zu entsprechen, dann sind wir mit diesem Mitarbeiter oder dieser Mitarbeiterin super zufrieden. Wir wollen deshalb jedem eine Chance geben, der bei uns beginnt und bieten die Möglichkeit, Karrieren zu entwickeln. Viele Führungskräfte bei HELLA sind Eigenbau. Die Herausforderung für die Zukunft ist also, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden um die Chancen, die der Markt bietet, auch zu nutzen? Ja. Definitiv. Vielen Dank für das Gespräch.
HELLA ist Komplettanbieter für Beschattungssysteme wie Jalousien, Rollläden und Markisen, aber auch Insektenschutz, Pergolen und Terrassenüberdachungen. 1.350 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen insgesamt in Europa, mehr als 500 davon am Gründungsstandort Abfaltersbach. Die HELLA-Gruppe ist als Holding organisiert und umfasst mittlerweile 34 eigene Standorte und sechs Produktionswerke. Den Umsatz gibt das Unternehmen mit 181 Millionen Euro an.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

3 Postings

Pflanzerl
vor 4 Jahren

Neue Mitarbeiter? Das wäre zu begrüßen, dann bekäme man vielleicht auch eine Antwort auf eine Angebotsanfrage ...

 
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    HELLA Werbung
    vor 4 Jahren

    Hallo lieber Pflanzerl,

    vielen Dank, dass du dich für ein Qualitätsprodukt aus dem Hause HELLA interessierst. Unsere Kollegen im Außendienst sind jeden Tag mit Feuereifer für unsere Kunden im Einsatz. Schade, dass wir deine Erwartung an unsere Reaktionszeit nicht erfüllen konnten. Bitte lass uns deine Kontaktdaten per Mail unter marketing@hella.info zukommen. Wir garantieren dir einen persönlichen Beratungstermin bei uns im Schauraum oder bei dir zu Hause binnen drei Werktagen.

    Herzliche Grüße aus Abfaltersbach Dein TEAM HELLA

     
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      Chronos
      vor 4 Jahren

      Tut mir leid, HELLA Werbung, habe das Posting zuerst als Ironie aufgefasst. Die werbewirksame Antwort könnte (zumindest bei mir) kontraproduktiv und einen negativen Effekt auslösen…

       
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