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Bei der Preisverleihung von links: RLB-Vorstandsvorsitzender Johannes Ortner, Alexandra Kontriner, Gregor Sailer und Silvia Höller, Leiterin RLB Kunstbrücke. Foto: Irene Ascher
RLB-Kunstpreis 2020 geht an den Wahlberliner Oliver Laric
Förderpreise für Gregor Sailer und Alexandra Kontriner. Corona-Bonus für alle Finalisten.
Bereits zum neunten Mal vergab die Raiffeisen-Landesbank Tirol AG den hochdotierten RLB Kunstpreis für bildende Kunst an Tiroler Kunstschaffende. Ausgezeichnet wurden neben bekannten Namen wie Oliver Laric (Hauptpreisträger) und Gregor Sailer (Förderpreis) ebenso die aus Osttirol stammende Künstlerin Alexandra Kontriner (Förderpreis).
Mit den Worten „Die Kunst gerade in Coronazeiten am Leben erhalten“ eröffnete der Vorstandsvorsitzende der RLB Tirol Johannes Ortner am 16. Juni in Innsbruck die Preisverleihung auf der alten Kunstbrücke in der Adamgasse. Unter den 66 Einreichungen wurden insgesamt 12 Positionen junger Tiroler Künstler und Künstlerinnen von einer namhaften Jury ausgewählt, die sich neben Silvia Höller (Leiterin RLB Kunstbrücke), Verena Konrad und Günther Oberhollenzer ebenso aus Tanja Skorepa (Leiterin STRABAG Kunstforum in Wien) und Florian Waldvogel (Kustos Moderne Sammlung Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck) zusammensetzte.
Erstmalig und als symbolische Geste in Zeiten Corona-bedingter Kultur auf Sparflamme wurden diesjährig neben den ursprünglichen Preisgeldern Förderbeiträge von jeweils 1.000 Euro für alle weiteren 9 Ausstellungsteilnehmer*innen ausgeschüttet. Antragsberechtigt waren Kunstschaffende bis 40 Jahre mit Tiroler Lebensmittelpunkt oder Geburtsort.
Erfolgsrezept: „Betweeness“
Der Hauptpreis von 10.000 Euro sowie die Einladung für eine Einzelausstellung im Tiroler Landesmuseum wurde an den bereits 2012 mit dem Förderpreis gewürdigten Künstler Oliver Laric (*1981) verliehen, der sich per Videobotschaft aus einem Working-Space in Berlin für die Auszeichnung bedankte und durch seine Abwesenheit alleinig dem Werk die Bühne überließ. Larics aufwendige 3D-Modellierungen musealer Skulpturen und Kunstobjekte spielen in ironischer Art und Weise mit Autorenschaft und Authentizität und hinterfragen den Umgang mit Original und Kopie.
Vor diesem Hintergrund stellt Laric 3D-Scans zahlreicher musealer Exponate zum freien Download unter threedscans.com zur Verfügung und möchte damit eine Haltung gegenüber der Rezeption von künstlerischen Werken provozieren, die sich von materiellen Besitzansprüchen emanzipiert.
Seine Medienarbeiten „Betweeness“ (2018) und „Untitled“ (2014-2018) sind nicht nur visuell spannend, sie adressieren auch ein Thema, das uns die aktuelle Zeitqualität merklich spüren lässt: Nichts bleibt in seiner ursprünglichen Form. Die Kontinuität der Veränderung ist die alleinige Konstante. Allerhand Getier sowie Comichelden und Disneyfiguren befinden sich in seinen 4K-Videos in ständiger Metamorphose. Linien und Formen überlagern sich, werden fluide, ikonografische Leerstellen verweisen auf Brüche. Aus einem Teekrug-ähnelndem Gebilde erwächst allmählich ein Pfau, der Frosch wird zur Kommode, der Eisbär zum Eskimo. Tier wird zu Mensch, Mensch zu Tier. Das Harmlose entpuppt sich zusehends als Gefahr, das Furchteinflößende verwandelt sich sekundenschnell in das Schöne und vice versa. Laric erschwert in seinen Arbeiten einfache Zuordnungen und die Orientierung an Vertrautem. Die ungewohnten Perspektiven eröffnen neue Welten und Assoziationsräume, die eines klarstellen: Nichts ist auf den ersten Blick so wie es scheint.
Surreale „Nicht-Orte“ und pflanzliche Lebenskünstler
Die mit jeweils 4.000 Euro dotierten Förderpreise gingen an den Schwazer Fotokünstler Gregor Sailer (*1980) und die in Wien lebende Osttirolerin Alexandra Kontriner (*1980). Nüchtern und gleichzeitig kompositorisch wie grafisch ästhetisiert porträtiert Gregor Sailer in seiner Serie „The Polar Silk Road“ (2019) politisch bespielte Nicht-Orte in der Arktis.
Die reduzierten Großformataufnahmen von Bohranlagen, Forschungsstationen und Militärbasen auf Grönland entführen die Betrachter in eine unwirtliche wie gleichsam unwirkliche Welt, die für die Allgemeinheit wohl immer verschlossen bleiben wird. In aufwendiger Recherchearbeit und unter strengen Auflagen verschaffte sich Sailer Zugang zu diesen verborgenen Funktionsorten der Macht – stets auf der Suche nach den Spuren menschlicher Zivilisation, die uns zu architektonisch durchaus ansprechenden Gebilden und Gebäuden führen.
Sailer, der sich vor allem mit seiner vielfach ausgezeichneten Serie „The Potemkin Village“ einen Namen machte, vermittelt in seinen Arbeiten vor allem aber auch eine geopolitische Botschaft: Fotografisch sondiert er jene Gegenden, die unter ökologischen wie ökonomischen Gesichtspunkten vom Kapitalismus getriebenes Begehren auslösten. Unlängst hatte US-Präsident Donald Trump ein Auge auf das ressourcenreiche Grönland geworfen und schmiedete in kolonialistischer Manier absurde Kaufpläne.
Alexandra Kontriner befasst sich in ihren Serien „Herbarium“ (work in progress) und „Pioniere“ (2019) mit Fundstücken aus der Natur, die sie aufwendig mit wissenschaftlich-akribischem Anspruch und sinnlicher Handschrift nachzeichnet. Bestrebt die Natur fassbar und in Ordnung zu halten, schärft die Künstlerin den Blick für vermeintlich Unscheinbares. Von der Umgebung entkoppelt und isoliert bringt sie einzelne Objekte der heimischen Flora und Fauna auf weißem Hintergrund zur Darstellung und flüstert ihnen damit besondere Bedeutung ein.
Großformatig und doch zurückhaltend-fragil begegnet den Betrachtern das schmalblättrige Weidenröschen, das sich, wie die Künstlerin bei einem Rundgang erklärt, als „Trümmerpflanze“ entpuppt. Trotz ihres zarten Erscheinungsbildes trotzt sie hartnäckig und fast unkaputtbar Fels und Schutt und ist so auch auf den vegetationsfreien Gehwegen in der Wiener Innenstadt vorzufinden: wohl ein Prototyp des Pioniers in Kontriners Serie. Alexandra Kontriner ist keine Unbekannte in der heimischen Kunstszene. Bereits in der Winterausgabe 2016 des Dolomitenstadt-Magazins wurde ihr ein Porträt gewidmet. Ihre Aquarellzeichnung „Wespe“ kann im Dolomitenstadt-Kunstshop käuflich erworben werden.
Mit Ilona Rainer-Pranter (*1986) und Benjamin Zanon (*1981) haben es neben Kontriner noch zwei weitere aus Osttirol stammende Künstler*innen in die Ausstellung geschafft, die durchaus einen Besuch wert ist und vom 17. Juni bis einschließlich 3. Juli in der RLB Kunstbrücke in Innsbruck zum Flanieren wie Verweilen einlädt.
Zu sehen sind Arbeiten von:
Markus Bacher, Veronika Beringer, Marie Blum, Maria Köfler, Alexandra Kontriner, Vanja Krajnc, Oliver Laric, Ilona Rainer-Pranter, Gregor Sailer, Patrick Roman Scherer, Martin Schlögl, Benjamin Zanon.
Öffnungszeiten und Adresse:
Mo – Do: 8.00 – 16.00 Uhr
Fr 8.00 – 15.00 Uhr
RLB Kunstbrücke Adamgasse 1–7
Innsbruck
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