„Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Dieser Satz könnte der letzte einer Geschichte sein, doch hier steht er – wieder einmal – am Anfang. Wieder einmal, weil er das inzwischen schon einige Male tat. „Oma und ich beten einfach weiter“, sagt Ashi aus Pakistan mit einem Lächeln und „Oma“ Anni Bachlechner nickt zustimmend, auch wenn Opa Günther skeptisch seine Augenbrauen hochzieht und auch Harald ihn kritisch anblickt. „Darüber reden wir noch“, sagt er zu Ashi – ebenfalls mit einem Lachen – wohl wissend, dass der Leitsatz seiner Frau Andrea lautet: „der Glaube versetzt Berge“!
Wir sitzen bei Familie Bachlechner im Garten ihres Hauses in Gaimberg, achten auf den nötigen Sicherheitsabstand zwischen uns und sprechen dennoch nicht über Covid 19. Um Politik geht es trotzdem – und zwar um jene, die im letzten Jahr noch genauso diskutiert wurde wie jetzt diejenige rund um die Corona-Pandemie: die Asylpolitik Österreichs und ihre Auswirkungen auf das Schicksal einzelner Menschen, die keineswegs nur die Asylantragsteller selbst sind. Ashi Hussain, seine Pateneltern Anni und Günther Bachlechner, sowie Andrea und Harald Miglar, die Besitzer der Tischlerei Tschapeller in Dölsach, bei der Ashi nun im zweiten Lehrjahr steht, sind ein perfektes Beispiel dafür. Hinter ihnen liegen fünf Jahre, die sie immer wieder an der österreichischen Politik zweifeln und verzweifeln ließen.
Fünf Jahre, in denen ein Richter in Linz Ashi Hussain bestätigte, dass „mehr an Integration nicht geht“ , in denen er als Übersetzer für die Polizei und das Krankenhaus tätig war und von dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gesagt bekam, dass sie solche Übersetzer wie ihn dringend brauchen könnten, in denen er zu einem beliebten und begabten Lehrling bei der Tischlerei Tschapeller in Dölsach wurde und in denen sich nicht nur die Familien Bachlechner und Miglar-Tschapeller mit ihrem Rechtsanwalt Max Kapferer in Innsbruck über alle Maßen für ihn einsetzten, sondern auch jede Menge Politiker, einschließlich Alexander van der Bellen, und öffentliche Personen wie Bischof Hermann Glettler.
Dann aber auch fünf Jahre, in denen unzählige Behördenläufe Unmengen an Zeit, Geld und Nerven kosteten, unzählige Seiten an Unterlagen und Dokumenten über ihn angefertigt und Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten über seinen Aufenthaltsbescheid immer wieder weitergereicht wurden. Zwei Asylanträge wurden abgelehnt, zweimal wurden diese Urteile auch wieder aufgehoben und obwohl im Dezember 2019 ein Nationalratsbeschluss lautete, dass Lehrlinge bis zum Ende ihrer Lehrzeit in Österreich bleiben dürfen, gibt es einen Abschiebebescheid für Ashi Hussain!
„Was uns am meisten belastet, ist einfach dieses Gefühl der Willkür, welcher Ashi mit seiner Patenfamilie und uns als Freunde und Dienstgeber ausgesetzt war und ist. Man kann sich nicht vorstellen, was dieser junge Mann bereits durchmachen musste, um sein Leben zu schützen und einen Ort zu finden, an dem er sich sicher fühlen darf. Und natürlich stellt sich uns allen dabei die Frage, was diese Willkür unserer Volksvertreter für unser aller Zukunft bedeutet? Nicht nur in Bezug auf asylwerbende Menschen ist dieses Verhalten besorgniserregend!„, sagt dazu Andrea Miglar-Tschapeller.
Nun allerdings liegt Ashis Akte beim Höchstgericht und dort wird diese Geschichte nun ein – hoffentlich doch noch gutes – Ende finden. Anlass zur Hoffnung gibt es jedenfalls. Ende Februar kam es nämlich in einem anderen, sehr ähnlichen Fall – auch wenn das Wort „Fall“ hier immer wieder falsch klingt, weil es um einen Menschen geht – zu einer überraschenden und auch erfreulichen Wende. Der Verwaltungsgerichtshof in Wien erkannte die Abschiebung des in Lustenau als Lehrling beschäftigten pakistanischen Asylwerbers Qamar Abbas als rechtswidrig an, da die Abschiebung unverhältnismäßig gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof wies dabei auch – sozusagen nebenbei – auf grobe Mängel im Asylverfahren hin. Der Keim der Hoffnung, der nun wieder da ist, liegt in dem Wort „unverhältnismäßig“. Es spricht einfach alles dafür, dass auch eine Ablehnung des Bleiberechts für Ashi Hussain unverhältnismäßig wäre. Ashi spricht nicht nur Osttiroler Dialekt, sondern auch ausgezeichnet Deutsch – nachgewiesenermaßen auf B2-, das heißt Maturaniveau. Er ist bereits im zweiten Lehrjahr als Tischler und hatte im letzten Zeugnis einen Notendurchschnitt von 2,1. Seine Arbeitskollegen, seine Nachbarn und seine vielen Freunde schätzen ihn und seine Osttiroler Familie, die Bachlechners, bei denen er wohnt und die Miglars bei denen er arbeitet, lieben ihn. Das müssen sie mir im Interview nicht sagen, das spürt man auch so, wenn sie von ihrem gemeinsamen Leben erzählen.
7 Postings
Irgendeinmal sollte jeder nach Hause gehen.
zuhause ist dort, wo man sich zuhause fühlt...
Wer Ashi kennt, kann ihn eigentluch nur gern haben - für mich gehört er zu Osttirol wie jeder "Iseltaler", jeder "Oberländer" und jeder "Stadtner"! Ich bin froh, dass du so tolle Freunde hast, die dich unterstützen und an dich glauben. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass diesmal alles gut für dich und auch für uns ausgeht! Bin auf jeden auf deiner Seite!!
Lg aus dem Bründlangerweg
jeder det ashi persönlich kennt weiß:
ES GIBT WIRKLICH KEIN BESSERES BEISPIEL FÜR INTEGRATION
wahnsinns junge, alles gute
so isses!! ... danke für den coolen kommentar ;-)
Liebe Bachlechners, Miglars, Ebners.... und alle, die sich um Menschen wie Ashi kümmern... ich bin dankbar, dass es euch gibt als Beispiele der Menschenfreundlichkeit in unserem Land! Möge das Leben und die Liebe siegen!
Liebe Silvia, liebes Dolomitenstadt-Team! Ich danke Euch von Herzen für diesen liebevoll geschriebenen Artikel! Es tut gut, von Menschlichkeit und Hoffnung zu lesen, besonders in Zeiten wie diesen!
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