Ein Junge aus dem Grafenanger und sein Traum vom Rappen
Serhat Satilis aka „SESA“ fasste mit elf Jahren einen Entschluss, der ihn nicht mehr losließ.
„Als ich mit elf Jahren 50 Cent zum ersten Mal in einem Musikvideo gesehen habe, da wusste ich sofort: Ich will so sein wie er“ – der Lienzer Serhat Satilis spricht von einem entscheidenden Punkt in seinem Leben. Dem Punkt, an dem er beschlossen hat, Rapper zu werden.
Serhats Eltern stammen aus Diyarbakir, einer Stadt im Osten der Türkei. Er selbst kam in Lienz zur Welt und wuchs im Grafenanger auf. Der mittlerweile 21-Jährige und ich besuchten teilweise zur selben Zeit das Lienzer Gymnasium, jedoch in unterschiedlichen Jahrgängen. Für dieses Interview haben wir uns daher im Garten unserer gemeinsamen, alten Wirkungsstätte getroffen.
Ich erinnere mich noch gut an den kleinen Jungen, der in weiten HipHop-Klamotten durch die Schulgänge geschlendert ist. Damals nannten wir ihn alle Sero, dieser Spitzname begleitet ihn noch heute. Sero zog damals mit seinem Kleidungsstil und seinem Musikgeschmack das Aufsehen vieler Leute auf sich. Öfters als das bei anderen Kindern der Fall war, musste er abfällige Kommentare über sich ergehen lassen. Dennoch blieb er seiner Linie treu: „Klar fragten sich manche Leute, was mit dem kleinen Jungen los ist. Ich habe damals aber gemerkt, dass die Musik mich therapiert, es tat einfach gut. Ich wusste genau, dass ich das will.“
Sein engster Freundes- und Familienkreis habe ihn gepusht und gestärkt. Also arbeitete Serhat an seinen Reimen, er schrieb und rappte seine Zeilen zum passenden Beat. Nach vier Jahren am Gymnasium wechselte er in die Handelsschule (HAS). Nach seinem Abschluss zog es Serhat 2018 nach Graz, wo er seinen Zivildienst abgeleistet hat. „Für mich war immer klar, dass ich in eine größere Stadt muss. Wien schied für mich deshalb aus, weil da zu viel abgeht und ich meinen Fokus dort verloren hätte“, so der junge Musiker.
Er hat gehofft, in Graz endlich das richtige Umfeld für die Erfüllung seines Traumes zu finden – und er wurde nicht enttäuscht. „Während des Zivildienstes hat ein Freund den Kontakt zu einem Produzenten namens Tim in Graz hergestellt“, erzählt Serhat. Die beiden einigten sich relativ rasch auf eine Zusammenarbeit: „Normalerweise kommen die Künstler mit dem fertigen Text zu ihm und er baut den passenden Beat dazu. Bei uns ist es aber so, dass wir alles gemeinsam im Studio machen.“
Dabei laute die goldene Regel: Schluss ist erst, wenn der Song fertig ist. So eine Studiosession könne daher auch einmal 16 oder 17 Stunden in Anspruch nehmen. Zu dieser Zeit entstand auch sein heutiger Künstlername SESA. „Einerseits sind das die Anfangsbuchstaben meines Vor- und Nachnamens und andererseits wird SESA im Englischen wie Kaiser ausgesprochen“, so Serhat. Übrigens lautete auch der frühere Künstlername seines Idols 50 Cent „Young Caesar“.
Neben der Musik arbeitete Serhat in Graz als Kellner in einem Vapiano-Restaurant. Aufgrund der Coronakrise musste die Kette aber Konkurs anmelden und Serhat sucht nun nach einem neuen Nebenjob. Noch kann er nicht von der Musik alleine leben. Er arbeite aber mit ganzer Kraft daran, das zu ändern: „Musik ist Kunst und Kunst ist – wie man momentan sieht – nicht die sicherste Branche. Aber ich habe mich in der Musik verloren, daher bleibt mein Plan derselbe.“
Die Coronakrise habe er daher genutzt, um seine Karriere voranzutreiben. Anfang Mai veröffentlichte SESA mit einer Sammlung von fünf Songs seine erste EP.
„Es ist eigentlich eine Demoversion. Die Tracks sind schon letztes Jahr entstanden und ich habe sie auf meiner ersten Liveshow auf der Murinsel gerappt und danach wollten so viele Leute die Songs hören. Während Corona hockten nun die Menschen daheim und ich dachte mir, dass da ein bisschen Musik nicht schaden kann. Daher auch der Albumtitel ‚Durch dein Fenster rein‘“, erzählt der Rapper aus dem Grafenanger. Die fünf Songs fanden auch im Netz Anklang, SESA gibt es mittlerweile auch bei Spotify und Apple-Music zu hören.
Die Resonanz habe ihn überwältigt und auch mir selbst kamen plötzlich unzählige Instagram-Postings mit dem Ziegelstein-Cover von SESA unter. Serhat ließ nicht viel Zeit verstreichen und legte direkt nach: „Als nächsten Schritt habe ich wenige Tage danach auch mein erstes Musikvideo veröffentlicht. Das bedeutet mir sehr viel.“
Für ihn sei der Song „Ghost Town“ die erste Single, an dem sich seine bisherige Entwicklung richtig erkennen lasse. „Tim und ich probieren noch viel aus, wir suchen gerade den richtigen Stil für uns und unsere Richtung. Es läuft immer besser“, freut sich der 21-Jährige. Für „Ghost Town“ war eine fünfzehnstündige Studiosession nötig. Der Song soll SESAs Gedanken und die verschiedenen Atmosphären in seinem Kopf widerspiegeln.
„Ghost Town ist für mich der Startschuss, um auf dem passenden Qualitätslevel abzuliefern. Ich arbeite bereits an der nächsten Single mit Video. Für das kommende Jahr lautet mein großes Ziel, mein Debütalbum zu veröffentlichen“, so Serhat. Er will auch mehr Konzerte spielen. Vor allem in seiner Heimatstadt Lienz würde er gerne einmal auftreten.
In der Wiese vor dem Gymnasium versichert er mir noch, dass er weiterhin alles geben werde, um als Rapper den Durchbruch zu schaffen. Anschließend gibt mir Serhat ein High-Five und schlendert wie schon vor zehn Jahren in seinen weiten Klamotten durch den Grafenanger.
4 Postings
Lieber Serhat! Habe gerade den Artikel über dich gelesen und dein neuestes Werk Ghost Town gehört! Finde toll, was du jetzt machst und wünsche dir viel Erfolg! rh aus dem Gym
Big ups! Top Arbeit für den ersten Track!
Sehr cool :-) Good luck!
geiler beat & super brick-logo . all the best . peter
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