(Was bisher geschah!) – Der Paul Albert Leitner, Fotograf und Fotomodell in einer Person, ist nicht zuletzt deshalb so einsam, weil er Handys strikt ablehnt. Neulich hat er sich die Corona App auf das Festnetz heruntergeladen, und jetzt findet ihn nur noch die Post. Vielleicht ist es besser so.
So, das Kärntner Tor ist passiert, und ich kann endlich wieder frei atmen. Ich liebe mein Bergtirol, aber die Infrastruktur dort nimmt einem doch manchmal die Luft. In Kärnten dagegen: ein Luftkurort nach dem anderen. Und garantiert virenfrei! Gut, Kärnten war auch schon tschetschenenfrei. Dann aber gab es dort doch noch die ganz große Katastrophe. Hätten die Kärntner damals schon auf Photovoltaik gesetzt, dann wäre das nichts mehr geworden mit Urlaub bei Freunden! Die Sonne war nämlich vom Himmel gefallen, und ihre Trabanten wurden ins Mölltal verscheucht.
Es kommt in letzter Zeit häufiger vor, dass das Mölltal nicht mehr zu Kärnten gehört. Deswegen gab es dort auch ein paar Fälle. Sofort wurden die Grenzen geschlossen und alle Ausländer in sichere Herkunftsstaaten geschickt. Die wurden von den Behörden nicht, wie bei uns, aufgefordert, zuerst noch den Rest des Bundeslands zu erkunden. Die Einheimischen mussten noch zwei Wochen bleiben, hatten aber großes Verständnis dafür. Die haben nämlich geglaubt, dass die Straßen immer noch wegen der Schneefälle Anfang November gesperrt waren.
Die Hauptstadt von Kärnten heißt Klagenfurt. Die von Tirol wird bald Klagenflut heißen. Der Kaiser von Klagenfurt hat jetzt eigene Abstandsregeln erlassen, damit er die Strandbäder am Wörthersee wieder aufsperren kann. Im Konkreten heißt das zum Beispiel, dass, wenn ein Wasserschifahrer in Velden startet, sein Motorboot schon in Klagenfurt sein muss. Jetzt wäre es interessant auszurechnen, wie lang seine Leine ist. Ungefähr auf der Höhe von Maria Wörth begegnen sie sich, da wird es dann kurzfristig eng mit dem Abstand. „Wia geht’s deim Diandlen?“ „Von dem hob i mi trennan miassn. Jed‘smol, wenn i mit dem in Pörtschach zum Golfen bin, homs g’maant i warat aus Reifnitz.“ „???“ „Vom ondan Ufa!“
Das müssen jetzt zwei Klagenfurter Studenten gewesen sein. An der Universität Klagenfurt aber kann man nicht nur Gender Studies betreiben. Viele Osttiroler, für die es am Lienzer Gymnasium zu eng wurde, haben an der Universität Klagenfurt inskribiert. Dort steht ihnen die ganze Welt offen. Die Universität Klagenfurt grenzt nämlich an Minimundus, das sind alle Länder der Erde und der Petersdom mittendrin. Urbi et Orbi. Gleich neben der Militärakademie von Wiener Neustadt und der Brücke von Mostar. In Minimundus sind jetzt aber auch keine Menschen. Die ganze Welt auf 0,026 Quadratkilometer, das geht sich mit den Sicherheitsabständen beim besten Willen nicht aus. Nicht einmal mit Minimundschutz.
30 Kilometer vor Klagenfurt und 30 Kilometer danach aber herrscht buntes Treiben. In Villach allerdings nur am Faschingsdienstag, weshalb dort dann auch das Tragen von Masken verpflichtend ist. 30 Kilometer nach Klagenfurt dagegen ist jeden Tag Völkermarkt. Dort werden jetzt Völker, die keiner mehr haben will, zum Verkauf angeboten: Die Syrer, Afghanen, Somalier und – die Tschetschenen.
Bevor ich Kärnten wieder verlasse, mache ich an der Autobahnraststätte Griffen noch einen Halt. Dort verfasse ich schnell einen Brief. Zum langen Abschied an meine Freundin:
Liebe …
(Fortsetzung folgt.)
Rudi Ingruber ist Kunsthistoriker, Leiter der Lienzer Kunstwerkstatt und freier Autor – auch für dolomitenstadt.at. Sein Corona-Tagebuch erscheint während der Zeit der „Corona-Krise“ in unregelmäßigen Abständen.
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Auf dem weiten Weg von Lienz nach St. Corona kommt man auf allerhand Gedanken.
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