Mittlerweile werden uns die meisten Dolomitenstadt-LeserInnen schon kennen. Heute erreichen wir auf unseren Rädern die Grenze zur Türkei. Die Einreise geht schnell. Kurz in den Pass schauen, Stempel rein, fertig. 90 Tage dürfen wir mit unserem E-Visum in der Türkei bleiben, am Ende werden es etwas mehr als fünf Wochen sein. Endlich raus aus Europa! Oder auch nicht? Die Türkei ist das erste muslimische Land auf unserer Reise. Wir sind schon sehr gespannt und neugierig darauf, in neue Lebenswelten und Kulturen einzutauchen.
Wie immer, wenn wir eine Grenze überschreiten, gehen mir unglaublich viele Gedanken durch den Kopf. Wo finden wir Wasser? Was werden wir essen? Finden wir gute Schlafplätze? Wie reagieren die Leute auf uns? Etwas unbehaglich campieren wir die erste Nacht auf einem Feld. Eine Wildschweinhorde stört unsere Nachtruhe, doch Ferdi kann sie mit Topfgeklappere und dem Licht seiner Stirnlampe davonjagen. Am nächsten Morgen ist meine Stimmung leicht getrübt, ich fühle mich unwohl und fremd in dem neuen Land.
Die ersten Kilometer auf der großen Schnellstraße waren nicht gerade eine Augenweide und der erste Zeltplatz auch nicht der Schönste. Ferdi nimmt mich in den Arm und meint: "Schauen wir doch in das nächste Dorf zur Moschee und holen uns dort Wasser. Wirst sehen, das wird schon. Ist doch alles gut hier!" Und er hat recht. Kaum bei der Moschee angekommen, werden wir von den Männern im gegenüberliegenden Teehaus herangewunken und auf die ersten Gläser Tee eingeladen.
Diese Teehäuser werden ausschließlich von Männern besucht. Die meisten von ihnen kommen mehrmals täglich und viele ältere Herren verbringen den ganzen Tag dort - sitzend, beobachtend, trinkend, plaudernd. Schon bei der ersten Teeeinladung merken wir, dass man mit Englisch nicht weit kommt. Vor allem auf dem Land, wo wir hauptsächlich unterwegs sein werden, ist die Kommunikation schwierig. So müssen wir aktiv werden und ein wenig Türkisch lernen. Schließlich möchten wir uns mit den Einheimischen austauschen, während wir mit ihnen Tee trinken.
In der Türkei wird uns so richtig bewusst, dass wir uns für die richtige Art zu Reisen entschieden haben. Anfangs hatten wir kurz überlegt, ob wir mit unserem alten VW Bus um die Welt kurven sollen, sind dann aber ziemlich schnell von der Idee abgekommen und nun überglücklich, dass wir uns für das Fahrrad entschieden haben. Unser Reisetempo ist schnell genug, um voranzukommen und gleichzeitig langsam genug, um viel von der Umgebung wahrzunehmen. Täglich grüßen uns die Leute am Straßenrand mit einem freundlichen "Hoşgeldiniz". Ein schönes Gefühl, wenn man so herzlich "Willkommen" geheißen wird! Der Kontakt mit den Menschen ist das größte Geschenk, das wir von der Reise mitnehmen.
In einigen Reiseberichten über die Türkei haben wir gelesen, dass es bei jeder Moschee Trinkwasser und Toiletten gibt. Eine super Sache! Wir würden uns diesen Luxus auch bei den vielen Kirchen daheim wünschen. Moscheen gibt es hier unzählige und durch die raketenartigen Minarette sind sie auch von Weitem gut erkennbar. Wasser zu finden ist also kein Problem. Zumal es, wie schon in Bulgarien, unzählige Brunnen neben der Straße gibt, aus denen fast immer trinkbares Wasser sprudelt.
Nach zwei Tagen erreichen wir Gelibolu und setzen bei Sonnenuntergang über die Dardanellen nach Asien über. Wir haben Europa verlassen und befinden uns jetzt auf einem neuen Kontinent. Wow!!! Doch ganz so asiatisch kommt es uns hier noch nicht vor. Die Türkei steht dazwischen, zwischen zwei Kontinenten, zwischen vielen Kulturen und Völkern. Auch in den kleinsten Dörfern ist es kein Problem, dass ich als einzige Frau in den nur von Männern besuchten Teehäusern sitze. Die meisten Herren geben mir auch die Hand. Treffen wir jedoch auf einen noch so modernen Imam (Lieblingsband 'Modern Talking'!?), werde ich komplett ignoriert und keines Blickes gewürdigt. Ein komisches Gefühl! Ansonst habe ich mich als Frau nie unwohl gefühlt und wurde immer herzlich empfangen.
Die erste Woche ist landschaftlich wenig abwechslungsreich. Bei kräfteraubendem Seiten- und Gegenwind radeln wir am Seitenstreifen der stark befahrenen Schnellstraße nach Bandirma. Unser erster "Warmshowers" Host in der Türkei heißt Sefa. Er weiht uns in die türkische Kulinarik ein. Wer hätte gedacht, dass es auch in der Türkei eine große Frühstückskultur gibt. Fast wie bei uns daheim, nur um einiges billiger.
Zusammen mit Sefa und seiner Freundin genießen wir ein erstes reichhaltiges Khavaltı (Frühstück), können uns zwei Stunden später fast nicht mehr bewegen und beschließen, erst am nächsten Tag weiterzuradeln. Aus einem geplanten Ruhetag werden zwei. Weiter geht es auf hügeligen Küstenstraßen am Marmara Meer entlang. Nach einem erfrischendem Bad im Meer verlassen wir dieses auch schon wieder Richtung Iznik-See. An dessen Ufer stellen wir unser Zelt unter einem riesigen Feigenbaum auf und gönnen uns einen Tag Urlaub. Ferdi radelt los, um Wasser, Obst und Gemüse zu holen. Das dauert, beim Gemüsehändler gibt es erst mal ein paar Gläser Tee.
Nun sind wir schon gänzlich verzaubert von den vielen freundlichen Teeeinladungen und netten Begegnungen. Kaum bleiben wir irgendwo stehen, werden wir durch "Çay, Çay" Zurufe in das nächstgelegene Teehaus gelockt. Mittlerweile können wir die wichtigsten Fragen auf Türkisch beantworten, können erzählen woher wir kommen, wieviele Kilometer wir schon geradelt sind und wo wir noch hin wollen. Nur auf die Frage, ob wir verheiratet sind (die kommt meist sehr früh, noch vor der Frage nach dem Namen), wissen wir oft nicht so recht, was wir antworten sollen. Manchmal sagen wir "später", manchmal der Einfachheit halber "ja". Leichter fällt uns die Aufzählung der verschiedenen Obst- und Gemüsesorten. Auch unseren geliebten Simit (Sesamring) können wir inzwischen auf Türkisch bestellen.
Nach Iznik geht es Richtung Norden, bis wir bei Karasu das Schwarze Meer erreichen. Lange haben wir überlegt, welche Route wir durch die Türkei nehmen sollen. Durch die Mitte ist uns zu heiß, im Süden zu touristisch und auch zu weit, also bleibt nur die Schwarzmeerküste. Viel haben wir darüber gelesen: feuchtes Klima, grün, sieht aus wie in Deutschland und Österreich, sehr hügelig, extreme Steigungen. Das klingt mal nicht so gut, aber wir wollen uns selbst ein Bild machen. Doch schon nach einem Tag an der "Schwitzmeerküste" radeln wir fluchtartig ins Landesinnere. Zu heiß, zu steil, zu viel Schweiß!
Wir sagen dem Meer "Adieu" und wählen von nun an eine Route, die uns parallel zur Küste, auf der anderen Seite des Pontischen Gebirges, immer weiter in den Osten bringen soll. Nach ein paar herausfordernden Steigungen mit über sechzehn Prozent, die wir schiebend überwinden, wird es nach Devrek wieder flacher. Haselnussbaum reiht sich an Haselnussbaum. Kuriose Gestalten mit großen Taschenlampen geistern durch die Nacht, um Wildschweine von den Haselnüssen fernzuhalten. Manchmal wird sogar in die Luft geschossen. Beim Zelten auf Feldern werden wir des öfteren mitten in der Nacht von Traktorgeräuschen geweckt. Anders als bei uns daheim, sind die Bauern hier keine Frühaufsteher. Traktoren, die plötzlich mitternachts um unser Zelt kreisen, können uns nicht mehr aus der Ruhe bringen. Auch die Bauern nehmen es gelassen, lachen über uns und umfahren den von uns besetzten Flecken Land.
Der Asphalt schmilzt unter der glühenden Hitze, doch die Aussicht auf eine erfrischende Dusche lässt die nächsten Kilometer recht zügig vergehen. In Karabük erwartet uns Mehmet. Auch in der kleinsten Studentenwohnung finden wir Platz für uns mitsamt unseren Rädern und den vielen Taschen. Die Zeit in Karabük vergeht wie im Flug.
Am ersten Abend sind wir zum BBQ mit Mehmets Freunden vom Fahrradclub eingeladen. Ein richtig türkisches Erlebnis: Unzählige Grillstellen nebeneinander, überall tummeln sich Leute. Es raucht und raucht vom Grill und vom Çay. Es gibt viel Fleisch, ein bisschen Gemüse und zwischendurch knabbern wir Sonnenblumenkerne. Das Bier müssen wir in unsere Fahrradflaschen umfüllen und heimlich trinken, weil es hier im Park verboten ist. Picknick und Grillerei gehören neben Çay untrennbar zur Türkei.
Am nächsten (Ruhe)Tag radeln wir nach Safranbolu. Wir wissen nicht so recht, was wir mit dem Weltkulturerbe voll japanischer Touristen anfangen sollen, schauen uns die Altstadt mit ihren schönen alten Fachwerkhäusern kurz an und machen uns wieder aus dem Staub. Safranbolu bleibt die einzige Touristenattraktion, die wir in der Türkei besuchen. Ansonsten dürfen wir "unattraktive" Gegenden und alltägliches Leben genießen. Abends radeln wir zu Emre, um in der Hollywoodschaukel mitten in seinem paradiesischen Garten entspannt ein paar Gläser selbstgebrautes Bier zu trinken. Aufgrund des hohen Alkoholpreises im Supermarkt brauen viele Leute ihr Bier lieber selber. Was bei Emre auch wesentlich besser mundet.
Genug gerastet und Bier getrunken, wir wollen weiter. Mehmet begleitet uns die ersten zehn Kilometer bis zu einem hervorragenden Frühstückslokal. Der Tisch ist voller Leckereien, wir essen soviel wir können. Durch den einsetzenden Regen "müssen" wir hier einige Stunden verbringen. Es gibt schlechtere Orte! Als wir dann doch irgendwann aufbrechen und weiterradeln, beginnt es wieder zu regnen. In letzter Sekunde finden wir einen Schuppen zum Unterstellen und werden auch gleich von der dort lebenden Familie zum Essen eingeladen. Sooo gut! Alles total unkompliziert. Viele Töpfe und Schüsseln mit unterschiedlichen Gerichten werden auf den Tisch gestellt, jeder bekommt einen Teller und ein Stück Fladenbrot und nimmt sich einfach was er mag. Kein großes Trara wie bei uns daheim, wenn jemand zum Essen eingeladen wird. Die Familie ist recht konservativ, die Mädchen und Frauen tragen alle Kopftuch. Als wir ein Gruppenfoto machen wollen, weichen sie ängstlich zurück und nur die Männer bleiben übrig.
Die nächsten Kilometer führen uns durch hügelige, karge Landschaften. Es ist sehr heiß. Das Thermometer steigt auf knappe 39 Grad. Trotz der hohen Temperaturen ist das trockene Klima gut auszuhalten. Nicht zu vergleichen mit der hohen Luftfeuchtigkeit an der Schwarzmeerküste. Wir radeln fleißig, schaffen meistens 70 bis 80 Kilometer am Tag, liegen super im Zeitplan. Ende August müssen wir in Georgien sein, meine Eltern treffen, die uns besuchen kommen.
Uns gefällt es hier richtig gut! Kaum Verkehr, kleine Dörfer, Berge und immer wieder Çay, Çay, Çay. Am Straßenrand wird frisches Obst und Gemüse verkauft. Manchmal auch kiloweise Knoblauch, den man schon von Weitem riechen kann. Für die nächsten 1000 km gibt es niemanden auf "Warmshowers". Die Gegend wird immer einsamer. Wir duschen uns mit Gartenschläuchen und als Nervenkitzel zwischendurch auch mal wieder am Friedhof. Wäsche waschen können wir an den vielen Brunnen am Straßenrand. Die Einladungen werden so zahlreich, dass wir immer öfter ablehnen müssen, um überhaupt noch vom Fleck zu kommen. Mehr als zehn Gläser Tee am Tag schaffen auch wir nicht.
Am 10. August beginnt heuer das große Opferfest Kurban Bayrami, welches jährlich zum Höhepunkt des Haddsch (Wallfahrt nach Mekka) gefeiert wird. Neben dem Fastenbrechen am Ende des Ramadan gehört es zu den bedeutendsten islamischen Festen. Es ist Brauch, ein Tier zu schlachten und den Armen und Nachbarn Essen zu schenken. Am vierten und somit letzten Tag werden auch wir reichlich beschenkt. Ich kann mich kaum noch bewegen, so viele Leckereien, die man einfach nicht ablehnen sollte. Angefangen hat es in einem Ort names Gölova, in dem wir zu Mittag essen wollten. Auf der Suche nach einer "Lokanta" werden wir von einem jungen Türken auf Englisch angesprochen. Eine Rarität! Erfreulicherweise hilft er uns bei der Essensbestellung, denn manchmal verstehen die Leute nicht, dass ich etwas Fleischloses möchte. Das Essen schmeckt richtig gut und als Nachtisch gibt's einen leckeren Reispudding, Sütlac auf Türkisch. Ferdi ist natürlich ein großer Fan davon.
Dann trinken wir noch ein paar Runden Tee mit den jungen Türken am Nebentisch. Sie arbeiten oder studieren in Istanbul und sind über die Feiertage in ihr Heimatdorf gekommen. Unser Essen dürfen wir natürlich nicht selber bezahlen und einer lädt uns auch noch zu sich nach Hause ein, da wir unbedingt das hausgemachte Baklava seiner Mutter probieren müssen. Dort bekommen wir einen Teller voller kleiner Köstlichkeiten serviert, besuchen noch kurz das Heimatkundemuseum und kehren danach wieder zum Dorfplatz und unseren Rädern zurück. Die haben wir mit Sack und Pack unversperrt stehen lassen. Gäste werden nicht beklaut.
Bevor wir weiterfahren, müssen wir uns noch um Ferdis Hinterrad kümmern. Da ist schon wieder die Luft raus. Wir haben schon in der Früh ein Loch geflickt, aber anscheinend haben sich noch mehr fiese Stachelgewächse verfangen und kleine Löcher durchgestochen. Trotz einer Gruppe Teenager, die uns umringt und natürlich alle mithelfen wollen, ist die Arbeit schnell erledigt und wir sind startklar. Nachdem wir vier Stunden in dem Ort verbracht und unglaublich viel gegessen haben, werden wir zum Abschied auch noch von den Jugendlichen auf Çiğ Köfte eingeladen. Das sind leckere Wraps gefüllt mit einer Walnuss-Bulgur-Paste und frischem Salat. Und sie sind vegan! Ein Wunder, dass wir an diesem Tag überhaupt noch weiter radeln können.
Irgendwann hat es selbst Ferdi nicht mehr gepackt. Doch schon nach einem Tag Fieber und Durchfall hat er sich so weit erholt, dass wir den letzten Abschnitt unseres Türkeiabenteuers in Angriff nehmen können. Die Türkei ist aufgrund ihrer gigantischen Staudamm-Projekte immer wieder in den Schlagzeilen. Wir radeln ein paar Tage mitten durch solch ein Tal und können die dramatischen Auswirkungen hautnah erleben. Unglaublich, wie viel Lebensraum hier zerstört wird. Die Mittagspause in Yusufeli hat mich nachdenklich gestimmt. In ein paar Jahren wird es diesen Rastplatz nicht mehr geben. Die ganze Stadt wird schön langsam untergehen. Alle Menschen werden umgesiedelt, alles versinkt und stirbt. Und das eigentlich schon seit vielen Jahren. Immer wieder hat sich das Projekt verzögert, Yusufeli hätte schon vor Jahren untergehen sollen.
Die Straße nach Artvin ist der reinste Wahnsinn. Wir müssen durch fünfzig Tunnel oder Tüneli, wie es auf Türkisch heißt, fahren. Einst führte die Straße unten im Tal am Fluss entlang, doch wegen des Stausees mussten sie eine neue Straße durch die Berge bauen, die eben hauptsächlich aus Tunnel besteht. Es ist schon dunkel als wir den ersten erreichen. Der nächste ist dann auch noch ziemlich lang, unbeleuchtet, viel befahren und voller Baustellenstaub. Draußen ein enges Tal, Baustelle, Lärm, Dreck, hereinbrechende Nacht. Sehr unangenehm! So können wir nicht weiterfahren. Zum Glück sehen wir auf der Karte, dass nach drei weiteren Tunnel eine Abzweigung zu einem Ort führen soll. Wir radeln weiter und haben Glück. Den Ort gibt es noch. Zumindest stehen hier noch ein paar Häuser.
Wir werden auch gleich vom "Sheriff" (Bürgermeister?) empfangen, der mit ein paar Männern in einer kleinen Hütte am Ortsanfang sitzt und Tee trinkt. Unser Zelt bauen wir neben einigen Containern auf, in denen die vielen Bauarbeiter wohnen. Mit Hilfe von Google-Translate können wir einige Dinge über das Mega-Projekt erfahren. Schon seit zehn Jahren wird hier gebaut und weitere zehn sollen noch folgen. Den Nachbarort gibt es nicht mehr. Hier wohnen noch sechzig Menschen mitten in einem Dschungel aus neuen Straßen, Staub und Tunnel. Früher konnte man am Fluss Raftingtouren unternehmen und die Natur genießen.
Nachdem die Fahrt durch die ersten der fünfzig Tunnel nicht besonders angenehm war, wollen wir es am nächsten Tag mit Autostoppen versuchen. Doch wir stellen fest, dass kaum Verkehr herrscht und probieren unser Glück. Tatsächlich sind alle Tunnel beleuchtet, gut asphaltiert, es geht recht flach dahin und die meisten sind mit 400 bis 600 Metern eher kurz. Das ist machbar, denken wir und starten unsere "Tüneli-Challenge". An diesem Tag fahren wir mehr bei künstlichem, als bei natürlichem Licht. Die Gegend wirkt total surreal. Wir sehen verlassene Dörfer, untergegangene Moscheen, ein paar Mini-Dörfer weit oben in den Bergen. Kein Platz zum Verweilen. Wir bringen die 70 Kilometer von Yusufeli nach Artvin so schnell wie möglich hinter uns. In Artvin erwartet uns dann das "Highlight": die sechstgrößte Staumauer der Welt. Unfassbar was der Mensch alles bauen kann! Nach dem anstrengenden Tunnel-Tag gönnen wir uns erst mal Çiğ Köfte und ein Eis als Nachspeise. Dann verlassen wir Artvin auch schon wieder und radeln Richtung Norden, zurück ans Schwarze Meer.
Das Klima wird wieder feuchter, die Straßen enger, der Verkehr wilder. Einen letzten langen Tunnel haben wir noch vor uns. Wir wissen anfangs nicht, ob wir durch den fünf Kilometer langen Tunnel oder außen herum über den Pass fahren sollen. Schlussendlich haben wir uns für den Tunnel entschieden. Es gibt zwei getrennte Röhren. In unsere Richtung geht es stetig bergab. Mit 45 km/h macht es sogar Spaß, durch den Tunnel zu rollen. In die umgekehrte Richtung hätten wir uns aber sicher gegen den Tunnel entschieden.
Nach wenigen Kilometern erreichen wir Hopa, unseren letzten Ort in der Türkei. Dort verbringen wir noch einmal zwei Nächte bei "Warmshowers". Die Stadt gefällt uns ganz und gar nicht. Alles ist grau, es regnet immer wieder, die Luft ist schlecht, selbst das Meer ist wenig berauschend. Der Großteil der Stadtfläche wurde aufgeschüttet, wie auch der Highway entlang der Küste. Doch zwei Tage Pause tun gut. Vor allem die erste richtige Dusche nach 19 Tagen ist ein großartiges Gefühl! Wir wechseln unsere letzten türkischen Lira in leckeres Essen und trinken Raki mit Caner, unserem Gastgeber. Ein ausgiebiges Frühstück geht sich auch noch aus. Gerne würden wir draußen sitzen, mit Blick aufs Meer. Die Kellnerin kommt und wir bestellen Frühstück. "Frühstück? Dann müsst ihr euch bitte hineinsetzen, die Tische heraußen sind zu klein dafür."
Es sind nicht mal mehr zwanzig Kilometer bis zur georgischen Grenze. Die Türkei weint, als wir sie verlassen. Die Ausreise dauert länger als die Einreise, doch wenig später radeln wir schon auf georgischem Boden.
Die Türkei hat uns fasziniert, sie ist uns ans Herz gewachsen. Ein spannendes und vielseitiges Land, das uns vor allem durch die außergewöhnliche Gastfreundschaft der BewohnerInnen in guter Erinnerung bleibt. Wehmütig verlassen wir dieses Land, um uns in ein neues Abenteuer zu stürzen.
Marlen aus Lienz und Ferdi aus Salzburg starteten im Juni 2019 zu einer Weltreise auf dem Fahrrad. In neun Monaten radelten die beiden von Lienz mehr als 11.000 Kilometer durch 14 Länder bis in den Iran. Dann stoppte Covid 19 die beiden Globetrotter. Was sie bis zu ihrer Rückkehr in die Quarantäne erlebten, erzählt uns Marlen Schieder in einer spannenden, mehrteiligen Reisereportage. Viel Spaß!
5 Postings
Wenn ich 30 Jahre jünger wäre würde ich das auch nochmal machen. Schoene und tolle Erlebnisse. FREU mich auch schon auf weitere Geschichten.
wolf_c.....könntest du dich nicht mal auf schöne -spannende Reieberichte konzentrieren anstatt immer nur negatives auf eventuelle Probleme die du bei uns siehst umzuwälzen....
Liebe Marlen, danke, dass ihr uns auf diese Weise auf eure tolle und abenteuerliche Reise mitnehmt. Tolle Berichte! Freu' mich schon auf den nächsten!
''... Gigantische Staudamm-Projekte zerstören in der Türkei viel Lebensraum. Wir sehen es mit eigenen Augen....'' - das ist für -senf- und die weiteren sauberekraftjünger und konzernfans sicher ganz! anders!!, wenn jahrtausende alte ziviliationsräume geflutet und tausende menschen ungefragt umgsiedelt werden ist dashaltso ...
@wolf, in den teestuben am bosporus könnten deine eingeübten sprüche und dein raumordnungsverständnis tatsächlich gehör und aufmerksamkeit finden. missio grüßt!
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