Ich habe Ihnen letztens weitere Social-Distancing-Suits meines Bruders versprochen. Da aber keines der Modelle, die ich jetzt präsentiere, jugendfrei ist, sollten sich Eltern erst, wenn ihre Kinder im Bett sind, mit ihnen befassen. Mit den Modellen, nicht mit den Kindern.
Variante 3 ist für reifere Damen, deswegen wird sie auch „Reifrock“ genannt. Die Bezeichnung leitet sich nicht, wie fälschlicherweise behauptet, von ihrer Trägerkonstruktion her. Vielmehr von der Konstruktion ihrer Trägerin. In Frankreich nannte man diese auch „Cul de Paris“. Die deutsche Übersetzung ist nicht ganz eindeutig, d. h. mit Paris ist natürlich die Hauptstadt von Frankreich gemeint und nicht der trojanische Prinz. Den haben reifere Damen nämlich nicht interessiert. Das andere sollte man aber in das Übersetzerwerkzeug von Google eintippen.
Variante 3 ist auch als Space Frame erhältlich. Das ist der Audi A8 unter den Erotikmodellen, den würde ich sofort meiner Freundin anziehen: „Man verspricht sich dadurch bei geringerem Gewicht eine hohe Steifigkeit“, steht in Wikipedia zu lesen. Und in noch einer Hinsicht ist diese Variante hoch aktuell: 1713 wütete in Wien zum vorläufig letzten Mal die Pest. Zwei Jahre später wurde der Cul de Paris wieder Mode.
Variante 4 erinnert ein wenig an den Kellner Leif. Nicht an den von meinem Stammtisch, sondern an das Original. Das kann man googeln: Einfach Kellner Leif in die Suchmaske tippen, bestätigen und dann Bilder. Mit der sozialen Distanz aber nimmt der es nicht so genau. Genau wie das andere Original, das man auch googeln kann. Ich füge vorsichtshalber den Link ein: https://youtu.be/bCa8EHgqxgQ
Warum mein Bruder die Variante 4 „die Unpraktische“ nennt, ist mir schleierhaft. Ich finde sie sogar ausnehmend praktisch. Bei entsprechender Ernährung – Teigpatzen aus der Region China zum Beispiel – ist dieser Anzug von innen her aufblasbar. Allerdings stellt sich die Frage, wozu es ihn dann noch braucht.
Die sechste Variante ist für Lehrer gedacht. Mein Bruder ist nämlich Lehrer. Lehrer der Messtechnik. Und er besitzt einen Langhaardackel. Mit dem geht er jetzt schon über einen Monat spazieren. Dazu hätte ich eine Mathematikaufgabe für die Fachpraktiker an den Berufsbildenden Höheren Schulen (die Theoretiker haben jetzt genug anderes zu tun):
Die Strecke zwischen dem Schultergelenk meiner Führhand und meiner Schuhsohle beträgt 140 cm. Sie bildet mit dem Hund einen rechten Winkel. Der Kopf des Langhaardackels ist 30 cm lang, die Höhe seiner Beine dagegen gleich Null. Und jetzt zu meiner Frage: Wenn meine Führhand 60 cm lang ist, wie lang ist dann die Leine? Die richtige Lösung bitte ausrechnen und im Experiment dann bestätigen! Zeit dafür ist genug.
Sollten Sie keinen Langhaardackel besitzen, gibt es zur Not auch andere Lösungen. Aber bitte diese nicht auf Dolomitenstadt posten. Dort hat nämlich schon einmal eine Notlösung mit einer Klage geendet.
Rudi Ingruber ist Kunsthistoriker, Leiter der Lienzer Kunstwerkstatt und freier Autor – auch für dolomitenstadt.at. Sein Corona-Tagebuch erscheint während der Zeit der „Corona-Krise“ in unregelmäßigen Abständen.
Erotik aus der Distanz und Mathe für Fortgeschrittene
Bitte erst lesen wenn das Homeschooling beendet ist und die Kinder schlafen.
5 Postings
Da habe ich jetzt aber ein Problem! Die Hundefriseure haben wieder offen und jetzt habe ich keinen Langhaardackel mehr. Gilt dann dieses Rechenbeispiel auch für meinen Kurzhaardackel mit Dutt? Ändern sich hierbei die Parameter? Sie sehen, Fragen über Fragen! Ich möchte Sie, lieber Herr Ingruber freundlich darauf hinweisen, dass Sie sich in Zeiten wie diesen nicht erwarten können, dass jemand noch seinen Hausverstand verwendet. Vielleicht haben sie es ja noch nicht gemerkt, aber wir leben in einer neuen Normalität!
Sehr geehrter Herr Ingruber, ich lese ihre Tagebucheinträge wirklich mit großer Freude, aber warum sie jetzt auf "homeschooling" umgestellt haben ist mir schleierhaft. Warum soll ich jetzt plötzlich ausrechnen müssen, wie lange die Leine meines imaginären Hundes ist? Ich habe keine Mutter zuhause die mir das ausrechnet!
Sehr geehrter Herr Soprano, nur Mut, Sie sind der Lösung schon sehr nahe! Ich aber auch. Das Geheimnis ihrer Identität scheint sich zu lüften: Sie sind offenbar Fachpraktiker an einer BHS, haben mehr als ein Kind, das im Homeoffice arbeitet, dafür aber (k)eine Mutter, die (k)eine Fachpraktikerin ist. Und auch keinen Hund. Ich lese Ihre Postings auch immer mit großer Freude.
Sehr geehrte Herren I., ich hege den Verdacht, Variante 3 und 4 dienen eher zum Kaschieren von Corona-Kilos. Variante 6 will diese ehrlich bekämpfen... oder mit tiefergelegten Dackeln sportlich wirken. Welche Suits auch immer beliebt werden, es gilt zu erinnern, dass freundliche Worte und Gesten trotz auf Abstand gehaltener Masken erlaubt sind.
Social distancing ist ja gut und recht, aber jetzt, in der Phase der nachösterlichen Wiederauferstehung, ist soziale Annäherung das Gebot der Stunde. Also, dem Dackel und so manchem Schreiberling einen Maulkorb verpasst, und der neuen Normalität steht nichts mehr im Wege.
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