Als gebürtige Kärntnerin mit Osttiroler Wurzeln lebe ich seit acht Jahren in London. Corona betraf mich vorerst nicht direkt, bis ich mein Englisch-Studium Anfang März beginnen wollte und sämtliches Material und alle Stunden plötzlich nur mehr online verfügbar waren. Somit teile ich das Schicksal von vermutlich Millionen Schülern und Schülerinnen! Der Ernst der Lage wurde schnell klar, als Menschen „stockpiling“ begannen und man nicht mal mehr Milch im Supermarkt kaufen konnte. Die Regale waren leergefegt – Pasta, Reis, Mehl, Eier – ausverkauft.
Diese Situation stabilisierte sich erst vor etwa zwei Wochen, nachdem die Supermarktketten Beschränkungen einführten und man nicht mehr als drei Stück bestimmter Warengruppen kaufen durfte. Würde ich es nicht mit meinen eigenen Augen sehen, hätte ich bestimmt Zweifel daran: aber Menschen stehen tatsächlich in London Schlange, um ihren täglichen Einkauf zu erledigen. Supermärkte erlauben auch nur mehr eine bestimmte Anzahl an Personen zur selben Zeit in ihren Geschäften, da wir einen Mindestabstand von zwei Metern einhalten sollen. Was sich als recht schwierig erweist.
Somit stellten noch mehr Menschen als vorher auf die Lieferservices der zahlreichen Lebensmittelkonzerne um. Diese sind jedoch heillos überfordert, sodass man Liefertermine nur mehr sehr schwer oder, als Neukunde, gar nicht mehr bekommt.
Als Vegetarierin habe ich allerdings das Glück, dass der Gemüsehändler meines Vertrauens am Heimweg von meiner Arbeit liegt. Es ist ein privat geführter, kleiner Laden, der viele Dinge des täglichen Lebens lagernd hat, die man in den Supermärkten zur Zeit gar nicht mehr bekommt.
Auch mein Weg zur Arbeit entwickelte sich zu einem regelrechten „jump and run“ Spiel, da auf den Gehsteigen nicht genug Platz ist, um den Mindestabstand einzuhalten und morgens viele Personen der Risikogruppe über 60 unterwegs sind, um ihren täglichen Spaziergang zu absolvieren. Ich könnte den Bus nehmen, will aber unnötige Risiken vermeiden und mag es, zu Fuß zu gehen. Dies tun viele und so sind Londons berühmte Doppeldecker Busse entweder leer oder nur eine Handvoll Personen sitzen drin. Ein sehr ungewohntes Bild in einer Stadt, wo zur Rushhour die Busse normalerweise zum Bersten voll sind.
Mein soziales Leben? Das ist im Moment non existent. Als eine Person, der ihre Freunde enorm wichtig sind, fällt mir das unglaublich schwer. Ich telefoniere regelmäßig mit ihnen, aber wir alle wissen, dass das nicht dasselbe ist wie jemanden zu umarmen.
Ich bin aber auch eine Optimistin und jemand, der versucht in jeder Situation ein silver lining zu sehen. Und da muss ich festhalten, dass es mich überaus erfreut, dass Menschen, die früher ständig auf ihre Mobiltelefone starrten, nun aufblicken und andere anlächeln und grüßen. Wäre doch schön, wenn sich das einige auch nach dieser Krise beibehalten.
NHS, das nationale Gesundheitssystem, suchte 250.000 Freiwillige, welche unterschiedlichste Aufgaben übernehmen sollen. Das geht von Telefonanrufen, um einsame Menschen etwas zu unterhalten über Besorgungen erledigen bis hin zum Abholen aus dem Krankenhaus. Ähnlich vielleicht dem „Team Österreich“. Ich bewarb mich und bin nun einer von den sogenannten „NHS Respondern“, was mich sehr stolz macht, da ich gerne anderen helfe und vor allem in dieser Krise so auch einen kleinen Beitrag leisten kann.
Nach unserem Lokalaugenschein in Athen, den uns Kathi Zanon übermittelt hat, haben wir auch in der englischen Metropole eine Korrespondentin gefunden, Nicole De Luca, Kärntnerin mit Wurzeln im Osttiroler Iseltal. Sie lebt in London und erzählt uns, wie es ihr in diesen außergewöhnlichen Tagen geht.
Mein soziales Leben? Im Moment non existent!
Die Weltmetropole London befindet sich im Ausnahmezustand. Ein Lokalaugenschein.
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