Mit Feuer und Eis gegen den Frost
Wie die Osttiroler Obstbauern ihre Pflanzen durch die kalten Nächte bringen.
Der milde Winter und der damit einhergehende sehr frühe Austrieb der verschiedenen Obstarten lassen die Osttiroler Obstbauern zittern. Der Kaltlufteinbruch der vergangenen Tage erfordert nun viel Einsatz, um Schäden an den Knospen und Bäumen zu verhindern.
Bereits die Nacht von Sonntag auf Montag brachte teils starken Spätfrost in ganz Osttirol. Prognostizierte Temperaturen wie für die Nacht von Montag auf Dienstag von bis zu minus neun Grad könnten sowohl beim Steinobst als auch beim Kernobst schlimmstenfalls zum Totalausfall der Ernte führen.
„Wie empfindlich die Knospen sind hängt einerseits von der Obstart, aber vor allem vom Entwicklungsstadium ab. Hält eine Knospe kurz nach dem Austrieb noch sechs bis sieben Minusgrade aus, so sind bei der Blüte manchmal Temperaturen von minus ein Grad schon zu viel“, erklärt der Gaimberger Obstbauer Friedrich Webhofer.
Um die Bäume zu schützen, gebe es verschiedene Möglichkeiten. Die effizienteste Maßnahme sei aus Sicht der Osttiroler Obstbauern die Frostschutzberegnung. Dabei werden die Bäume mit der Überkronenberegnung eingeeist und dadurch geschützt.
„Was paradox klingt, funktioniert sehr gut, solange der Wind nicht zu stark bläst. Es wird dabei die Erstarrungswärme genutzt, die das Wasser freigibt, wenn es gefriert. Um eine Vorstellung zu bekommen: Wenn ein Liter Wasser gefriert, wird etwa so viel Energie freigegeben, wie ich benötige, um einen Liter Wasser auf 80°C zu erwärmen“, so Johannes Kuenz aus Dölsach.
Die dabei benötigten Wassermengen seien allerdings sehr groß. Für einen Hektar benötige man zwölf Sekundenliter Wasser.
„Wir beregnen im Lienzer Talboden ca. sechs Hektar Äpfel und pumpen dabei 70 Liter Wasser pro Sekunde. Damit würde man fast eine Badewanne in zwei Sekunden füllen. Das genutzte Grundwasser versickert wieder an Ort und Stelle, also benötigen wir nur die Energie für die Pumpe“, erklärt Kuenz.
An den Sonnenhängen des Talbodens, an denen nicht ausreichend Wasser zur Verfügung steht, bleibt den Bauern nur das Heizen der Obstanlagen als wirkungsvolle Maßnahme. Dafür müsse man mindestens 200 Feuerstellen pro Hektar anzünden, um ausreichenden Schutz zu erreichen.
„Bereits 2017 konnten wir dadurch drei Hektar vor dem Erfrieren schützen. In der Nacht von Montag auf Dienstag haben wir unsere Birnen, die ein recht empfindliches Obst sind und deren Knospen schon sehr weit entwickelt sind, mit 250 Holzfeuern geschützt. Die Kosten und der Arbeitsaufwand sind enorm,“ erklärt Kuenz.
Ob die Maßnahmen erfolgreich waren, werden die kommenden Tage und Wochen zeigen. Der erste Kaltlufteinbruch dieses Frühlings dürfte allerdings – auch dank des Einsatzes der Obstbauern – glimpflich vorübergezogen sein.
„Wir sind optimistisch, dass wir die ersten Frostnächte der Saison gut überstanden haben. Die Wetterprognose für die nächsten Tage stimmt uns positiv,“ so Webhofer.
Der durch den Klimawandel immer früher erfolgende Austrieb der Obstbäume mache den Obstbau in ganz Europa zunehmend riskanter. Mit Spätfrösten müsse man in Tirol bis Anfang Mai rechnen und daher sei laut Webhofer und Kuenz noch nicht absehbar, wie viele schlaflose Nächte die Osttiroler Obstbauern noch vor sich haben.
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