Zwei besonders vom Coronavirus betroffene Gebiete in Tirol werden gemäß Beschluss der Bundesregierung für zwei Wochen unter Quarantäne gestellt. Betroffen ist das Paznauntal mit den Gemeinden Galtür, Ischgl, See und Kappl sowie St. Anton am Arlberg. Grenzkontrollen werden nun auch zur Schweiz eingeführt.
Die Quarantäne-Maßnahmen im Paznauntal sowie St. Anton am Arlberg betreffen insgesamt rund 9.500 Einheimische. Bei den Orten handelt es sich zum überwiegenden Teil um vom Tourismus abhängige und geprägte Gemeinden mit klingenden Namen. Zusätzlich zu den Einheimischen sind auch noch die Angestellten in den Hotels sowie die österreichischen Urlauber von der 14-tägigen Isolation betroffen. Um wie viele Personen es sich dabei handelt, war vorerst unklar.
Die Isolierungs-Maßnahmen haben keine häusliche Quarantäne für die einheimische Bevölkerung, Hotelmitarbeiter und österreichische Urlaubsgäste zur Folge. Es sei eine "Quarantäne für das Tal" angeordnet worden sagte der Bürgermeister von Galtür, Anton Mattle, der APA. Die Betroffenen können sich also in den Orten bewegen, müssten aber klarerweise ihre sozialen Kontakte reduzieren bzw. minimieren, so Mattle, auch ÖVP-Landtagsvizepräsident.
Die seit Freitag isolierten Orte sind besonders von der Ausbreitung des Coronavirus betroffen, wie auch jüngste Zahlen bestätigter Fälle zeigen. Knapp zwei Drittel der aktuell 170 positiv getesteten Personen in Tirol weisen einen Bezug zum Paznauntal und zu St. Anton auf, teilte das Land am Freitag mit. "Wir haben jetzt noch die Chance, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und die Zahl der Infizierten einzuschränken", rechtfertigte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) die restriktive Maßnahme. Die genaue Zahl der für die Abschottung benötigten Polizeikräfte und die konkreten Polizeimaßnahmen standen zunächst noch nicht fest.
Zur Isolierung der besonders betroffenen Gemeinden St. Anton und Ischgl sollen nun auch Bundesheersoldaten zum Einsatz kommen, bestätigte das Land Tirol einen Online-Bericht der "Kleinen Zeitung". Im Rahmen einer Verordnung der Bezirkshauptmannschaft wurde ein Assistenzeinsatz angefordert, hieß es. Die Zeitung schrieb von 30 Soldaten, die nun eingesetzt werden sollen. Seitens des Heeres hieß es, dass die Angelegenheit nun "intern geprüft" werde.
Indes garantierte das Land, dass die Versorgung in den Gemeinden weiter aufrechterhalten bleibt. Die Ein- und Ausreise werde für "die Gesundheitsversorgung bzw. allgemeine Versorgungsfahrten und Dienstleistungen im Bereich der Daseinsvorsorge sowie individuell nicht verschiebbare Fahrten wie etwa jene von Dialysepatienten" weiterhin möglich sein.
Für Tagesskigäste war die Ausreise aus St. Anton am frühen Freitagnachmittag laut einem Augenzeugen noch möglich. "Am Parkplatz des Skigebietes hat die Nachricht ganz schnell die Runde gemacht", noch während die Pressekonferenz der Bundesregierung lief, schilderte eine Skifahrerin gegenüber der APA die hektischen Szenen.
"Es hat dann keiner gewusst, ob die Skibusse noch fahren und dann haben wir Taxis angerufen, was eh schon schwierig war", sagte die Urlauberin. "Eine Kontrolle hat es dann gegeben in St. Anton, aber es ist dann relativ schnell gegangen, dass wir trotzdem rausgekommen sind, aus St. Anton nach Flirsch." Die Kontrolle habe aus zwei Polizisten bestanden. "Die haben halt geschaut, aber eigentlich haben sie eher den Verkehr geregelt." Den Angaben zufolge hat sich hinaus schon ein kurzer Stau gebildet. Identitätsfeststellungen habe es aber nicht gegeben.
In zwei der von der Quarantäne betroffenen Gemeinden im Tiroler Paznauntal, See und Kappl, herrscht trotz der Maßnahme der Bundesregierung offenbar relative Gelassenheit. "Das wird sicher gut sein", sagte der Bürgermeister von See, Anton Mallaun, im APA-Gespräch. Man werde die Situation "schon bewerkstelligen", sagte auch der Bürgermeister von Kappl, Helmut Ladner.
Die Masse habe sicher Verständnis für die 14-tägige Isolation bzw. Abschottung. Der ein oder andere werde sicher verängstigt sein oder Einbußen für sein Geschäft befürchten, aber: "Die meisten gehen sicher konform mit der Entscheidung". Die Gemeinde See, die rund 1.200 Einwohner aufweist, werde auf jeden Fall gut durch diese zwei Wochen kommen. "Da habe ich überhaupt keine Sorge", so Mallaun.
Trotz der optimistischen Annahme, dass die Gemeinde Kappl die Situation gut meistern wird, musste Ladner "schon zwei Mal schlucken, bis man das registriert". Nun müsse man im Dorf schauen, dass die Gäste geordnet abreisen können. Eine Schwierigkeit sei allerdings, dass die betroffenen Gemeinden im Vorfeld keinerlei Information erhalten haben, kritisierte der Bürgermeister. Unklar sei zudem, ob Einheimische - die etwa in der Bezirkshauptstadt Landeck arbeiten - wieder ins Tal einreisen dürfen. Das erzeuge schon eine gewisse Unsicherheit, sagte Ladner. Ebenso war Ladner bisher nicht klar, ob nun alle Bewohner des Paznauntals tatsächlich in häuslicher Quarantäne bleiben müssen.
Indes sei es für die Gemeinde mit 2.620 Einwohnern kein Neuland, von der Außenwelt abgeschottet zu sein. Das könne im Winter aufgrund der Schneemengen schon passieren, betonte Ladner.
In St. Anton am Arlberg tagte unmittelbar nach der Verkündung der Maßnahmen der Einsatzstab. "Wir schauen derzeit, dass wir alles irgendwie auf die Reihe kriegen", sagte Vizebürgermeister Jakob Klimmer. St. Anton zählt rund 2.350 Einwohner.
Update am 13. März um 18.15 Uhr
St. Anton und Paznauntal werden isoliert
Hektische Szenen bei der Abreise von Tagesgästen: „Wir sind trotzdem rausgekommen.“ Update!
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