Literaturnobelpreis 2019 an Peter Handke vergeben
„Einer der einflussreichsten Autoren Europas nach dem Zweiten Weltkrieg.“
Der österreichische Schriftsteller Peter Handke erhält den Literaturnobelpreis 2019. Das gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Donnerstag in Stockholm bekannt. Die prestigeträchtige Auszeichnung ist mit neun Millionen schwedischen Kronen (ca. 831.000 Euro) dotiert. Damit stellt Österreich 15 Jahre nach Elfriede Jelinek wieder einen Träger dieser hohen Auszeichnung.
Der aus Kärnten stammende Handke erhält den Preis "für ein einflussreiches Werk, das mit sprachlicher Genialität die Peripherie und die Spezifizität der menschlichen Erfahrung untersucht", so die Begründung der Akademie.
Erstmals wurden heuer zwei Literaturnobelpreisträger bekanntgegeben. Der Literaturnobelpreis für das Jahr 2018 geht an die polnische Autorin Olga Tokarczuk. Tokarczuk, die zu den bekanntesten Schriftstellerinnen Polens gehört, erhält die Auszeichnung für "ihre narrative Vorstellungskraft, die, in Verbindung mit enzyklopädischer Leidenschaft, für das Überschreiten von Grenzen als eine neue Form von Leben steht", wie die Akademie mitteilte. Ihr Werk wurde bisher in 25 Sprachen übersetzt und bereits mehrfach ausgezeichnet.
Die doppelte Auszeichnung wurde notwendig, weil sich die Akademie nach Skandalen und Austritten im Vorjahr gegen eine Preisvergabe entschieden hat. Der damit bis dato letzte Empfänger des Literaturnobelpreises war Kazuo Ishiguro im Jahr 2017. Überreicht werden die Preise am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel. Trotz der Negativschlagzeilen um die Schwedische Akademie aus dem Vorjahr wollen beide Literaturnobelpreisträger zur Preisverleihung nach Stockholm kommen.
Peter Handke war laut dem Vorsitzenden des Nobelkomitees der Akademie, Anders Olsson, beim Anruf der Juroren zu Hause. "Er war sehr, sehr gerührt. Erst hat er kaum ein Wort herausbekommen", so Olsson. Dann habe Handke auf Deutsch gefragt: "Ist das wahr?"
"Die besondere Kunst von Peter Handke ist die außergewöhnliche Aufmerksamkeit zu Landschaften und der materiellen Präsenz der Welt, die Kino und Malerei zu zwei seiner größten Quellen der Inspiration werden ließen", begründete die Schwedische Akademie die Zuerkennung des Literaturnobelpreises an den österreichischen Autor weiter. Handke habe sich "als einer der einflussreichsten Autoren Europas nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert", nachdem er bereits mit seinem ersten Roman "Die Hornissen" 1966 sowie mit dem Stück "Publikumsbeschimpfung" aus 1969 "der Literaturszene seinen Stempel aufgedrückt hat".
Handke wurde am 6. Dezember 1942 im Kärntner Griffen geboren. Mit seinen ersten Werken erlangte er rasch Bekanntheit. Der vielfach ausgezeichnete Autor lebt seit fast 30 Jahren in Frankreich in einem Vorort von Paris.
Begeistert hat Elfriede Jelinek auf die Nachricht der Literaturnobelpreis-Vergabe an Handke reagiert. "Großartig! Er wäre auf jeden Fall schon vor mir dran gewesen", schrieb die Autorin der APA. Für Jelinek, die den Preis selbst 2004 erhalten hatte, war es "höchste Zeit!" Sie freue sich auch, dass die Auszeichnung an jemanden gehe, "auf den sie in Österreich endlich stolz sein werden".
"Ein 'geglückter' Tag - jedenfalls für die österreichische Literatur, für die Literatur überhaupt" ist die Nobelpreisvergabe an Handke für Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Mit Handke habe "ein Autor den Nobelpreis gewonnen, dessen leise und eindringliche Stimme seit Jahrzehnten Welten, Orte und Menschen entwirft, die faszinierender nicht sein könnten", hieß es in einer Aussendung. Handke "leuchtet die Zwischenräume des Daseins aus und wirft einen behutsamen Blick auf das Fühlen und Denken seiner Figuren. In einem Ton, der schnörkellos und doch einzigartig ist, lässt er uns, die Leserinnen und Leser an seiner Welt und Sprache teilhaben", betonte Van der Bellen." Wir haben Peter Handke viel zu verdanken. Ich hoffe, er weiß das."
"Höchst verdient und eine würdige Anerkennung für ein literarisches Ausnahmetalent" ist Handkes Nobelpreis für Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und Kulturminister Alexander Schallenberg. "Handke hat Generationen von Leserinnen und Lesern bewegt", hieß es in einer Aussendung. "Durch eine unglaubliche Fülle an Werken sowie seine unvergleichbare poetische Sprache habe Handke dem 'Gewicht der Welt' Ausdruck verliehen", meinten der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (beide SPÖ)."Für sein unermüdliches Schaffen und sein Insistieren auf differenzierte Wahrnehmung von dem, was uns umgibt, müssen wir ihm dankbar sein."
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