Rotes Kreuz organisiert nun Iseltaler Notärzte
Opposition kritisiert neues „Pilotprojekt“ von Landesrat Tilg scharf.
Verglichen mit den Modellen für die notärztliche Versorgung des Iseltales, die in den letzten Monaten die Runde machten, klingt die nun kolportierte und ab Mitte Oktober aktivierte Lösung erstaunlich simpel. Nicht mehr das Notarzt-Kollektiv rund um Gernot Walder, das in den vergangenen Jahren in allen Osttiroler Seitentälern die notärztliche Versorgung organisierte und auch nicht der Hubschrauber-Unternehmer Roy Knaus, den der Matreier Bürgermeister Andreas Köll sich wünschte, sondern das Rote Kreuz Tirol koordiniert künftig die Einsätze. Die Rettungsorganisation stellt dafür rund um die Uhr sowohl ihre Matreier Räume als auch ein Fahrzeug samt ausgebildetem Notfallsanitäter zur Verfügung.
Damit die neue Lösung auch politischen Glanz bekommt, wird sie von der Landesregierung unter dem klingenden Titel „Mobile Notfalleinheit Matrei/Osttirol“ verkauft und zum „Pilotprojekt“ erklärt, das zudem recht gut dotiert ist: Bis zu 515.000 Euro könnten aus dem Landesbudget bis Ende Juli 2020 in dieses Projekt fließen – wohlgemerkt zusätzlich zu den bereits budgetierten Notarzt-Honoraren für diesen Zeitraum. Andreas Huber, Büroleiter des zuständigen Landesrates Bernhard Tilg spricht von einem Rahmenbudget: „Das ist die im Konzept des Roten Kreuzes als maximaler Rahmen genannte Summe“. Bezahlt werden sollen damit „besonders qualifizierte Ersthelfer“ samt speziell ausgestattetem Fahrzeug. In der Presseaussendung des Landes liest sich deren Jobbeschreibung so:
„Neben der Ausbildung zum Notfallsanitäter sind umfangreiche Kenntnisse über die rettungsdienstliche Einsatzleitung sowie eine langjährige rettungsdienstliche Erfahrung die wesentlichen Merkmale des Notfallsanitäters in seiner Funktion als mobile Notfalleinheit. Er wird über die Leitstelle Tirol GmbH alarmiert und sorgt – gegebenenfalls gemeinsam mit einem Notarzt – für die Erstversorgung des Patienten.“ Zwischen den Bindestrichen liest man heraus, dass man beim Land hofft, dass ein geschulter Ersthelfer „gegebenenfalls“ ärztlichen Einsatz auch überflüssig macht.
Dennoch muss auch das nun etablierte System rund um die Uhr auf Notärzte zugreifen können, um als vollwertige Notarztversorgung zu gelten, Pilotprojekt hin oder her. Genau an dieser Frage entzündete sich ja Anfang des Jahres der bittere Streit um die Versorgung im Iseltal.
Andreas Köll, nicht nur Bürgermeister sondern auch Obmann des Krankenhausverbandes und seine rechte Hand Primar Andreas Mair, zuständig für die Notarztkoordination im BKH Lienz, zweifelten an der Einsatzfähigkeit von Gernot Walders Notarztverband und brachten Roy Knaus und dessen Firma Heli Tirol in Stellung. Die Opposition vermutet dahinter einen Deal, bei dem es eher um das große Geld als um die Versorgung der Bevölkerung ging. Schärfster Kritiker ist Markus Sint von der Liste Fritz, der auch für die Landtagssitzung am 9. Oktober eine Anfrage vorbereitet.
Sint sieht die Sachlage so: „Walder und Co. waren das Bauernopfer für einen politischen Deal zwischen Landesrat Tilg und Köll. Tilg konnte für seine Spitalsreform 56 Betten im BKH Lienz streichen und Köll sollte einen ganzjährig stationierten Hubschrauber der Knaus-Flotte in seiner Gemeinde bekommen. Deal perfekt, Bevölkerung egal! Aber für beide ist die Rechnung nicht aufgegangen, weil im Zuge des daraufhin ausbrechenden Hubschrauber-Luftkampfes Knaus gezeigt hat, dass es ihm weniger um den Osttiroler Standort als mehr um wirtschaftliche Einsatzgebiete in Nordtirol geht. Die Heli Tirol von Knaus stellt den Hubschrauberbetrieb mit 15. Oktober ein, die Landärzte um Dr. Walder sind ausgebootet, andere Notärzte nicht vorhanden.“
Ob und welche Notärzte und Notärztinnen im nun etablierten System mitmachen, ist tatsächlich noch weitgehend offen, allerdings gibt man sich beim Roten Kreuz optimistisch: „Im Moment sind wir dabei, Ärztinnen und Ärzte zu kontaktieren. Ziel ist, dass alle mitmachen, die Notärzte von Heli Tirol, vom ÖAMTC und aus dem Pool von Gernot Walder,“ erklärt Stephan Hofmann, Rotkreuz-Bezirkssprecher in Osttirol. Vorläufig stehen Franz Krösslhuber und Andreas Kreiger zur Verfügung, die sich ebenfalls auf Kollegensuche begeben. Andreas Huber im Innsbrucker Landhaus ist ebenfalls optimistisch: „Alle, die Interesse haben, werden wir berücksichtigen. Wir haben Signale aus allen Richtungen.“
Im Frühjahr wird es eine Evaluierung geben. Weil 2020 generell ein neuer Rettungsdienstvertrag ausgehandelt wird, will man sich beim Land auf keinen längeren Zeitraum festlegen. Für Oppositionspolitiker Markus Sint bleibt der Spielraum der Landesregierung aber klein: „Die Tiroler Steuerzahler zahlen die Zeche für ein politisches Totalversagen. Und diese Rechnung für die Steuerzahler ist gewaltig. Mit 515.000 Euro lässt sich die Rettungsdienst Gesellschaft von der schwarz-grünen Landesregierung ihren Noteinsatz abgelten. Landesrat Tilg hat keine andere Wahl und keinen anderen Anbieter, er muss jetzt diese Summe aufbringen. Er hat sich politisch in eine Sackgasse manövriert!“
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Ein Posting
Nichts gegen die unersetzliche Arbeit der Notfallsanitäter als TOP ausgebildete Ersthelfer. Aber wenn ich einen medizinischen NOTfall habe, wäre ich doch sehr froh, wenn ein Arzt sich um mich kümmert - nicht nur gegebenenfalls...
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