Wahlkampfthema Wohnen zum Auftakt im Nationalrat
Rendi-Wagner kritisiert Meinungsschwenk der ÖVP bei Maklerprovisionen.
In der letzten Sitzung vor der Nationalratswahl ist die Aktuelle Stunde als Wahlkampfbühne genützt worden. Die SPÖ gab das Thema "Runter mit den Mieten - neues Wohnrecht für leistbares Wohnen" vor und ortete vor allem bei Türkis-Blau in den vergangenen 18 Monaten Versäumnisse. ÖVP, FPÖ und NEOS wiederum sprachen den SPÖ-Vorschlägen ihre Wirksamkeit ab, bzw. sehen diese als kontraproduktiv.
In wenigen Tagen werde gewählt, so SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Und zum Thema Wohnen sei in den vergangenen 18 Monaten "wenig geredet und wenig bis gar nichts getan" worden. Kritik übte sie am "plötzlichen Meinungsschwenk" der ÖVP bei der Abschaffung der Maklerprovisionen. ÖVP, FPÖ und auch NEOS hätten vergangene Woche gegen einen entsprechenden SPÖ-Vorschlag gestimmt. Wohnen dürfe "kein Luxus" und kein Spekulationsobjekt sein. Die SPÖ stehe für die Abschaffung der Steuer auf Mieten, der Maklergebühren und für Strafen bei Mietwucher, meinte Rendi-Wagner: "Schaffen wir endlich ein zeitgerechtes, modernes Mietrecht." Zudem müsse der öffentliche Wohnbau gefördert werden, der private Wohnungsmarkt sei der größte Preistreiber.
Die SPÖ-Vorschläge sind nach Meinung des ÖVP-Wohnbausprechers Johann Singer kontraproduktiv. In jedem Land, in dem Mietzinsobergrenzen gelten, sei die Bauleistung zurückgegangen. Schon die Ankündigung sei vielfach ausreichend gewesen, dass sich Anleger aus dem Wohnungsmarkt zurückzogen, so Singer: "Österreich darf diesen Fehler nicht machen." Die Politik müsse Anreize schaffen, dass mehr gebaut wird. Diesbezüglich verwies Singer etwa auf die mit der FPÖ beschlossene Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes.
Ähnlich sah es FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl: Die Abschaffung der Umsatzsteuer auf Mieten wäre durch den gleichzeitigen Wegfall des Vorsteuerabzugs kontraproduktiv. "Frau Rendi-Wagner, sie mögen eine gute Ärztin sein, aber bitte hören sie auf, bei der Wohnpolitik herumzudoktern", feixte Schrangl. Aus Sicht der Freiheitlichen brauche es etwa einen "Österreicher-Bonus" für Familien auf Wohnungssuche, auch im Gemeindebau. Denn eine öffentlich geförderte Wohnung soll erst am Ende der Integration stehen.
NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker machte vor allem die Nullzinspolitik der EZB dafür verantwortlich, dass die Immobilienpreise "weiter hinaufschießen". Die von der SPÖ ins Treffen geführte "Mietensteuer, gemeint ist Umsatzsteuer auf Mieten", so Loacker, würde zum Gegenteil führen. Und Mietzinsbeschränkungen würden in Wahrheit weniger Bautätigkeit nach sich ziehen. Es brauche aber private Investoren, weil öffentliche der Nachfrage nicht nachkommen. Die NEOS fordern zudem ein Einkommensmonitoring bei Sozialwohnungen.
Das Thema Wohnen eigne sich offenbar ideal für den Wahlkampf, so Wolfgang Zinggl (JETZT). Aber so lange es Parteien wie ÖVP, FPÖ und NEOS gebe, die davon ausgehen, dass die Preise nicht hoch genug seien, "wird sich da gar nichts ändern". Die Österreicher müssten mittlerweile die Hälfte ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben, und die Immobilienbranche verdiene sich "eine goldene Nase".
Vizekanzler und Justizminister Clemens Jabloner betonte, dass seit Jahren ein Ansteigen der Wohnungskosten zu beobachten sei. Besonders in Städten bleibe das Angebot hinter der Nachfrage. Diesen Entwicklungen könne die Politik nicht gleichgültig gegenüber stehen. Etwa brauche es ein möglichst einheitliches Mietrecht. Man dürfe das Thema Wohnen nicht dem freien Markt überlassen. Die Gestaltung des Mietrechts sei eine fundamentale politische Frage.
Weitere Themen im Nationalrat werden die Absegnung des umstrittenen Gewaltschutzpakets und der Ökostrom-Novelle sein. Zudem wird ein Rechtsanspruch auf Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit etabliert.
Der Antrag auf Verankerung einer Schuldenbremse in der Verfassung wird zwar die nötige Mehrheit bekommen, droht aber im Bundesrat an der Veto-Möglichkeit von Rot-Grün zu scheitern. Für zünftige Debatten sorgen dürften auch die Abschlussberichte zu den U-Ausschüssen in Sachen BVT und Eurofighter.
Für etliche Abgeordnete wird es die letzte Sitzung überhaupt sein. Nicht mehr kandidieren etwa wird die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ). Auch die frühere OGH-Präsidentin Irmgard Griss (NEOS) und der SP-Justizsprecher Hannes Jarolim scheiden aus dem Nationalrat aus.
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