ORF-Duelle mit emotionalem SPÖ-ÖVP-Zweikampf
Rendi-Wagner und Kurz schenkten sich nichts und fanden kaum Gemeinsamkeiten.
Die Spitzenkandidaten von ÖVP, SPÖ, FPÖ, NEOS, Liste JETZT und Grünen haben sich am Mittwoch zum dritten und letzten Mal in diesem Wahlkampf bei 1:1-Konfrontationen im ORF-Studio duelliert. Die Diskussionen verliefen teils freundschaftlich mit der Suche nach Gemeinsamkeiten, teils sehr angriffig – wie etwa beim Aufeinandertreffen von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz.
Das letzte Duell des Abend war mit Abstand das härteste – und wohl nicht umsonst als Finale gewählt. Rendi-Wagner startete damit, dass sie zum wiederholten Mal den Misstrauensantrag gegen Kurz und seine Regierung verteidigte. Anfangs betonte sie noch, es gebe eine persönliche "sehr höfliche" Ebene zwischen ihr und dem Altkanzler. Doch dann wurde es emotional: Kurz habe ein freundliches Gesicht, wenn die Kamera eingeschaltet ist, sagte Rendi-Wagner. Aber er habe auch ein anderes Gesicht, das erst zum Vorschein komme, wenn die Kameras weg sind.
Auch „in der Sekunde nach dem Ibiza-Video“ habe Kurz „nur an sich selbst gedacht und nicht an die Zukunft von Österreich“, warf sie dem Parteichef vor. „Das hat jetzt alles getoppt“, antwortete Kurz darauf – mit dem Hinweis, dass Verschwörungstheorien normalerweise eher aus der FPÖ kommen würden. Die Anschuldigungen seien „absurd“, die "Einleitung war so ziemlich das skurrilste, das ich im Wahlkampf erlebt habe", zeigte sich Kurz überrascht.
Trotz aller Angriffslust schlossen weder Rendi-Wagner noch Kurz eine Zusammenarbeit auf politischer Ebene aus. Die SPÖ-Chefin wolle „professionell“ arbeiten. Kurz sei „sehr jung, er kann ja noch was lernen“, sagte sie. Kurz meinte, es gebe sehr wohl Gesprächsebenen, aber inhaltlich sehr große Unterschiede zwischen ÖVP und SPÖ – vor allem in der Migrationspolitik und beim Umgang mit dem politischen Islam. Kurz nannte als oberstes Ziel eine konsequente Linie gegen illegale Migration, während sich Rendi-Wagner für ein Österreich, das sozial stark ist, einsetzt. Einziger Konsens der beiden: Für ein besseres Gesundheitssystem brauche man mehr Geld.
Im ersten Duell des Abends zwischen NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und FPÖ-Chef Norbert Hofer war es davor ebenfalls zur Sache gegangen. Hofer lobte erneut die türkis-blaue Koalition und sagte: „Wir haben in dieser Regierung keine Schulden gemacht“. „Sogar ein Hydrant hätte dieses Budget zusammengebracht“, konterte Meinl-Reisinger mit Blick auf die positive Wirtschaftsleistung, die der Regierung in die Karten gespielt habe.
Ein Hickhack entwickelte sich auch beim Thema Parteispenden. Hofer bekräftigte, er wolle dem Rechnungshof (RH) keinen Einblick in die Parteifinanzen gewähren - und wenn, dann solle dieser gleich alle Medien mitprüfen, sagte er. Die FPÖ habe ihren Schuldenstand zuletzt bekanntgegeben, außerdem gebe es "keine Zuwendung von irgendeinem Verein an die FPÖ", so Hofer. "Sie finanzieren sich über Haselsteiner", warf er den NEOS vor, Meinl-Reisinger konterte mit Verweis auf das Ibiza-Video und dem "wichtigen Thema Korruption", was Hofer nur ein Augenrollen kostete.
In die Konfrontation mit Peter Pilz von der Liste JETZT schickte die SPÖ ihren Vize-Klubchef Jörg Leichtfried. Die beiden unterhielten sich anfangs wie gute, alte Freunde, zelebrierten das Du-Wort und sprachen einander mit ihren Vornamen an. Die beiden betonten Gemeinsamkeiten, wie etwa beim bedingungslosen Grundeinkommen. Pilz fordert zwar kein allgemeines bedingungsloses Grundeinkommen, sondern eines im Alter und eines für Kinder - um Alters- und Kinderarmut zu verhindern. "Da sind wir gar nicht so weit weg", sagte Leichtfried und sprach auch den von der SPÖ geforderten Mindestlohn von 1.700 Euro an.
Unterschiedliche Positionen zwischen Pilz und Leichtfried gab es bei der Lebensmittelproduktion. Pilz kritisierte, dass ein Drittel der klimaschädlichen Emissionen aus der Tierproduktion komme, deswegen möchte er auf regionale Bio-Landwirtschaft setzen. Außerdem verlangte er die Einführung einer Mehrwertsteuer auf Fleisch und eine CO2-Steuer. In diesem Punkt nahm Leichtfried die EU in die Pflicht - und so wurde es am Ende doch noch etwas emotionaler: "So kenne ich die SPÖ seit 20 Jahren", sagte Pilz. "Aber wenn wir immer auf Brüssel warten, wird es oft zu spät sein", meinte er. Leichtfried konterte mit der Frage, ob es nicht die SPÖ gewesen sei, die den öffentlichen Verkehr in den letzten Jahren so gut ausgebaut habe. "Halte diese Reden am Parteitag", wies Pilz ihn in die Schranken.
Vor allem um Lehre und um Bildung ging es im Aufeinandertreffen von NEOS-Chefin Meinl-Reisinger mit ÖVP-Chef Kurz. Der türkise Parteichef verteidigte die von ihm geforderte "pragmatische Lösung" für Altfälle von Asylwerbern in Lehre. Die ÖVP-Linie sei, dass Asylwerber in Zukunft erst in Lehre gehen dürfen, wenn sie einen positiven Asylbescheid haben. Schließlich wolle man "die Zahl jener, die zu uns kommen, reduzieren und sie nicht auch noch anlocken", so Kurz. Meinl-Reisinger plädierte für "Ausbildung statt Abschiebung". Asylwerber sollten ihre Lehre auch bei einem negativen Bescheid fertig machen dürfen und danach sogar noch ein, zwei Jahre bleiben dürfen, weil Unternehmer ja auch in die Lehrlinge investieren würden.
Der Vorwurf von Kurz, die NEOS hätten den Deutschklassen nicht zugestimmt, wurde von Meinl-Reisinger quittiert mit: "Es ist nicht die Aufgabe der Opposition, die Regierungsarbeit zu bejubeln". Auch die Einführung der Ziffernnoten kritisierte sie. Da half auch Kurz' Aussage "Meine Mutter ist Lehrerin" nichts, Meinl-Reisinger hielt die Ideen der NEOS in Sachen Bildung für die "besseren Vorschläge".
Im Gespräch zwischen FPÖ-Chef Hofer und dem Grünen Werner Kogler ging es vor allem um das Bundesheer. Kogler ist der Ansicht, das Bundesheer müsse auf ein absolut notwendiges Maß reduziert werden. Mehr Geld sollte es für den Katastrophenschutz geben, für die Bekämpfung von Cyberkriminalität und für internationale friedenserhaltende Einsätze. Der Grünen-Spitzenkandidat sieht keinen zusätzlichen Bedarf bei der Ausrüstung wie etwa bei Panzern - und holte zum Rundumschlag gegen die Eurofighter aus: "Wenn es nach uns gegangen wäre, wären die Eurofighter nie angeschafft worden", sagte er. "Da ist ja das Schmiergeld schon auf den Flügeln draufgepickt", beschwerte er sich und beklagte: "Wir haben Luft-Ferraris gekauft, obwohl wir nur einen Kleinwagen gebraucht hätten".
Hofer möchte ebenfalls mehr Geld für Cybersicherheit und Katastrophenschutz und vor allem auch Mittel für die Miliz, sagte er. Mit dem Geld, das in einem Bericht vom Dienstag für das Bundesheer gefordert wird, könne man jedoch sinnvollere Projekte unterstützen, konterte Kogler. "Ein Prozent des BIP hätte ich gern einmal für den Klimaschutz", sagte er. Man könne nicht einfach Klimaschutz gegen das Bundesheer tauschen, wischte Hofer den Gedanken vom Tisch und stellte klar: "Wir werden an einer Koalition nicht teilnehmen, wenn das Bundesheer nicht ordentlich finanziert wird".
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