ÖVP/FPÖ Gewaltschutzpaket fällt bei Experten durch
Rechtsanwälte und Richter sehen „gefährlichen Rückschritt“ in „Law-and-Order“-Politik.
ÖVP und FPÖ wollen ihr in Koalitionszeiten vereinbartes „Gewaltschutzpaket“ noch vor der Nationalratswahl im Parlament beschließen. Bei Richtern, Rechtsanwälten, Opferschützern und dem Verein Neustart stößt dies auf Widerstand. Der vorliegende Entwurf beinhalte Verschlechterungen für Opfer und die öffentliche Sicherheit, heißt es in einem gemeinsamen Papier.
Mit der nun per Initiativantrag eingebrachten Gesetzesnovelle soll es zu Strafverschärfungen bei einer Reihe von Gewalt- und Sexualdelikten kommen. Doch dafür bestehe objektiv kein präventiver Bedarf, heißt es in dem an die Fraktionen versandten Papier von Richtervereinigung, Rechtsanwaltskammer, Neustart, Weißer Ring und dem Bundesverband der Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen.
Im Gegenteil: Die Praxis zeige, dass der schonendere Umgang der Gerichte mit jüngeren Erwachsenen zum Rückgang von Widerverurteilungen geführt habe. Nun sollen aber härtere Strafen vorgegeben werden, wodurch mit einer höheren Rückfallquote zu rechnen sei. „Mehr Rückfälle bedeuten mehr Opfer, weniger Sicherheit und weiter steigende Kosten“, so die Warnung.
Bei Sexualdelikten seien alleine in den vergangenen zehn Jahren fünf Novellen beschlossen worden, in denen Straftatbestände ausgeweitet und Strafdrohungen erhöht worden seien. Auch hier bestehe kein Bedarf einer Verschärfung. In Partnerschaften erhöhe sich der Druck auf Opfer, keine Anzeige zu erstatten, heißt es.
Rupert Wolff, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK) spricht Klartext: „Wir warnen davor, dieses Gesetzespaket ohne Berücksichtigung der 60 fundierten Stellungnahmen aus dem Begutachtungsverfahren und ohne vorherige Beratungen im Justizausschuss zu beschließen“. Wolff hält das geplante Gesetz für einen "massiven, gefährlichen Rückschritt in vergangene Zeiten". Auch die Experten der entsprechenden Task Force hätten sich klar dagegen ausgesprochen, und selbst Justizminister Clemens Jabloner habe es abgelehnt, diesen Gesetzesentwurf dem Parlament vorzulegen.
Sabine Matejka, Chefin der Richtervereinigung, sieht das ähnlich. Das parlamentarische Begutachtungsverfahren werde zur vollkommenen Farce, wenn der ursprüngliche Begutachtungsentwurf jetzt ohne Änderung beschlossen werde, sagte sie zur APA. Für die Verschärfungen gebe es keine sachliche Begründung, sie dürften nur "Ausdruck einer gewissen Law-and-Order-Politik" sein.
Neben den Strafverschärfungen bringt das Gesetz auch einheitliche Anzeigepflichten für alle Gesundheitsberufe und eine verpflichtende Täterberatung bei häuslicher Gewalt. Der Verband der Gewaltschutzzentren übt auch hier Kritik: Die dafür zuständigen Stellen sollen den irreführenden Namen "Gewaltpräventionszentren" bekommen, was für Verwechslungen von Opfer- und Tätereinrichtungen führen könnte. Der Verband wäre für "GefährderInnenberatungsstelle" oder "Beratungsstelle für Menschen mit Betretungsverbot".
3 Postings
So schaut die Gesetzgebung aus wenn die Populisten am Werk sind. Es wird alles so schön dargestellt und im Hintergrund schütteln die Experten die Köpfe über die Blödheit der Politiker.
Wie oft musste man nach einer Straftat lesen: "auf freien Fuß angezeigt" Man möchte glauben, dass unserer Justiz das wohlbefinden der Täter sehr am Herzen liegt. Die Opfer sind da nur zweitrangig....
Wie oft? Ich weiß es nicht. Wie oft wurde jemand unschuldig verurteilt? Ich weiß es auch nicht. Bei Regierungen, die die Justiz kaputtsparen, die Gesetze ohne ausreichende Begutachtung beschließen, kein Wunder. Solche populistischen Andeutungen und Unterstellungen sind unterste Schublade, und das Markenzeichen derer, die die wählen, die für solche Zustände VERANTWORTLICH sind.
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