Das langgezogene Gebäude hinter dem Sporthotel in der Lienzer Wolkensteinerstraße war früher eine SPAR-Filiale. Jetzt wirkt es von außen so, als würde sich im Inneren nicht mehr viel abspielen. Werbeschilder an der ausgeblichenen, gelben Wand. Verklebte Fenster und Türen. Doch das Innenleben des Gebäudes ist bunter, kreativer und teilweise auch skurriler als man glauben möchte.
Es ist ein heißer Freitagnachmittag, als ich vor dem gelben Haus stehe. Neben einer verklebten Glasschiebetür steht eine zweite Tür halb offen. Ich bin neugierig und mit drei Vereinsgründern verabredet. Kultur ist das Thema. Martin Manfreda und Wolfgang Ladstätter begrüßen mich, dann huscht auch Martin Unterberger herein. Die drei wollen Kultur im Bezirk verbreiten und haben dafür gute Ideen, sagen sie.
Für dieses Vorhaben gründeten die beiden Martins und Wolfgang den Verein Freiraum Dialog. Laut Vereins-Homepage müssten wir uns in diesem Moment in ihrer „Homebase“ befinden. „Nicht ganz“, schmunzelt Martin Manfreda und nimmt mich und seine zwei Gefährten mit ins Freie. Im Gänsemarsch spazieren wir über eine Stiege einige Meter weiter unter die Erde und stehen schließlich vor einer dicken Stahltür. Ich atme buchstäblich auf. Hier unten lässt sich die Sommerhitze aushalten!
Martin sperrt auf, führt mich durch einen dunklen Gang, vorbei an Kellerabteilen mit Holzlatten-Türen. Dass ich auf dem Weg zum „Vereinslokal“ von Kulturliebhabern bin, habe ich in diesem Moment glatt vergessen. Doch dann stehen wir plötzlich in einem Raum, der auch ein Wohnzimmer sein könnte. Teppiche, Stühle mit Kunstfell, Musikinstrumente und eine Bar – da schau her!
Wolfgang macht mir ein Bier auf, wir setzen uns zum Interview an einen kleinen Tisch. „Warum der Name Dialog?“, will ich wissen. „Dialog verbindet, denken wir uns. Und wenn was draus entsteht, umso besser“, erklärt mir das Trio. Seit einigen Jahren nutzen sie die Räumlichkeiten in den Katakomben für ihre Band. Damit wäre auch die Frage geklärt, warum hier so viele Musikinstrumente herumstehen.
Martin Unterberger knabbert an Kürbiskernen, während er das Vereinskonzept erklärt: „Leerstände sollen mit kulturellen Veranstaltungen bespielt werden, so haben die Objektbesitzer die Chance, ihre Räumlichkeiten in einem attraktiven Rahmen potenziellen Mietern und Käufern zu präsentieren.“ Dieses Vorhaben wollen die Jungs in und um Lienz umsetzen. Wolfgang fügt an: „Wir möchten versuchen, den Lienzer Kulturraum vor allem mit Nischenprodukten aus dem Bereich der Kleinkunst anzureichern. Wir sehen uns in erster Linie als Plattform.“
Vereinsobmann Martin Manfreda deutet auf die Instrumente: „Hier unten im Keller stehen zwei Musikstudios zur Verfügung.“ Der Eingangsraum soll für Ausstellungen, Lesungen und Vorträge genutzt werden. Und wie wird man Mitglied bei eurem Verein? Martin lehnt sich zurück und erklärt:
Bisher hat der Verein 15 Mitglieder. Für ihren „Freiraum“ wünschen sich die Initiatoren nun ein reges Wachstum. Mittlerweile ist mein Bier leer, Martin gehen die Kürbiskerne aus und so klettern wir zurück nach oben – in die Hitze. Manchmal lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen. In Zukunft, so wünscht es sich das Trio, sollen möglichst viele Kulturbegeisterte ihre „Homebase“ in der Wolkensteinerstraße besuchen. Mein Resümee: Ein Geheimtipp!
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