Man kann ruhig von einer kleinen Sensation sprechen. In der Nacht vom 9. auf den 10. März wanderte ein junger Biber offenbar mitten durch das nördliche Lienz und ließ sich im winzigen Biotop des Gymnasiums nieder. Warum Sensation? Weil man von Bibern normalerweise nicht mehr sieht als die typischen Spuren, also abgenagte Baumstämme. Das Tier selbst ist sehr scheu und so staunten auch eine Handvoll herbeigeeilter Biologen am Ufer des kleinen Teiches vor der Schule und gaben zu: „Das ist der erste Biber den wir sehen!“
Binnen kürzester Zeit hatte sich am Sonntagnachmittag ein Grüppchen von Menschen um den Tümpel versammelt, Leute von der Feuerwehr, der Schulwart des Hauses, Experten für Tierschutz und Jagd und natürlich Passanten, darunter Kinder, die das Tierchen begeistert beobachteten. Dem Biber schien die plötzliche Popularität nicht nur keinen Stress zu bereiten, im Gegenteil. Er nagte an gelben Stängeln – Biber sind Vegetarier – tauchte gelegentlich im seichten aber trüben Wasser ab und schwamm seine Runden.
Guter Rat war eher am Ufer teuer, weil nicht alle Tage ein Biber in der Stadt auftaucht. Schnell stellte sich heraus, dass die strengstens geschützten Tiere nicht nur nicht gejagt, sondern auch nicht gefangen werden dürfen. Es gibt in Tirol mehrere „Biberbeauftragte“. Von Biologen der Firma Revital und der NAGO informiert, schaltete sich die für Osttirol zuständige Monika Eder-Trenkwalder ein. Roland Rossbacher, Direktor des Gymnasiums und so gesehen „Hausherr“ für den Einwanderer, war im Auto in Nordtirol unterwegs, als ihn Trenkwalder am Telefon erreichte und darüber informierte, dass man eine Genehmigung der Bezirkshauptmannschaft braucht, um einen Biber zu fangen.
Also wurde beschlossen, das Tier in seiner vorübergehenden Bleibe zu lassen und alle weiteren Schritte auf Montag zu vertagen. Sollte der Biber tatsächlich gefangen werden, dann wäre das eine durchaus historische Aktion. Der letzte lebende Biber wurde in Tirol nämlich 1813 gefangen, also vor 206 Jahren! Die Tiere galten seither als ausgestorben und zählen noch immer zu den bedrohten Tierarten Europas, weshalb der Biber und sein Lebensraum nach den Flora-Fauna-Habitat-Richtlinien streng geschützt sind.
Zwei Jahrhunderte nach seiner Ausrottung kehrt der fleißige Landschaftsgestalter jetzt allerdings wieder heim und erobert sich langsam seine früheren Lebensräume in Tirol zurück. In Osttirol werden Biberspuren schon länger in Lavant und Nikolsdorf beobachtet. Freilich ohne dass je ein Tier gesehen worden wäre. Da Biber mit ihrer lebensraumgestaltenden Fähigkeit renaturierend auf Fauna und Flora gewässernaher Habitate wirken, ist ihre Tätigkeit in degradierten Gebieten wie ehemaligen Auen und stark wasserbaulich veränderten Flüssen und Bächen aus der Sicht des Naturschutzes sehr willkommen. Biber schaffen neue Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten und Erlebniswelten für den Menschen.
Ein Erlebnis ist auch das Auftauchen eines Bibers direkt vor den Klassenzimmern einer Schule! Sollte der Nager nicht über Nacht so plötzlich verschwinden wie er gekommen ist, wird es zum Schulbeginn am Montag wohl einen Biologieunterricht der besonderen Art am Gymnasium geben. Und dann dürfte dem Biber wohl eine unfreiwillige Reise in Richtung Nikolsdorf bevorstehen.
Video: Dolomitenstadt/Pirkner
Slideshow: Oliver Stöhr
5 Postings
Wie hieß der Slogan: "Kluge Köpfe gehen ins Gym!" Vielleicht möchte er (oder sie?) sich aber auch nur zum Wettberwerb "Biber der Informatik" anmelden
Und der, der glaubt dass es Zufall ist …….wenn‘s am 1.April wäre...
süßer, kleiner Racker
Nach dem bösen Wolf, das nächste wilde Tier , dass den Mensch in "seinem Lebensraum" stört.
....lieber eingefangen und an einen sicheren Ort in Lavant gebracht, als am Montag Früh eine Flucht im Stress und unter den Rädern eines Schulbusses!
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