WWF kritisiert Tiwag-Pläne an der Schwarzach
Gutachten belegen ökologische Verschlechterungen - „Nagelprobe für Osttiroler Gletscherflüsse“.
Durch die geplante Erweiterung des Tiwag-Kraftwerks an der Schwarzach in Osttirol drohen erhebliche ökologische Verschlechterungen. Zu diesem Schluss kommt die Naturschutzorganisation WWF Österreich angesichts mehrerer kritischer Gutachten, die im Zuge des Bewilligungsverfahrens vorgelegt wurden. Vergleichsfotos von der Schwarzach würden schon jetzt den schädlichen Einfluss des bestehenden Kraftwerks auf die gefährdete Naturvielfalt zeigen, beklagt der WWF. Dennoch plane die TIWAG, künftig noch mehr Wasser abzuleiten.
„Die entscheidende Frage, wie die Osttiroler Gletscherflüsse angesichts von mehreren Kraftwerksprojekten geschützt werden können, wurde nicht beantwortet. Wir brauchen dringend eine Gesamtstrategie für die Wasserkraftnutzung im Isel-Einzugsgebiet“, fordert Gerhard Egger, Fluss-Experte beim WWF Österreich. „Die zunehmenden Unterbrechungen und Ableitungen drohen den gerade erst verankerten Schutz der Osttiroler Naturjuwele auszuhöhlen.“
Die Erweiterungspläne der Betreibergesellschaft Tiwag sehen laut WWF vor, dass künftig an der Schwarzach bis zu 80 Prozent des Wassers abgeleitet werden. Auch die Fließgeschwindigkeit und die Wassertiefe des Flusses würden sich dadurch zeitweise massiv verringern. Zur Kompensation der Schäden sollen unter anderem Tamarisken ausgepflanzt werden. „Wildvorkommen in einem dynamischen Flusslebensraum kann man nicht einfach durch ausgesetzte Pflanzen ersetzen. Die geplanten Begleitmaßnahmen können die Verschlechterungen sicher nicht ausgleichen“, warnt Egger.
Die Umweltorganisation fordert eine bessere Abstimmung zwischen einzelnen Projekten in Osttirol: „Gleich mehrere unabgestimmte Kraftwerksprojekte an den Zubringern Tauernbach, Kalserbach, Schwarzach und Lesachbach bedrohen das einzigartige Gletscherflusssystem der Isel. Der WWF Österreich fordert eine Abkehr von Einzelentscheidungen und eine Gesamtbeurteilung für die Wasserkraftnutzung im Isel-Einzugsgebiet. Nur so kann gewährleistet werden, dass ein attraktives und intaktes Gewässernetz und Natura 2000 Gebiet erhalten bleibt.“
Die Schwarzach ist neben Tauernbach und Kalserbach der wichtigste Zubringer zur Isel und wurde streckenweise als Teil des Europaschutzgebiets „Osttiroler Gletscherflüsse“ ausgewiesen. Im Unterlauf klafft jedoch eine Lücke im Schutznetz. Seit dem Jahr 2007 betreibt die Tiwag dort ein Ausleitungskraftwerk. Auf 4,7 Kilometer Länge verschwindet ein Teil des Wassers in einem Stollen und wird direkt zum Krafthaus abgeleitet. Nach Auslaufen der Förderung soll das Werk jetzt ausgebaut werden. Durch die verstärkte Ableitung des Wassers würde viele Wochen im Jahr nur mehr ein Bruchteil des Wassers im Fluss verbleiben. Aus der Sicht des WWF zeigen die vorgelegten Gutachten klar, dass das zu erheblichen Verschlechterungen führen werde, „mit fatalen Auswirkungen auf das Schutzgebiet flussauf- und abwärts.“
Österreichweit gibt es bereits mehr als 5.200 Wasserkraftwerke. Diese starke Nutzung stelle eine enorm hohe Belastung für die Gewässer dar, warnen mehrere Umweltorganisationen. Nur noch 15 Prozent der heimischen Flüsse gelten als ökologisch intakt. Trotz des hohen Ausbaugrades der Wasserkraft in Österreich gibt es Pläne, hunderte neue Kraftwerke – teils mit hohen Förderungen – zu errichten. Die Umweltverbände, Fischer und viele regionale Naturschützer fordern daher einen Stopp dieses ungeregelten Ausbaus: „Vielmehr braucht es eine Trendwende im Klimaschutz, hin zu konkreten Energiesparmaßnahmen, einer Gesamtstrategie für die ökologisch verträgliche Nutzung erneuerbarer Energiequellen sowie strenge Naturverträglichkeitskriterien bei der Fördervergabe.“
6 Postings
Die Ausleitung der Iselzubringer geht mit der Schwarzach (nach dem Lesachbach, trotz höchster Schutzwürdigkeit) in die nächste Runde. Obwohl die EU-Wasserrahmenrichtlinie besagt, dass es zu keiner Verschlechterung des Gewässerzustandes kommen darf, scheint das der T. Landesregierung und der Tiwag ziemlich egal zu sein. Denn wenn bis zu 80% des Wassers im Rohr verschwinden, wird es davon nicht besser werden.
Abgesehen davon, ist es absolut erstaunlich, dass der Aspekt des Klimawandels beim Ausbau der Wasserkraft einfach nicht thematisiert wird. Wir wissen, dass die Erderwärmung besonders bei uns in den Alpen schneller voranschreitet und unser Wasser immer kostbarer und wichtiger wird. Was, wenn wir unsere Bäche in einigen Jahrzehnten zum Kühlen, zum Bewässern, als Trinkwasser bräuchten, es aber nicht nutzen können, weil wir die Bäche ausgeleitet haben und die Wasserrechte verkauft. Ich fände eine Diskussion dazu im Forum sehr interessant.
Das Kraftwerk der TIWAG an der Schwarzach ist ein so genanntes „Ökostromkraftwerk“. Der Name suggeriert allerdings etwas, was nicht unbedingt den Tatsachen entsprechen muss. Denn in Österreich wird dieser „Titel“ nicht durch besonders umweltfreundliche Planung und Betriebsweise erlangt, sondern durch die Einhaltung der jeweils aktuellen Richtlinien des Ökostromgesetzes.
Zur Zeit der Errichtung des Kraftwerks war jedes Wasserkraftwerk mit einer Leistung unter 10 MW praktisch automatisch ein Ökostromkraftwerk. Nicht zufällig, sondern natürlich genauestens geplant, liegt die Engpassleistung beim seit Jahren in Betrieb befindlichen Kraftwerk bei 9,9 MW. Aber dazu später mehr …
Der Vorteil für den Betreiber eines Ökostromkraftwerks: der erzeugte Strom wird zu einem festgelegten Fördertarif, also über dem Marktpreis, von der OeMAG (Abwicklungsstelle für Ökostrom) übernommen. Diese Förderverträge haben in Österreich eine Laufzeit von 13 Jahren. Die Fördermittel finanzieren die STROMKUNDEN über die Ökostromzuschläge, die zusätzlich zum Strom- und Netzpreis auf der Stromrechnung aufscheinen.
Die 13 „goldenen“ Jahre gehen für das Kraftwerk an der Schwarzach nun bald zu Ende, dann fällt der Fördertarif weg und der Strom ist wieder "ganz gewöhnlich". Nun aber zurück zu den 9,9 MW Kraftwerksleistung: Diese lag ganz bewusst unter der für die genau erhobene Wasserführung des Flusses möglichen Höchstleistung. War das Kraftwerk also bisher wirklich ein bisschen öko?
Damit soll aber nun bald Schluss sein: Mit dem Ende der Fördervertrags fällt die Beschränkung der Kraftwerksleistung. Es war schon immer geplant, das Kraftwerk zu erweitern, dann auf die maximal mögliche Wassermenge. Alle Bauwerke wie Wasserfassung, Entsandungsanlage, usw. wurden schon dafür errichtet, ebenso die Treibwasserleitung.
Die Ausbaupläne sind derzeit im Genehmigungsverfahren. Ein Zubau zum bestehenden Krafthaus soll einen zusätzlichen Maschinensatz aufnehmen, der auch jenes Wasser „abarbeiten“ kann, das bisher noch im Flussbett fließen durfte. Eh nur im Sommer, wenn die Schwarzach viel Wasser führt, denn im Winter ist der vorhandene Maschinensatz für die geringen Abflussmengen schon mehr als groß genug.
Somit wird hauptsächlich im Sommerhalbjahr mehr Strom produziert werden können, wenn der Preis an der Strombörse am niedrigsten ist – wegen geringer Nachfrage. Weil aber einige wesentliche und kostspielige Teile für die Erweiterung schon bestehen, wird sich das Projekt wohl doch rechnen. Außerdem kann bei der OeMAG, bei der die TIWAG übrigens über ihre Tochter TINETZ Miteigentümer ist, eine Investitionsförderung beantragt werden.
Erfahrungsgemäß müssen Projektwerber für Wasserkraftwerke in Österreich nicht mit allzu viel Gegenwind rechnen. Wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung ein schlechtes Ergebnis ausweist, gibt es ja das „öffentliche Interesse“. Für die „Sicherstellung der Stromversorgung“ dürfen dann von der zuständigen Behörde auch nachweislich negative Folgen für die Umwelt in Kauf genommen werden. Zur Milderung dieser Folgen können allerdings per Bescheid Ausgleichsmaßnahmen vorgeschrieben werden.
Offenbar ist sich die TIWAG dessen bewusst, denn schon im Zuge der Einreichung wurden freiwillig Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagen. Wie allerdings der Ausgleich „Standorttypischer Uferbewuchs gegen Wassermenge im Fluss“ den Lebewesen in der Schwarzach nützen soll, denen das Wasser abgeleitet wird, konnte mir noch kein Botaniker, Biologe oder Limnologe beantworten …
danke für die darstellung, auch wenn der sachverhalt längst bekannt war. wenn nun im sommer mehr pumpstrom produziert werden kann, mit dem speicherseen für winterenergie gefüllt werden können, hab ich nichts dagegen. die vielen wärmepumpen und nun auch bald die e-autos brauchen diese energie als ersatz für öl und treibstoffe, denn mit solarstrom kann dieser bedarf auch bei gegenteiliger behauptung bei weitem nicht gedeckt werden. vor allem beim emsigen ziel, in tirol im jahre 2050 energieautark zu sein.
die genehmigung der vorgesehenen kraftwerkserweiterung an der schwarzach erfolgt nach den gesetzlichen bestimmungen, wie überall anderswo auch. die vorgesehenen ausgleichsmaßnahmen nach dem naturschutzrecht verstehen sich als kompensationsmaßnahmen für notwendige eingriffe in geschützte güter. das betrifft sowohl den lebensraum der tier- und pflanzenwelt und auch des menschen (landschaftsbild, wahrnehmung ...).
bei der sonnenenergienutzung mit ihren weitum sichtbaren aufbauten auf dächern, fassaden, balkonen und auch im grünland gibt es diese forderung nicht, auch wenn damit die schönsten dorfbilder längst gestört und verschandelt wurden und noch werden. der aberglaube, dass man mit balkonbehangenen blumendekor ausgleich dafür findet, konnte mir allerdings noch kein grüngesinnter mitmensch sauber begründen. verständlicherweise!
herr haidenberger, haben sie sich schon schon einmal gedanken über die energieverschwendung der "öko-fernheizwerke" für die warmwasseraufbereitung im sommer gemacht, die teilweise sogar mit öl erhitztes heisswasser kilometerweit in wärmetauscher pumpen? wär es hier nicht angebrachter, mit einfachen nachtstromboiler und strom aus wasserkraft diesen bedarf verlustfrei zu decken?
zuwenig populär?
@senf Haben Sie die küzlich präsentierte Energiestudie von Uni Innsbruck, MCI und "Wasser Tirol" auch schon gelesen? Da ist von 85% der Dachflächen des Landes für PV-Anlagen die Rede, je nach Szenario auch noch Freiflächenanlagen. Da dürfte in der Sommerzeit auch einiges an Pumpstrom anfallen ...
Ich bin bei weitem nicht mit allen optischen "Lösungen" von bestehenden Solar- und PV-Anlagen glücklich. Ihr Vorschlag für Ausgleichsmaßnahmen - "Blumenbalkone für PV Module" hinkt fast noch mehr als "Tamarisken für fehlendes Wasser im Fluss". Für die Zukunft gäbe es aber die Möglichkeit einer Regelung, am besten vor einem weiteren Wildwuchs wie er bisher leider teilweise stattfindet...
Einig bin ich mit Ihnen ich in Sachen Warmwasserbereitung über Fernwärme im Sommer - bis auf das wort "verlustfrei", denn das ist auch die Stromübertragung von Kraftwerken zum Verbraucher nicht. Da bin aber nicht der richtige Ansprechpartner. Die Stadtwärme Lienz als die mit Abstand größte Anlage des Bezirks wird von der TIWAG betrieben, wie sie richtig feststellen, teilweise auch mit Heizöl ...
herr haidenberger, wie kommen sie denn auf den Unsinn, ich hätte die blumenbalkone vorgeschlagen?
wie wärs mit nutzung der schwarzachstromproduktion für verlässlichen und konstanten pumpstrom, und den einsatz weiterer pv-anlagen als ölersatz zur warmwasseraufbereitung in öko-fernheizwerken im sommer? auch der herr vom kuratorium "rettet den wald" hätte sicher seine freude damit, ebenso die wwf-ler.
übrigens: den unsinn, die sommerliche warmwasserbereitstellung mittels heizöl gibt es nicht nur im FHW lienz, das geschieht auch in einigen anlagen in den tälern osttirols.
warum machen sie das nicht zum grünen anliegen?
Leider ist es so, daß die Politik lieber Großprojekte massiv fördert, als das Geld in den Ausbau der Solarenergie zu stecken. Mit der Förderung von Großprojekten werden offensichtlich einige Günstlinge unterstützt. Mit der Förderung von vielen kleinen Solarprojekten geschieht das nicht.
Da die Wasserkraft in Österreich genügend stark ausgebaut ist, sollte die Unterstützung in eine bisher vernachlässigte Technologie fließen. Die Förderung von Wasserstofftechnik in Verbindung mit Solarstrom könnte unser Land technologisch nach vorne bringen. Schließlich leben wir vom Export von Hochtechnologie. Das sollte so bleiben, denn mit billigen Massenprodukten können wir nicht punkten.
Die Förderung von Solartechnik geht in viele kleine Anlagen und nicht an einen Großkonzern. Wenn die Politiker das nicht entscheiden können, sollen sie halt eine Volksabstimmung über den Einsatz der Fördermittel machen.
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