In der Gezeitenzone der Adria lebt ein Plattwurm, der sich mit einem Klebstoff an den Boden klebt, damit er nicht fortgeschwemmt wird. Er verwendet dazu einen wiederlösbaren zwei-Komponenten-Bio-Sekundenkleber, fanden Innsbrucker Forscher heraus. Sie wollen daraus einen Medizinkleber entwickeln, mit dem man etwa Schnitt- und Operationswunden kitten kann. Die Studie erschien im Fachmagazin "Pnas".
Wie klebt man sich auf Sand fest um nicht von Wellen weggespült zu werden? Der 1,3 Millimeter kleine „Lignano-Plattwurm“ weiß es. Foto: Wikicommons
Die heute in der Medizin verwendeten Klebstoffe wie Cyanacrylat-Superkleber sind teils giftig und krebserregend, erhitzen sich beim Aushärten und haften nicht besonders gut auf feuchtem Körpergewebe. Deshalb suchen Forscher weltweit nach Alternativen in biologischen Organismen, die sich irgendwo anhaften. Peter Ladurner vom Institut für Zoologie der Universität Innsbruck inspizierte dazu mit Kollegen die Haftorgane, die ein 1,3 Millimeter kleiner Plattwurm namens "Macrostomum lignano" am Schwanz trägt. Sie enthalten Bläschen mit Klebstoff und Lösemittel, damit sich der kleine Kerl an Sandkörnern befestigen kann und davon auch wieder loskommt.
Der Klebstoff besteht aus zwei Komponenten, berichten die Forscher, und zwar aus den Eiweißstoffen "Mlig-ap1" und "Mlig-ap2". Mlig-ap2 ist die eigentliche Klebesubstanz, die der Wurm quasi auf die Oberfläche aufträgt, an der er anhaften möchte. Mlig-ap1 verbindet das aufgebrachte Mlig-ap2 mit fadenförmigen Zellfortsätzen (Mikrovilli), die das Tier am Haftorgan trägt, erklärte Ladurner der APA. Indem er irgendeine kleine, negativ geladene Substanz ausscheidet, die die Haftfähigkeit von Mlig-ap1 verringert, kann der Wurm die Verbindung wieder lösen.
Weil der Wurm und seine Haftorgane winzig sind, konnten die Forscher ihm nicht direkt Kleber entnehmen und die Zusammensetzung analysieren. Sie sequenzierten deshalb zunächst alle seine Gene. Dann amputierten sie bei einigen Würmern die Schwanzplatte und untersuchten, welche Gene in den übrig gebliebenen Körperteilen aktiv sind. Von rund 100.000 waren dies 99.700, so Ladurner. Es blieben also 300 übrig, die nur in der Schwanzplatte wichtig sind, erklärte er. Die Forscher analysierten, in welchen Schwanzzellen diese 300 Gene abgelesen werden. 298 davon waren vorwiegend in den Reproduktionsorganen angeschaltet und nur zwei in den Klebezellen. Dies waren die beiden Komponenten des Bio-Sekundenklebers Mlig-ap1 und Mlig-ap2.
Unklar ist noch, welche Teile der recht großen Eiweißstoffe wirklich für das Kleben zuständig sind. Die Forscher wollen nun Teile davon herauspicken, einzeln auf eine Trägersubstanz aufbringen und testen. Aus den aufs Wesentliche reduzierten Mlig-ap1- und Mlig-ap2-Teilen wollen sie schließlich einen Klebstoff für medizinische Einsatzmöglichkeiten entwickeln.
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