Die meisten Drogenopfer sterben an Medikamenten-Mix
Nur ein Fünftel der Drogentoten in Kärnten haben Heroin oder Kokain im Blut.
Nur ein Fünftel der Kärntner Drogentoten der vergangenen Jahre hatte illegale Drogen wie Heroin oder Kokain im Blut. Das sagte Primar Wolfgang Wladika, Vorstand der Abteilung für Neurologie und Psychiatrie des Kinder- und Jugendalters, am Freitag nach einer Sitzung des Kärntner Suchtbeirats vor Journalisten. In Kärnten ist die Anzahl der Drogentoten zuletzt massiv angestiegen.
Opiate, Benzodiazepine, Antidepressiva - offenbar werden unter dem Druck der Sucht Substanzen "wahllos" eingenommen, sagte der Arzt. Wladika hat rund 50 Fälle analysiert, auffällig war für ihn der hochgradige Mischkonsum. In den Obduktionen und toxikologischen Untersuchungen wurden bis zu 13 verschiedene Stoffe pro Fall nachgewiesen. Wladika hat sich auch die Krankengeschichte der Toten angeschaut. Viele hatten psychiatrische Diagnosen und lange Krankheitsverläufe. Allerdings standen nur 60 Prozent in Kontakt zur Suchthilfe. Bei einigen fielen dem Arzt auch häufige Verletzungen durch Sturzgeschehen auf, was ein Hinweis auf einen Suchthintergrund hätte sein können. Weniger als 20 Prozent der Toten waren in einem Substitutionsprogramm.
Auch Gottlieb Türk, der Leiter des Landeskriminalamts, legte eine Analyse der Todesfälle vor. Er bezog sich auf die mittlerweile 22 Toten im laufenden Jahr. Laut Türk waren 90 Prozent Österreicher, 80 Prozent Männer und fast keiner von ihnen ging einer Beschäftigung nach. Ein Drittel war zuvor straffällig geworden, aber nur zehn Prozent im Zusammenhang mit Suchtgift. Alle haben sich die Substanzen selbst verabreicht, überwiegend verschreibungspflichtige Medikamente. Den klassischen "Goldenen Schuss" gebe es heute nicht mehr, sagte Türk.
Laut Wladika bezogen die Süchtigen einen wesentlichen Teil der Medikamente über den Schwarzmarkt. Über diesen sei aber nur wenig bekannt, sagte Türk. Bei Einbrüchen in Apotheken und Arztpraxen gebe es eine "leicht steigende Tendenz". Es gebe aber auch die Praxis, dass sich Patienten bei Ärzten höhere Verschreibungen erschleichen, um die Medikamente dann weiterzuverkaufen. Bei Substitutionsmitteln hat Kärnten laut Wladika eine restriktive Verschreibungspraxis, andere Bundesländer seien da "legerer". Es würden aber bestimmt auch viele Medikamente aus dem Ausland nach Österreich geschmuggelt. Substanzen aus dem Internet spielten nur bei einzelnen Kärntner Drogentoten eine Rolle.
Wladikas Ansatzpunkt wäre es, mehr gefährdete Patienten in ein "Behandlungssetting" zu bekommen, um sie möglichst stabil zu halten. Ursächlich für Sucht seien meist schwere Traumata in frühester Kindheit. Im Auftrag von Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) wurde eine Broschüre über die Verschreibung von Benzodiazepinen, Beruhigungsmittel mit hohem Suchtpotenzial, erstellt. Sie soll als Beilage mit der nächsten Ärztezeitung verschickt werden.
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