Seilbahn-Debatte: Grenzwertig oder alternativlos?
Im Tiroler Landtag wurde einmal mehr über die Seilbahngrundsätze diskutiert.
Die kontrovers geführte Debatte rund um das neue Tiroler Seilbahn- und Skigebietsprogramm (TSSP) hat am Donnerstag ihre Fortsetzung im Tiroler Landtag erfahren. Die Ansichten reichten von "Grenzen setzen" bis hin zur "Alternativlosigkeit" des Tourismus. Im Fokus vereinzelt scharfer Oppositionskritik: Die Grünen, Regierungspartei in Tirol.
Die Seilbahngrundsätze harren weiter eines Beschlusses. Schwarz-Grün hatte zuletzt die Stopp-Taste gedrückt – nachdem unter anderem Umweltorganisationen gegen das Konzept mobil gemacht hatten. Sie befürchten eine "Erschließungswelle" durch die neuen Grundsätze. Nun will die Landeskoalition einen "Diskussionsprozess" starten.
"Tirols Wirtschafts- und Tourismusstandort im Spannungsfeld zwischen Seilbahngrundsätzen, Natur- und Umweltschutz" lautete der Titel der von der FPÖ beantragten "Aktuellen Stunde", mit dem dieser Diskussionsprozess nun quasi "eingeleitet" wurde. FPÖ-Chef Markus Abwerzger schoss sich sogleich auf die Grünen ein. "Die überspitzte Debatte der vergangenen Wochen haben wir nur den Grünen zu verdanken. Wir brauchen keine grünen Scharfmacher", erklärte Abwerzger. Dass nun von einzelnen Proponenten der Öko-Partei gegen das Seilbahnprogramm mobil gemacht werde, habe einzig und allein damit zu tun, dass die Grünen bei den Regierungsverhandlungen mit der ÖVP eine "komplette Niederlage" erlitten hätten, so der blaue Klubobmann. "Ihr wollt nur ablenken, weil ihr vorgeführt worden seid", so Abwerzger in Richtung seines grünen Klubobmann-Kollegen, Gebi Mair.
Der FPÖ-Chef sprach sich für einen "ökologisch-sinnvollen und nachhaltigen Tourismus" und gegen Neuerschließungen von Skigebieten aus. Bilder wie jene aus Kitzbühel im heurigen Oktober, auf dem ein Schneeband inmitten einer grünen Landschaft zu sehen war, seien dem Image von Tirol abträglich. Abwerzger erinnerte aber auch daran, dass das Land pro Jahr rund 6,4 Mrd. Euro Wertschöpfung durch den Tourismus erfahre.
"Die Gäste kommen wegen der unberührten Natur zu uns. Es darf keinen Wintertourismus mit der Brechstange geben", sprach sich auch Grünen-LAbg. Georg Kaltschmid, selbst Hotelier, für ein Umdenken aus. Man müsse "weg vom Streben nach immer mehr", der Tourismus müsse sich den neuen Zeiten anpassen. Der "alte Tiroler Pioniergeist" im Tiroler Tourismus müsse wieder mit Leben erfüllt werden. Kaltschmids Klubchef, Gebi Mair, räumte "unterschiedliche Zugänge" in der schwarz-grünen Koalition ein, was die Definition von "Neuerschließungen" durch Seilbahnen betrifft. In der Bevölkerung gebe es jedenfalls viele, die sagen: "Die Belastungsgrenze ist erreicht", so Mair.
Scharfe Attacken auf Schwarz-Grün ritt Liste Fritz-Abgeordneter Markus Sint. "Die Seilbahner befehlen und die ÖVP liefert. Das ist alte Hinterzimmer- und Drüberfahrerpolitik", prangerte er an. Tirol sei "überdrübererschlossen", sah der Landtagsabgeordnete die Belastungsgrenze bereits lange erreicht. Die neuen Seilbahngrundsätze seien "weich, weicher, windelweich" und würden Tür und Tor für neue Seilbahnen unter dem Titel der Verkehrsverlagerung bedeuten. "Die großen Liftkaiser regieren, die Kleinen krepieren", übte Sint scharfe Kritik. Die Grünen wiederum seien "mutlos, feig und scheinheilig". Zuerst den Koalitionsvertrag unterschreiben und dann in Sachen Seilbahnen jammern, sei "erbärmlich".
Auch SPÖ-Vizeklubchef Georg Dornauer knöpfte sich die Grünen vor – allerdings aus anderer Richtung. Er prangerte deren "ideologisches Gewäsch" an. "Sie würden Tirols Täler am liebsten Bär und Wolf übergeben", richtete er den grünen Kollegen aus. Der Tourismus sei in weiten Teilen des Landes alternativlos. Die ÖVP müsse sich fragen, welchen Koalitionspartner sie sich da eingehandelt habe, der ihr "bei jeder Gelegenheit" in den Rücken falle.
"Die neuen Seilbahngrundsätze sind grundvernünftig", ließ NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer das Plenum wissen. Es müsse aber beispielsweise endlich Schluss sein mit Subventionen des Landes an die Seilbahnwirtschaft. Dies sei "im 21. Jahrhundert nicht mehr notwendig".
Als Hauptredner der ÖVP trat indes der für Raumordnung zuständige Landesrat Johannes Tratter auf. Das zur Debatte stehende Seilbahn-Konzept sei ein "Begrenzungsprogramm", meinte er. Er verwies zudem darauf, dass es kein Ersatz für ein notwendiges Bewilligungsverfahren von Seilbahnen darstelle. Rund 27 Prozent der Fläche Tirols stehe unter Naturschutz, bei weniger als einem Prozent handle es sich um Skipisten. "Ich bin für sinnvolle Zusammenschlüsse und Erweiterungen - aber unter möglichstem Schutz von Natur und Lebensraum", so Tratter.
Am Ende der Debatte meldete sich auch Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zu Wort. "Wir müssen Grenzen aufzeigen und in die Qualität investieren", meinte er zum einen. Zum anderen stehe aber auch fest, dass der Tourismus in Tirol "eine Erfolgsgeschichte" sei. Er verhindere unter anderem Landflucht, so der Landeshauptmann.
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