Jens Olof Lasthein: „Meanwhile Across the Mountain“
Ausstellungseröffnung am 29. September im Kunstraum Café Mitterhofer, Innichen.
Jens Olof Lasthein, geboren 1964, arbeitet seit 1992 als freischaffender Fotograf. Er war in rund 50 Solo-Ausstellungen auf der ganzen Welt vertreten und hat vier Bücher veröffentlicht: „Moments in Between“ über die Balkankriege in den 90ern, die Dokumentation „White Sea Black Sea“ über die Grenzstaaten zwischen Ost- und Westeuropa und „Home Among Black Hills“ mit Bildern von Charleroi in Belgien. Sein viertes Buch „Meanwhile Across the Mountain“ mit Bildern aus dem Kaukasus erschien 2016 und enthält die Fotostrecke aus Abchasien, mit der er 2010 den Leica Oskar Barnack Preis gewonnen hat.
"Meanwhile Across the Mountain | Grenzländer am Kaukasus" wird am Samstag, 29. September 2018 um 19.00 Uhr im Kunstraum Café Mitterhofer in Innichen eröffnet. Zur Vernissage spricht Rupert Larl vom Fotoforum Innsbruck. Die Ausstellung läuft bis 27. November 2018.
Jens Olof Lasthein zur Ausstellung:
„Früher, in den Zeiten der Sowjetunion, war alles besser“. Der Mann, der in Makhachkala, der Hauptstadt von Dagestan, meine Hand schüttelt, strahlt Energie und Erfahrung aus, die er in seinem langen Leben erworben hat. Seine Augen lächeln, er wartet auf die Reaktion des Fremden aus dem Westen. Auf meinen Reisen durch die ehemalige Sowjetrepublik habe ich diesen Satz immer wieder gehört. Im Kaukasus trifft Europa auf Asien, das Christentum auf den Islam, es gibt eine Myriade von Nationen, Sprachen und Kulturen. Für die Normalbürger in der Sowjet-Ära bedeutete der Kaukasus Sonne, Strand, Granatäpfel, reine Bergluft, frei Natur. Es war ein wahres Füllhorn, aus dem exotisches Obst und Gemüse über die Märkte im ganzen Sowjetgebiet ausgeschüttet wurden. Für die Parteielite war es der bevorzugte Platz, um ihre Datschas zu bauen - es war ein Ferienparadies für alle. „Früher war alles besser“, das ist die Sehnsucht nach der „guten alten Zeit“, als jeder eine Arbeit hatte und sich nicht um sein Überleben sorgen musste. Viele vermissen das Gefühl der allgemeinen Ordnung in der sowjetischen Gesellschaft. Aber nur wenige der Menschen, die ich getroffen habe, sehnen sich tatsächlich zurück in die Sowjetzeit. Die sowjetische Überwachungswut und Paranoia werden nicht vermisst. Davon gibt es noch genug im heutigen Kaukasus. Was der Mann aus Makhachkala am meisten vermisst, sind die Freundschaften mit jedem, die Zeiten, wo Nationalität oder Religion der Nachbarn kein Thema war, wo man durch die Sowjetunion reisen konnte, ohne sich um Grenzen und Konfliktzonen zu kümmern. Das ist für ihn der schwerste Verlust.
Der Zerfall der Sowjetunion löste eine große Anzahl von internationalen Konflikten im Kaukasus aus, die meisten sind bis heute ungelöst. Dies schafft eine intensive Atmosphäre von Angst und Verdächtigungen zwischen den Nachbarn, und das spürt man. Einst ein komplexer aber kohäsiver Teil der Sowjetunion, behindern und verhindern nun die Grenzen im Kaukasus den Übergang zwischen den neuen Staaten.
Schon als Kind faszinierte mich im Atlas dieser große dunkelbraune Fleck zwischen zwei Ozeanen. Meine Kindheit in einem vom eisernen Vorhang geteilten Europa weckte meine Neugier für diese Grenzen. Wer sind die Völker, die dort auf der anderen Seite leben? Sind sie anders als wir? Seit den frühen 1990ern reise ich durch Europa, fotografiere und betrachte diesen Fragen aus verschiedenen Blickwinkeln. Im Kaukasus wird die Idee vom Grenzland ins Extreme getrieben. Ich sehe die großen Abgründe, die sich zwischen Völkern auftun, und das verzweifelte Bedürfnis Brücken zu bauen.
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