Soziales Engagement ist für viele Kunstschaffende Verpflichtung und Inspiration. Die aus Dölsach stammende und in Wien lebende Künstlerin Linda Steiner geht über die Thematisierung sozialer Missstände in ihren Arbeiten hinaus und macht die Kunst selbst zum Hilfsprojekt, das zugleich wachrüttelt und konkret in die Lebenswirklichkeit ausgegrenzter Menschen eingreift. „Auf Augenhöhe“ nennt Steiner ihren jüngsten Bildzyklus, der von 27. Juni bis 6. Juli in der Galerie Improper Walls in der Wiener Reindorfgasse im 15. Bezirk zu sehen ist.
Linda Steiner malt Menschen, die auf der Straße leben. Sie geht auf diese Menschen zu, spricht mit ihnen, hört zu und löst damit ein Dilemma, das viele Obdachlose kennen: das buchstäbliche Wegsehen einer Gesellschaft, die nicht nur den Abstand zwischen Arm und Reich vergrößert, sondern auch die öffentlichen Schnittstellen bewusst beseitigt. „Es gibt sehr viele Orte, von denen Bettler und Obdachlose vertrieben werden. Man baut Bänke, auf denen man nicht schlafen kann. Unter den Brücken werden Spitzen in den Asphalt eingelassen.“
Steiner, die auch in der Sozialarbeit engagiert ist, weiß, wovon sie spricht: „Menschen können nicht inkludiert werden, wenn man sie nicht wahrnimmt. Ich will, dass man den Leuten in die Augen schaut – sie sieht. Es ist sehr schwer für mich, auf fremde Menschen zuzugehen. Aber meine bisherigen Erfahrungen waren alle sehr positiv und bereichernd. Ich frage Leute auf der Straße, ob ich sie zeichnen darf, gleich da wo sie sind. Während des Prozesses erzählen sie mir von sich, meistens stelle ich nur wenige Fragen und lasse sie einfach reden.“
Vor diesem Hintergrund ist es konsequent, dass die Künstlerin – Dolomitenstadt-Leser kennen sie aus unserer Heimweh-Serie – ihre Modelle auch zur Vernissage einlädt. „Ich werde versuchen, mit allen in Kontakt zu bleiben. Ich will, dass alle zur Ausstellung kommen und die fertigen Bilder sehen, dabei sind und auch den Platz haben, etwas zu sagen, wenn sie es möchten.”
Die Künstlerin geht auch den konsequenten nächsten Schritt. Wird ein Bild verkauft, teilt sie den Erlös 50:50 mit dem oder der Porträtierten. „Alle, die sich Zeit nehmen, werden von mir für ihre Zeit bezahlt. Das letzte, das ich will, ist jemanden ausnützen. Es ist mir sehr wichtig, Respekt, Interesse und Freundlichkeit zu zeigen“, erklärt Linda Steiner und verrät schon vor der Vernissage ein Detail: „Alle Porträtierten werden dem Betrachter der Bilder ins Auge blicken.“
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