Gefordert wird ein Schulterschluss der Politik auf nationaler und internationaler Ebene, letztlich ein Umdenken in den Entscheidungsgremien der Europäischen Union. Komme dieses Umdenken nicht, dann bedeute das – nach der Logik der Bauernvertreter – das Ende der Almbewirtschaftung wie wir sie kennen, vor allem das Ende der Schafwirtschaft, die im Lebensraum von eingewanderten Wolfsrudeln ausweglos zum Scheitern verurteilt sei, Herdenschutz hin oder her.
Mit dieser Erkenntnis ging man nach der dreistündigen Veranstaltung auseinander. Ob es sich dabei um die absolute Wahrheit handelt oder nur um eine Seite der Medaille, wurde nicht hinterfragt. Befürworter einer Wiederansiedlung des Wolfes waren nämlich nicht zum Forum Land geladen. Falls sie sich im Publikum befanden, blieben sie – wohl angesichts der drückenden Übermacht der Wolfsgegner – schweigsam. Kein Wunder, denn bei einer ganz ähnlichen Diskussion vor Kurzem in Zams wurden die Tierschützer von wütenden Bauern beinahe aus dem Saal geworfen. Soviel zum Thema Ausgewogenheit der Argumente.
Dennoch lohnt sich ein genauerer Blick auf die Analysen, die den Wunsch nach totaler Verbannung des Wolfes begründen und von zwei Experten aus Salzburg vorgetragen wurden, wo es in letzter Zeit, ähnlich wie in Südtirol, erste Wolfsrisse gab und bereits ein Aktionsplan auf Landesebene ausgearbeitet wurde. Franz Lanschützer von der Salzburger Landwirtschaftskammer kämpft schon länger an vorderster „Wolfsfront“ und versuchte zunächst, die Dimension des Problems in Zahlen zu gießen.
Es gäbe derzeit rund 20.000 bis 30.000 Wölfe in Europa, die meisten im Baltikum, in den Karpaten und auf dem Balkan, rund 500 in Deutschland, 1000 in Süd- und Mittelitalien und 300 bis 400 in den französischen und italienischen Alpen. Zum Vergleich: In Nordamerika ohne Alaska leben laut Lanschützer rund 5000 Wölfe. Wölfinnen werfen im Frühjahr vier bis sechs Welpen, die Population verdopple sich alle drei Jahre, wenn sie nicht deziminert werde, rechnete Lanschützer vor. Mit folgendem Fazit: „Bei tausend Wölfen muss man 300 pro Jahr entnehmen, damit es nicht mehr werden.“
Es folgte die Berechnung des Nahrungsverbrauchs der wilden Beutegreifer, die pro Kopf und Wolfsnase fünf Kilo Fleisch am Tag fressen und dabei nicht wählerisch sind. Lanschützer warf ein Blick auf den Speisezettel, schilderte wieviel Reh-, Rot- und Schwarzwild von Wölfen im Schnitt verspeist wird und zerstreute gleich die Hoffnung, dass damit die Natur wieder zu ihrer natürlichen Regulierung zurückfände. Das Wild werde nur scheuer, ziehe sich immer weiter zurück, sei damit auch für Jäger nicht mehr so leicht zu finden und im Winter auch nicht mehr einfach zu hegen.
Reh hin, Wildschwein her, die Bauern im Saal interessierte weniger die Jagd als der Schutz der Herden und den kennt derzeit in der Alpenregion kaum jemand besser als Georg Höllbacher, der als Projektleiter den österreichweiten Herdenschutz koordiniert und selbst aktiv betreibt. Er entwarf ein durchaus differenziertes Szenario. Demnach kann Herdenschutz dann funktionieren, wenn man viel Geld in die Hand nimmt, Hirten und vor allem Hunde ausbildet und homogene Herden in Gebieten hält, die sich für diese Art der Bewachung eignen.
Auch dann wirft das Projekt aber noch eine Reihe von Problemen auf. Ein Hund, der eine Herde vor einem Wolf schützen kann, lebt seinen Bewacherinstinkt auch bei Touristen aus, mit teilweise schmerzhaften Konsequenzen. Weidezäune im Hochgebirge sind eine Wissenschaft für sich und durchschneiden auch den natürlichen Lebensraum von Wildtieren. In Osttirol werden zudem riesige Herden in große Höhen getrieben, die Tiere stammen von vielen verschiedenen Bauern. Hier ist Herdenschutz nur sehr schwer zu realisieren.
Von den Experten aufmunitioniert, „diskutierten“ VP-Landtagsmandatar Hermann Kuenz, TVB-Obmann Franz Theurl, Bezirksjägermeister Martin König und Landwirtschaftskämmerer Konrad Kreuzer dann auch auf dem Podium als Interessensvertreter, die – jeder aus seiner Perspektive – die Argumente gegen den Wolf und den Grundtenor beim Saalpublikum noch verstärkten. Auf sachlicher Ebene spannend ist die Entschädigungsfrage, die laut Hermann Kuenz im Sinne der Bauern geklärt sei. Für gerissene Tiere gebe es demnach unbürokratisch vollen Schadensersatz.
Neben dem Schadensersatz beinhaltet die bäuerliche Wolfsstrategie für die Zukunft weiterhin Herdenschutzprojekte, die man primär benötigt, um Goodwill in Richtung Brüssel zu signalisieren. Ziel ist eine Herabstufung des Schutzstatus, die zumindest den Abschuss von „Problemwölfen“ ermöglicht. Als wichtigstes Thema identifizierten die anwesenden Experten aber die Öffentlichkeitsarbeit. Im Sympathieranking vor allem der städtischen Bevölkerung liege der Wolf noch sehr weit vor den Schafbauern, erläuterte Franz Lanschützer. 80 Prozent der Gesamtbevölkerung seien für strengen Schutz. Auch einen Schuldigen für die „Ahnungslosigkeit“ der Masse hatte der Salzburger Wolfsjäger parat, das Fernsehen: „Wir sind alle von Universum gesteuert.“ Die Stimmung werde erst kippen, „wenn das erste Kind gebissen wird.“
Wir fragen in der emotionalen Debatte die Dolomitenstadtler:
15 Postings
Bergbauer, Schafzüchter und Wildbiologe aus Mörtschach: Eine "wolfsfreie" Zone als Lösung hinzustellen ist verantwortungslos und entbehrt jeglicher Kenntnis einer europaweiten Bestandsentwicklung, die in den 1960ziger Jahren eingesetzt hat. Europaweite Landflucht und die massive Zunahme von Wald und Wild sind die Ursachen für die Rückkehr des Wolfes. "Wolfsfreie" Zonen uns Bauern als Lösung zu verkaufen ist vergleichbar mit 500 Meter Zaun an der steirischen Grenze als die Lösung der Migrationsfrage. Der Wolf besiedelt trotz massiver illegaler und z.T. legaler Abschüsse die Alpen, ob wir dies wollen oder nicht. Vor wenigen Tagen erst hat die EU Komission beschlossen, den Schutzstatus des Wolfes nicht zu verändern. Und auch die Möglichkeit, einen Wolf legal zu schießen ist rechtlich Dimensionen von einer geplanten Wiederausrottung (wolfsfreie Zone) entfernt. Alleine der Versuch der Einrichtunng einer solchen Zone würde zahllose Klagen und Strafen mit sich bringen. Ganz abgesehen davon, dass es rein jagdtechnisch nicht möglich ist, den Wolf wieder auszurotten! Dafür müßte man schon zuvor Wald und Wild auf das Niveau von 1900 reduzieren, was jeglicher Realität widerspricht. Wir Bauern müssen uns dem Problem stellen und die Politik soll uns dabei unterstützen anstatt mit irgendwelchen unrealistischen und unüberlegten Forderungen Bauern zu verführen,...
niemand forciert die rückkehr von wolf luchs und bär, man überlässt das - so wie überall in europa - der natur. die rückkehr wird daher langsam vor sich gehen und über jahre dauern, ebenso eine "gesunde" gesinnung des menschen diesen tieren gegenüber.
ich vermisse den gesamt- und weitblick der gewählten (?) kammer- und politvertreter hier im bezirk. sind letztere nur den bauern gegenüber verantwortlich und wo bleibt der aufschrei der osttiroler umweltvereine und tierschutzorganisationen?
https://www.salzburg.gv.at/themen/aw/wolf/wolfsbeauftragter/hubert-stock-im-portraet
interessant, im gegensatz zur meinung der bauernkammer, die für eine alpenweite wolfsfreie zone eintritt. falls es entschädigungszahlungen für nachgewiesene wolfsschäden geben sollte, dann bitte nicht über die kammern abwickeln, sondern dafür eine wertfreie, neutrale und überregionale anlaufstelle der länder für geschädigte bauern einrichten, wär mein vorschlag.
Der böse Wolf der die Großmutter und das Rotkäppchen gefressen hat! Das Feindbild Wolf wurde schon in Kindertagen in unseren Gehirnen eingebrannt! Der Wolf wird sich in den Alpen ausbreiten ob wir wollen oder nicht. Wer soll die Wölfe abschießen - die Jäger kommen ihren Abschussverpflichtungen beim Wild nicht nach wie sollen sie dann den noch viel scheueren Wolf dezimieren.
nun sie schaffens ja bei den füchsen auch. und der anreiz, einen wolf zu schiessen, is mit sicherheit grösser als nur irgendein banales stück wild .... "sarkasmus off"
Meiner Meinung nach ist es eine fehlgeleitete romantische Vorstellung, dass man Wölfe wiederansiedeln soll.
Der Ostalpenraum ist ein nahezu gänzlich erschlossener Siedlungsraum, der vorrangig touristisch genutzt wird.
Zudem gibt es keinen Mangel an Jägern, die absolut dazu in der Lage sind, den Wildbestand zu regulieren. Weshalb es ökologisch betrachtet keine so großen Beutegreifer braucht.
Ich hänge zwar selbst dem Grundgedanken an, dass alle Tiere die einst hier heimisch waren, wieder hier leben sollten, aber wenn ich nur einige Momente darüber nachdenke, dann wird mir klar, dass sich das Leben nicht wirklich so harmonisch darstellen lässt wie das Cover des "Wachturm".
Und allen Tierfreunden sei gesagt: Weder Hund, Katze, Pferd oder Schaf, noch Ziege oder den Tieren in der freien Wildbahn tut man damit einen Gefallen. Von Wanderfreunden oder Sporttreibenden gabz zu schweigen.
Machen wir uns nichts vor. Die Zeiten für den Wolf sind in Osttirol vorbei. Und dem Argument, dass er mal da heimisch war kann ich nichts abgewinnen. Wir setzen am Tristacher See ja auch keine Plesiosaurier aus, nur weil die mal da waren... wobei... vielleicht wäre Franz Theurl dann dafür... in Schottland klappt so ein Mythos touristisch ja ausgezeichnet. :-) Vielleicht gibts ja einen Fahrradlsaurier :-D
Und wenn ein Erwachsener gebissen wird, kippt die Stimmung nicht oder wie? Übrigens hatte ich in den friaulischen Dolomiten schon mal die Ehre, einen Wolf zu begegenen. War nicht so prickelnd und so scheu war er auch nicht...
Als kleine Inspiration für die großen, schwarzen Beutegreifer im Saal: www.pronatura.ch/de/grosse-beutegreifer
Meinst du den, der fast vom Stuhl fällt?
Hoffe du hast erkannt, dass es sich um einen Werbefilm handelt! Dass nicht alles immer so glatt läuft wie im Film! Wenn du glaubst dass der Hund den Radfahrer so gemütlich durch die Herde gehen lässt, dann bist du ein Täumer.
Natürlich weiß ich, dass es sich um einen Werbefilm handelt, finanziert von Monsanto und Nestlè. Bin verblüfft, dass das so schnell aufgeflogen ist. Schade! Die beiden Konzerne steigen jetzt groß in die Ausarbeitung von Herdenschutzprogrammen ein. Und falls der Träumer gemeint ist: danke für das Kompliment.
und wer bitte rettet die singvögel vor der gemeinen räuberischen hauskatze?
Ich finde schon die Überschrift merkwürdig. Wieviele Kinder werden von Hunden gebissen? Wohin ist die Stimmung in Bezug auf Hunde schon gekippt? Wieviele Kinder werden im Straßenverkehr verletzt? Das kann man so fortsetzen. Was soll also diese große Meinungsmanipulation? Wer hat Angst vorm Wolf? Sind es die Landwirte, die nicht mehr wissen, wie man Herden schützt? Sind es die Jäger, die Angst haben, daß das Wild nicht mehr vor der Flinte herumhüpft? Der Wolf ist sehr scheu. Ihn zu sehen, ist schwierig. Wenn überhaupt findet man höchstens seine Spuren. Die gerissenen Tiere auf den Bildern könnten genauso von Hunden stammen. Aber es ist einfacher so etwas dem bösen Wolf unterzujubeln. Ich glaube, daß hier die Bauern und vor allem die Jäger ihre Pfründe verteidigen wollen. Lasst den Wolf einfach in Ruhe, strenger Schutz ist nicht erforderlich.
Alle geben dem Wolf die Schuld, in Kärnten hat der Jörg die Schuld, beide können sich nicht wehren.
die fragestellung finde ich nicht sehr ideal. ja, ich bin der meinung, dass man der wiederansiedelung der wölfe nicht entgegenarbeiten sollte. wenn sie dann da sind muss dieser bestand aber auch überwacht und wenn nötig dezimiert werden. also nein zum vollen schutz - ja zum wolf in den alpen.
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