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Slim-Fit-Politik: Die Charakterköpfe treten ab

Die Politik konzentriert sich immer mehr darauf, ein Produkt zu verkaufen.

Der Rücktritt von Matthias Strolz ist nur ein weiterer Schritt in die Zukunft der Politik: Was bleibt, ist eine Generation von sportlichen Politikern in Slim-Fit-Anzügen und Gel-Frisur, die nur allzu sehr darauf bedacht sind, sich keine Fehler zu erlauben. Geboren ist der Schlag der „cleanen“ Politiker. Der eine oder andere Wähler hat es wahrscheinlich schon vergessen. Doch vor gar nicht allzu langer Zeit wurden drei Parteien mit der verantwortungsvollen Aufgabe der Opposition betraut. Nun fragt man sich doch wirklich berechtigt, warum man von dieser angeblich existierenden Opposition nichts hört. Angefangen hat wohl alles mit Peter Pilz. Man könnte vielleicht sogar behaupten: Peter Pilz ist schuld. Schließlich war er der Erste, der einerseits seiner ehemaligen Oppositionspartei den Garaus gemacht hat, und, weil’s so schön war, auch noch seine schleunigst gegründete Grassroots-Bewegung im Stich gelassen hat. Trotz all seiner Makel muss man Pilz eines lassen – er hat Charisma und wichtiger, Pilz kann Opposition. Was ist eine Liste Pilz ohne Pilz? Ob er nun wiederkommt oder nicht, wird sich erst zeigen. Eine Lücke hinterließ er in jedem Fall. Der neueste Schock in den Reihen der Opposition kam umso überraschender. Matthias Strolz – das „Ecstasy-Paket“ der Politikerszene – gab unter Tränen seinen Rücktritt bekannt. Es ist fraglich, ob Neos ohne Strolz intakte Chancen auf eine Wiederwahl oder gar Zugewinne haben. Ähnlich wie Pilz ist – beziehungsweise war – Strolz ein Politiker, der, wie wenig andere zuvor, eine gewisse Leidenschaft in seiner Arbeit zeigte und sich darauf verstand, diese auch auf die angeblich politikverdrossene Wählerschaft zu übertragen.
Matthias Strolz war ein Politiker, der, wie wenig andere zuvor, eine gewisse Leidenschaft in seiner Arbeit zeigte. Foto: Expa/Michael Gruber
Wer bleibt als Dritter im oppositionellen Bund? Eine angeschlagene SPÖ, die immer noch in einer Selbstfindungsphase zu sein scheint. Christian Kern, der mit dunklen Ringen unter den Augen unglaubwürdig versucht, pfiffige Oppositionssprüche à la Strache auszuspucken. Und gerade jetzt, wo scharfe Kritik und Konturen so notwendig wären, kommt der SPÖ auch noch einer ihrer letzten Politiker vom „alten Schlag“ abhanden. Ex-Bürgermeister Michael Häupl gehört ebenfalls zu der schwindenden Generation von Politikern, die sich nicht mit einer Wolke aus PR-Experten und Kommunikationsberatern umgibt. Mittlerweile ist die Opposition schon so blass und unauffällig, dass renommierte Autoren sich gezwungen fühlen, die Kritik an der Regierung zu übernehmen. Für das Kabinett Kurz kann es kaum besser laufen. Kommt es aus den Reihen der Zivilgesellschaft einmal zu scharfer Kritik, kann man sich ja schließlich immer auf PR-konforme Standardantworten verlassen. Was zählt, ist die Appearance. #AnswerLikeKurz

9 Postings

Churchill
vor 7 Jahren

Beim Lesen dieses Textes hat es mir manchesmal meine Haare im Nacken gesträubt, worauf ich antworten muss: 1) "[…] Generation von sportlichen Politikern in Slim-Fit-Anzügen […]" Also meiner Wahrnehmung nach war das einzige, das sich geändert hat, das Adjektiv "sportliche und die Anzüge wurden um den Zusatz "Slim-Fit" erweitert. Alles in allem ändert sich der Typus Politiker meines Erachtens aber nur wenig. 2) "[…] warum man von dieser angeblich existierenden Opposition nichts hört." Man hört von der Opposition, wenn man die Augen und Ohren öffnet. In der ZIB/ORF-tvthek oder in Tageszeitungen. 3a) "Schließlich war er [Pilz] der Erste, der einerseits seiner ehemaligen Oppositionspartei den Garaus gemacht hat" Wählerstromanalysen zeigen, dass die Mehrheit der Ex-Grünwähler/-innen bei der NRW 2017 zu anderen Parteien als PILZ abgewandert ist. Am meisten (nämlich 161.000) zur SPÖ und weitere 84.000 zur Liste Kurz (dazu im Vergleich: zu Pilz wanderten 67.000 ehemals grüne Wahlstimmen ab) [1] Und den Garaus haben sie Grünen schon sich selbst - übrigens nicht nur, indem sie Pilz abgesägt haben. 3b) "auch noch seine […] Bewegung im Stich gelassen hat." Zunächst war ich sprachlos, dann dachte ich mir aber, es könne durchaus sein, dass man das so empfindet, wenn man die Politik nicht wirklich aufmerksam verfolgt. Pilz ließ seine "Partei" (die Bezeichnung "Kollektiv" fände ich treffender^^) nicht im Stich, er musste abdanken, nachdem mehrere Sexismus- und Belästigungsvorwürfe erhoben wurden (welche im Übrigen bis heute nicht vollends aufgeklärt wurden). Sein rascher Abgang lässt jedoch vermuten, dass die Vorwürfe nicht haltlos waren. Er zog sich allerdings nicht vollständig zurück, sondern stand seiner neugegründeten Partei beratend zur Seite. Vermutlich ist er deshalb so deutlich von der öffentlichen politischen Bühne abgetreten, damit ihm nicht das Makel des Strippenziehers anhaftet.[2] Allerdings hat er auch unlängst seine Rückkehr in die politische Öffentlichkeit verkündet. [3] 4) "[...] auf die angeblich politikverdrossene Wählerschaft zu übertragen." Diese leere Begriffshülle der "Politikverdrossenheit" stört mich unheimlich. Zum einen möchte ich erst einmal eine Personengruppe (sei es Familie, Freundeskreis etc.) sehen, die von vollkommenem Desinteresse an Politik geprägt ist. Gibt es meiner Wahrnehmung nicht. Ja, die Ambition, seine Meinung lautstark zu äußern oder sich politisch zu engagieren, ist denkbar gering, aber das hat rein gar nichts mit Verdrossenheit zu tun. [4] Meine Vermutung ist eher, dass es sich um eine Mischung aus Systemverdrossenheit, dem Wunsch, sich nicht durch politische Äußerungen in dieses oder jenes Eck stellen zu lassen und damit persönlich angreifbar zu machen, und Fehl- und Desinformation handelt, die als "Politikverdrossenheit" fehlinterpretiert wird. 5) "pfiffige Oppositionssprüche à la Strache auszuspucken" Ich verstehe, welches rhetorische Kunststück hier hätte gelingen sollen - es gelang jedoch nicht. Straches Verbaldiarrhoe als Oppositionpolitiker als "pfiffig" zu bezeichnen, verdreht mir den Magen. Anders kann ich es nicht ausdrücken. Diese "pfiffige" Manier offenbart sich als das, was es ist - niveaulose Verunglimpfungen und unverhohlener Populismus: "Kern macht den Österreichern – wie schon bei CETA – ein X für ein U vor. [...] Im Übrigen ist Österreich Nettozahler, auch diese Karte könnte Kern ausspielen." [5] "Die ÖVP mit dem kolportierten neuen Obmann, dem derzeitigen Außenminister, ist nur mehr eine Ankündigungspartei, die die Menschen für völlig dumm verkauft." [6] 6) "[…] dass renommierte Autoren sich gezwungen fühlen, die Kritik an der Regierung zu übernehmen." An dieser Anspielung auf die wirklich gelungene und bewegende Köhlmeier-Rede gefällt mir nicht, dass sie suggeriert, es habe vorher keine Regierungskritik gegeben und wäre ein neues Phänomen. Thomas Bernhard, Elfriede Jelinek seien an dieser Stelle genannt. Epilog: Inhaltlich mag es durchaus Überschneidungen mit der Meinung der Autorin und meiner geben, meine Kritik bezieht sich vor allem auf die Formulierung und soll gar keinesfalls persönlich genommen werden. Ich wünsche mir viel mehr solche mutigen Stimmen, die ihrer Meinung Ausdruck verleihen. Konstruktiver Streit ist das Wesen unserer liberalen Demokratie!! (eine Form der Demokratie, die Orbán in Ungarn kürzlich für abgeschafft erklärte [7]). Und nachdem ich die anderen Kommentare auch noch gelesen habe und eine kurze "Recherche" (im weitesten Sinn) zeigte, dass es sich bei der Verfasserin um eine Schülerin handelt, will ich einiges meiner Kritik relativieren. Bitte fleißig weiterposten, liebe Miriam! Zwar ist mein Schulabschluss auch noch nicht so lange her, doch wünschte ich, ich hätte in dem Alter den Mut (und das Medium!!) für solch einen Diskurs gehabt. Vielleicht fühlen sich dadurch mehr junge Menschen ermutigt, einen solchen Meinungsaustausch zu wagen. Ich freue mich auf mehr!

 
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Vlad Tepes
vor 7 Jahren

Guter Artikel, auf den Punkt gebracht. Bei einer so schwächelnen Opposition kann die Regierung glänzen, ohne was zu leisten, denn: weder wurde die Balkanroute von Kurz geschlossen (Türkei-Deal), noch wurde das "Migrationsproblem" gelöst (hat sich von selbst erledigt). Auf die Reform der Sozialversicherungen bin ich gespannt...bis jetzt ist ausser schöner Worte eigentlich gar nichts passiert!( A doch: die Wiener Polizei griagt jetz Pferdln!) Vielmehr wird dieser Tage hinter unserem Rücken CETA beschlossen, wo dann Konzerninteressen vor internationalen Schiedsgerichten durchgeboxt werden! Da is ma a Häupl lieber!

 
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    brisbania
    vor 7 Jahren

    Ich würde Ihnen empfehlen, sich vorher ein wenig zu informieren, bevor Sie so einen Unsinns schreiben. "Die Idee, Flüchtlinge auf dem Balkan durch Zäune zu stoppen, hatte Viktor Orbán bereits im Herbst 2015. Die Idee zur Schließung der Balkanroute kam von Sebastian Kurz also gewiss nicht allein, Ungarn war ein kompromissloser Vorreiter, und ohne Unterstützung der betroffenen Länder entlang der Route hätte es auch nicht geklappt. Vorangetrieben hat Kurz die Schließung aber allemal." https://kurier.at/politik/inland/wahl/faktencheck-wer-hat-die-balkanroute-geschlossen/274.540.009 https://diepresse.com/home/ausland/eu/5390337/Migration_TuerkeiDeal-funktioniert-nicht

    Seit wann hat sich das "Migrationsproblem" von selbst erledigt? Schön wär's!

    Kern sagte schon 2016 "Ja" zu CETA. CETA ist schon längst beschlossen, es muss nur noch ratifiziert werden. "Grund dafür ist, dass in der Handelspolitik eine qualifizierte Mehrheit für Beschlüsse ausreicht. Da Ceta über eine große Mehrheit im Rat verfügen dürfte, kann Österreich gegen den Vertrag allein nicht viel ausrichten." derstandard.at/2000044258134/Freihandelsabkommen-Ceta-kann-bald-starten https://www.news.at/a/ceta-kern-bedingungen-7641753 https://www.sn.at/wirtschaft/oesterreich/bundeskanzler-kern-gegen-volksabstimmung-zu-ceta-1009291

    Gehen Sie lieber mit Häupl in einen Heurigen, anstatt hier unqualifizierte Aussagen zu tätigen.

     
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      le corbusier
      vor 7 Jahren

      "Seit wann hat sich das "Migrations problem" von selbst erledigt?" Ich denke seit der Nationalratswahl. Seitdem hat man von Strache und Kurz wirklich gar nichts mehr zu diesem (Wahlkampfs-)Thema gehört.

      Noch ein kleiner Tipp: wenn man sich heutzutage auf der selben Seite wie Victor Orban sieht, steht man als Europäer ziemlich sicher auf der falschen.

       
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Markus aus den Hohen Tauern
vor 7 Jahren

Slim-Fit-Politik: Die Charakterköpfe treten ab. Schwarz-Weiß-Malerei vom Feinsten schon in der Überschrift und dann auch im ganzen Artikel. Slim-Fit-Anzüge, Haargel, Styling und Kommunikationsberatung vertragen sich laut Ihren Aussagen nicht mit Charakter und Kompetenz. Sehr eingeschränkte Sichtweise. Mir ist allemal ein lösungs- und serviceorienter Politiker lieber als z.B. ein grantelnder und überheblicher mit ständig Spritzwein in der Blutbahn.

 
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Leonhard
vor 7 Jahren

Etwas naiver Artikel und tendenziös in eine Richtung. Hier die Guten (Rote, Strolz, Häupl ...) und auf der anderen Seite die Schlechten (Regierungsparteien, Kurz ...). Fakt ist, dass die Regierung derzeit handelt und nicht nur herumpalabert, wie es noch mit Kern/Mitterlehner war. Außerdem gut, dass es den derzeitigen Regierungsparteien weniger um Ideologie und vielmehr um Management und die Lösung von Problemen geht (Reform Sozialversicherung, Migration ....). Natürlich ist nicht alles gut, was läuft. Meiner Meinung schlecht gelaufen die Sache mit dem Rauchverbot in der Gastronomie. Dass Strolz ausscheidet, tut mir persönlich auch leid. Ist auch ein Macher und hat neuen Schwung und Humor in die österreichische Politik gebracht. Schade, aber es wird Ersatz geben.

 
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    Churchill
    vor 7 Jahren

    Es handelt sich um keinen Artikel, sondern um eine private Meinung (steht auch neben dem Datum) ?

    Dass es den Regierungsparteien weniger um Ideologie und mehr um Problemlösung geht, sehe ich nicht so. Für mich handelt es sich mehr um eine Zweckpartnerschaft, die gezwungenermaßen Erfolge liefern muss, um nicht zurück in die Bedeutungslosigkeit abzuschlittern (vor der die Bundes-ÖVP vor der "Ära Kurz" stand) und der SPÖ damit wiederum zu Platz 1 zu verhelfen. Die bewusst zur Schau gestellte Harmonie der Regierungsparteien mag wohl damit zusammenhängen, dass beide Parteien beispielsweise in Sachen Migration und Wirtschaft eine ähnliche Linie verfolgen (im Wahlkampf sprach man noch von "X hat aus dem Parteiprogramm Y abgeschrieben"...) und zum anderen müssen sie (zumindest dem Anschein nach) konstruktiv zusammenarbeiten, um sich umso deutlicher von den rot-schwarzen Koalitionen und ihrem Beigeschmack von Reformblockade und Freunderlwirtschaft zu distanzieren.

     
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Domenik Ebner
vor 7 Jahren

Es war stets klar, Matthias Strolz hat eine Ablaufzeit - das hat er immer gesagt und das wünschen wir #NEOS uns generell für die Politik - Stichwort Sesselkleber oder Hinterbänkler. Seine Entscheidung ist so untypisch für das politische Österreich, dass man diesen Rücktritt nicht einordnen kann. Bis dato war's immer ein Skandal oder sonst eine Schweinerei die zum Rücktritt "bewogen" hat.

Das jetzt ist genau #NEOS Style: Tempo statt Taktik, Ehrlichkeit und Vernunft zeichnen uns aus. Das werden werden wir mit neuer Führung in Zukunft noch stärker leben - denn ohne Frage mit ihm geht einer der Besten den die österreichische Politlandschaft jemals gesehen hat. Diese Lücke werden wir alle gemeinsam schließen und ich bin überzeugt, dass wir erfolgreich sein werden.

#NEOS ist keine Oneman/Woman-Show sondern eine Bürgerbewegung! Und wir sind viele - Also geht net gibt's net und auf geht's!

 
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    Churchill
    vor 7 Jahren

    Völlig ungeachtet der politischen Positionen von NEOS möchte ich folgendes sagen: Der frische Wind, den Strolz in das Parlament gebracht hat, wird wirklich fehlen. Leider kommen Scherak, Loaker u.a. nicht an die Strahlkraft des scheidenden Parteiobmanns heran. Beate Meinl-Reisinger wird in große Fußstapfen treten müssen, hoffentlich gelingt es. Die NEOS sind eine Partei, die die politische Landschaft Österreichs durchaus bereichert haben und es bleibt zu hoffen, dass sie das noch lange tun werden. Meine Vermutung ist allerdings eine andere. Liberalismus hat im deutschsprachigen Raum leider einfach keine Tradition und die etablierten Parteien werden ihr möglichestes tun, den Fortbestand einer solchen Partei zu unterbinden.

     
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