„Rechtsabbiegen bei Rot!“ – Programmatischer hätte die Absichtserklärung des österreichischen Verkehrsministers Norbert Hofer nicht sein können. Politisch gesehen überrascht das Vorhaben wenig. Die Signalfarbe ist für Blaue seit jeher das sprichwörtlich rote Tuch, auf das mit viel Schwung zugehalten wird. Dazu passt ohne Zweifel die vom selben Minister beabsichtigte Aufhebung von Tempolimits auf Autobahnen. Quasi freie Fahrt für freiheitliche Bürger – und an Rot vorbei, solange es nach rechts geht. So schnell wie möglich.
Verkehrstechnisch habe ich in Deutschland Erfahrung mit beidem, vornehmlich in Hamburg, wo ich seit Jahren lebe. Das Fehlen von Tempolimits ist – einem zähen Verkehrsfluss geschuldet – ein recht überschaubarer Genuss. Man kann richtig auf das Gaspedal steigen, bis zum nächsten Stau, der nächsten Baustelle oder dem nächsten Tempolimit.
Der grüne Pfeil, Blech gewordenes Zeichen der Rechtsabbiegemöglichkeit, existiert in Hamburg seit 2002. Eingeführt wurde er in der Hansestadt von einer Regierung, die in ihrer Zusammensetzung der aktuellen österreichischen nicht unähnlich war. Diese Regierung ist jetzt Geschichte, der grüne Pfeil noch nicht.
Von ehemals 350 dieser Zeichen reduzierte der Stadtstaat mittlerweile die Schilderzahl auf unter 200. Zum einen, weil der erwünschte Erfolg in Sachen Verkehrsfluss ausblieb. Zum anderen, weil die Regelung Fußgänger wie Radfahrer in Gefahr brachte, vor allem durch Schwerverkehr. Sie gerieten in den toten Winkel, oft mit bleibenden bis letalen Verletzungen. Weswegen in Deutschland von Verkehrsplanern darüber nachgedacht wird, Lkw nur noch links abbiegen zu lassen, weil dann einfach weniger Menschen zu Schaden kommen würden. Ob Linksabbiegen im Zeichen der Sicherheit mit den Blauen ginge?
Damit niemand durch unfreiwilligen Schadstoffkonsum in geschlossenen Räumen beeinträchtigt wird, hat man in Deutschland vor vielen Jahren ein Rauchverbot in Lokalen erlassen. Mein Glaube an die Durchsetzbarkeit des Vorhabens war anfangs gering. Als ich jedoch 2007 knapp nach Erlass des Nichtraucherschutzgesetzes Zeuge wurde, wie Hamburger Punks brav zum Rauchen aus einer Konzerthalle gingen, war mir klar, das Gesetz greift. Und „Punk is dead“ ist offenbar keine leere Worthülse.
Mit Worthülsen wie „direkte Demokratie“ oder „Schutz der Privatsphäre“ will – ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren – politisch blauer Dunst die Lufthoheit über den österreichischen Stammtischen erobern. Ohne Frage, Politik wurde früher oft in Wirtshäusern an Stammtischen gemacht. Und nach vergangenen Zeiten sehnt man sich ganz offensichtlich. Wer die Wirte auf seiner Seite weiß, so vielleicht das Kalkül, der weiß auch deren Gäste hinter sich – und seien es nur die rauchenden.
Dabei auch ordentlich auf das Gas zu drücken, scheint ein dienliches Vehikel, um beim Rechtsabbiegen möglichst schnell ans Ziel zu kommen.
Marcus G. Kiniger wuchs in Sillian auf, lebt schon lange in Hamburg, hat aber dennoch immer ein Auge auf seine ehemalige Heimat und schickt uns aus der Hansestadt regelmäßig Reportagen und Meinungsbeiträge zu aktuellen Themen.
Mit Vollgas rechts abbiegen – bis es raucht!
Blauer Dunst will offenbar möglichst rasch die Lufthoheit über den Stammtischen erobern.
8 Postings
Überfällig! In USA seit 1920 (New York) so. Es gibt doch noch Menschen, die sich weiter entwickeln wollen.
Da kann ich nicht zustimmen. In Wien kommt es ebenfalls häufiger zu Unfällen zwischen Rechtsabbiegern und Fußgängern. Und da gibt es keine Rechtsabbiegeerlaubnis. Die Ursache ist sicher eine andere, Unachtsamkeit an erster Stelle. In Kanada gibt es schon länger die Rechtsabbiegeregelung und dort funktioniert das recht gut. Die geplanten Änderungen im Verkehr mit dem blauen Dunst zu vermischen halte ich für falsch, denn das Rauchen muß wirkungsvoll eingeschränkt werden. Das Rauchen ist so ziemlich der größte Unsinn, den wir erfunden haben. Das Rauchen mit dem freien Willen zu argumentieren ist falsch, denn frei sind die Raucher in ihrer Entscheidung nicht. Und wie rücksichtslos sie sind, sieht man am Vizekanzler. Das ist die typische Vorgangsweise. Alle Argumente werden ignoriert und wegdiskutiert, trotz besseren Wissens.
Es gibt sogar Versuche, Verkehrszeichen und Ampeln bei Ortsstrassen niedrigeren Ranges ganz wegzulassen. Das Ergebnis war verblüffend: Viel weniger Unfälle, da alle viel vorsichtiger fahren und irgendwie keiner Vorrang hat.
in lienz sollte man vielleicht überhaupt erstmal schaun, dass die bestehenden ampeln so funktionieren, wie sie funktionieren sollten .... bevor man sich über rechtsabbieger bei rot den kopf zerbricht. ganz nebenbei bin i dann gespannt wie ofts dabei kracht..... es is ja schon zb unmöglich vom lidl heraus nach rechts abzubiegen, weil manche den tacho total uninteressant finden - ganz zu schweigen davon, den hausverstand einzuschalten und vielleicht stehenzubleiben und die leute einbiegen zu lassen wenn die ampel bei der ZF kreuzung auf rot steht. aber egoismus und dummheit halten ca 98% davon ab - wage ich zu behaupten
Was hat das Rechtsabbiegen vom "Lidl heraus" Mit dem Gedanken von "Rechtsabbiegen zu tun? Sie würden sich bedanken, wenn bei der Liebherrkreuzung " rechtsabbiegen bei rot" ,mit eben der entsprechenden Abbiegespur nicht vorhanden wäre.
wer lesen - und vor allem verstehen - kann, ist klar im vorteil .... mehr sag i jetzt nicht dazu
!! Kirche im Dorf !!
Ampel in Lienz Berlin #Vergleichhinkt
Autobahn Ger. vs. Aut. #ebenso
Rot/ Grünschwäche vs. Links/ Rechtsschwäche #Ansichtssache
Lg.
marcus: alles richtig, ich bin gerade dabei, mich fremdzuschämen !,................für diese Regierung...
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