Liste Fritz in der Regierung? „Nur ohne die ÖVP!“
Auftakt der Interview-Serie zur Landtagswahl 2018 mit Markus Sint von der Liste Fritz.
Nach dem beachtlichen Erfolg beim ersten Antreten der Liste Fritz 2008 war das Ergebnis bei der letzten Wahl weniger als sechs Prozent. Welche Chancen rechnen Sie sich diesmal aus?
Die Chancen sind intakt. Es ist alles möglich, von einem knappen Einzug bis zu einer wirklichen Überraschung. Wichtig ist, dass die Tiroler die Gelegenheit wahrnehmen, die einzige Oppositionspartei im Land zu stärken.
Sind FPÖ, SPÖ und Impuls keine Oppositionsparteien?
Das sind Oppositionsparteien nur am Papier. Wirkliche Oppositionspolitik hat nur die Liste Fritz gemacht. Der beste Freund von Herrn Federspiel von der FPÖ und Herrn Lindenberger von Impuls ist Herwig van Staa. Wenn ich dauernd mit dem ehemaligen ÖVP-Landeshauptmann zusammenstecke, dann kann ich schwer Oppositionspolitik machen. Und die SPÖ war ständig mit sich selbst beschäftigt.
Welches ist für Sie das wichtigste Thema im Wahlkampf?
Wir haben das große Problem in Tirol, dass wir die niedrigsten Einkommen und die schwächsten Pensionen haben. Wir haben gleichzeitig aber einen sehr teuren Lebensunterhalt. Und das Wohnen ist je nach Bezirk sehr teuer. Da ist die Politik gefordert.
Wo wollen Sie da ansetzen?
Ansetzen kann man zum Beispiel bei den Einkommen. Die Vorarlberger verdienen durchschnittlich 240 Euro pro Monat mehr als die Tiroler. Warum? Weil sie eine andere Wirtschaftsstruktur haben. Wir haben in Tirol eine sehr tourismusabhängige Wirtschaftsstruktur. Das heißt, sehr viele Menschen arbeiten nicht das ganze Jahr Vollzeit. Teilzeit heißt niedrigere Löhne, damit fehlen auch die Versicherungszeiten. Also müssen wir zum Beispiel im Tourismus Ganzjahrestourismus schaffen, dann gibt es auch Ganzjahresarbeitsplätze.
Der zweite Ansatzpunkt ist bei den Lebenskosten. Die werden auch durch die Gebühren der Gemeinden teuer. Und da wollen wir schon seit Jahren über die Landesunternehmen TIWAG und TIGAS einen Sozialtarif für Strom und Gas schaffen, der sich an den Industrietarif anpasst. Der ist 20 Prozent unter dem, was die Privathaushalte zahlen. Das machen wir aber nicht für alle, sondern ganz gezielt für die, denen es nicht gut geht: Wenigverdiener, Alleinerzieher, Mindestpensionisten oder kinderreiche Familien.
Sie äußern sich sehr kritisch gegenüber dem Tourismus im Tirol. Es ist aber doch so, dass es durch den Tourismus viele Arbeitsplätze gibt.
Wir äußern uns nicht kritisch zum Tourismus, wir äußern uns kritisch zum Massentourismus und seinen Auswüchsen. Der Tourismus selbst in ein wichtiger Arbeitgeber und eine wichtige Säule der Tiroler Wirtschaft. Aber man muss sich auch mit den Schattenseiten auseinandersetzen. Da haben wir das Problem: Massentourismus bringt Massenverkehr. Wenn zwölf Millionen Gäste im Jahr mit dem eigenen PKW nach Tirol fahren, dann erzeugt das wahnsinnig viel Verkehr. Da ist die Politik, aber auch die Tourismus-Branche gefordert, Alternativkonzepte voranzutreiben. Als Beispiel haben wir uns ein Hotel in Thiersee angesehen. Das bietet jedem, der mit dem öffentlichen Verkehr anreist, während seines Aufenthaltes die Gratis-Benützung eines Elektroautos an. Solche Konzepte werden wir in Zukunft mehr brauchen.
Die Liste Fritz tritt für eine gemeinsame Schule ein. Sehen Sie bei der jetzigen Bundesregierung überhaupt noch die Möglichkeit, das in Tirol durchzusetzen?
Wir sehen den Bruch mit zehn Jahren sehr kritisch. Die Kinder sollen mit zehn Jahren schon wissen, welchen Karriereweg sie einschlagen. Wir sehen, dass die gemeinsame Schule mit dieser Regierung nicht machbar ist. Deshalb sagen wir, fangen wir mit der Ganztagesschule an. Das wäre ein wichtiger Schritt. Dort hätten wir Unterricht, Hausaufgaben erledigen, Nachhilfe für Schwächere, ein Freizeit- und Sportprogramm, alles unter einem Hut. Das geht von 8 bis 16 Uhr. Und dann haben die Kinder aber auch frei und die Eltern nachher nicht mehr die Aufgabe, Nachhilfelehrer zu spielen.
Sie fordern auch einen Rechtsanspruch für einen Kinderbetreuungsplatz. Ab welchem Alter und in welchem Ausmaß soll es den geben und hat das Land die finanziellen Mittel, das anzubieten?
Wir sind der klaren Überzeugung, dass in Tirol immer mehr Familien zwei Einkommen brauchen, um sich das teure Leben und Wohnen zu leisten. Und dann braucht man einfach eine gut ausgebaute Kinderbetreuung. Wir haben ja jetzt im Gesetz auch eine ganztägige und ganzjährige Kinderbetreuung stehen. Nur in der Praxis heißt das in den meisten Fällen von 8 bis 12 Uhr und am Nachmittag nichts mehr. Und das ist fern der Lebensrealität.
Ab welchem Alter soll es das geben?
Wir haben heute Karenzmodelle, die das Daheimbleiben ein halbes Jahr, ein Jahr ermöglichen. Und dann muss das Angebot da sein. Ein wichtiger Punkt ist Wahlfreiheit für die Eltern. Wir wollen niemanden zwangsverpflichten. Aber denken Sie nur zum Beispiel an die mehr als 20.000 Alleinerziehenden in Tirol. Die haben ja gar keine andere Wahl. Wenn es keine ausgebaute Kinderbetreuung gibt, landen die alle in der Mindestsicherung, weil sie nicht arbeiten gehen können.
Wie soll die Obergrenze für den Transitverkehr erreicht werden, die die Liste Fritz fordert?
Der Verkehr wächst und wächst, letztes Jahr auf das Rekordniveau von 2,3 Millionen LKW-Fahrten durch Tirol. Wir hätten zwei Maßnahmen. Erstens: scharfe Kontrolle der jetzt geltenden Gesetze. Zweitens: eine Obergrenze von einer Million Transitfahrten, der Rest muss auf die Bahn.
Wie soll diese Obergrenze konkret funktionieren?
Früher gab es ein Kontingentsystem. Als Spediteur muss ich Kontingente kaufen und sobald das erreicht ist, sind die Genehmigungen einfach vorbei. Es gibt die Variante über ein elektronisches System und die Variante, das über die Alpentransitbörse zu machen. Wenn wir eine Obergrenze gegen Menschen haben, die aus der dritten Welt oder aus Kriegsgebieten flüchten, dann werden wir wohl auch eine Obergrenze gegen LKW-Transitfahrten zusammenbringen.
Was hat die Regierung in den letzten Jahren Ihrer Meinung nach gut gemacht?
Den öffentlichen Nahverkehr endlich günstiger zu machen. Das haben auch alle gefordert. Leider ist nicht das 365-Euro-Ticket herausgekommen, aber das 490-Euro-Ticket ist ein Erfolg, weil es viel besser ist, als es vorher war. Das hätte aber auch jeder andere gemacht.
Können Sie sich nach der Wahl eine Konstellation vorstellen, in der die Liste Fritz in der Landesregierung vertreten ist?
Selbstverständlich. Eine Regierung ohne ÖVP.
Die ÖVP wird wohl wieder den ersten Platz machen. Wie demokratisch ist es da, den ersten auszuschließen?
Genauso demokratisch, wie wenn die ÖVP erster wird und die anderen 60 Prozent ausschließt. Es kann natürlich auch sein, dass die 60 Prozent gegen die 40 Prozent eine Mehrheit bilden. Ich weiß, dass das politisch nicht realistisch ist, aber rein demokratiepolitisch ist das natürlich überhaupt kein Problem, zu sagen, mit dem ersten will keiner, dann machen es die anderen.
Link: Landtagswahl 2018
3 Postings
einige werden sich noch errinnern. der tägliche morgenspruch aus dem äther des landesstudios "iatz miass ma zammhalten - grod iatz!". fritz hat damals als AKler gerne auf misstände in der arbeitswelt hingewiesen und damit gepunktet. lösungen und änderungen ist er schuldig geblieben. und das zieht sich in der liste auch fort. im obigen interview wird mit kritik ausgeholt, vorschläge, wie man das eine oder andere ändern will, sehe ich keine. schade! PS: auch dem heutigen AKBoss scheint diese strategie zu gefallen.
Welch leichtfertiger Umgang mit dem Wort! Schade, es gibt nur wenige Chancen im Leben etwas zu bewegen. Ihre haben Sie gerade vergeudet.
Kein Programm und viel Geschrei am 25. März ists vorbei!!!
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