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Von der Skipiste nach Hamburg und retour

Mario Gatterer stammt aus Lienz und kennt sich aus mit Ski, Schuh und Winterzauber.

Wer Skifahren will, braucht eine gute Ausrüstung. Die kann man sich ausleihen oder kaufen. Auf der Mönckeberg Straße, der Einkaufsmeile der Hamburger Innenstadt, suche ich nach jemandem, der mir Auskunft geben kann, wer denn trotz weit entferntem Zielgebiet hier sein Equipment besorgt. Ich werde fündig und treffe bei Sport Scheck auf Mario Gatterer, einen sympathisch fröhlichen Mann mit 56 Jahren. Er bringt Ski, Stock und Schuh an den interessierten Skifahrer in der Hansestadt. Sein Tiroler Akzent hebt ihn klar von den anderen Verkäufern ab. Bald stellt sich heraus, Mario ist gebürtiger Lienzer, der mit jungen Jahren nach Sölden kam. Als Tiroler duzen wir uns. Was hat dich aus Sölden nach Hamburg gebracht? Mario Gatterer: Die typische Geschichte: Ich habe eine Hamburgerin im Skikurs gehabt, habe mich verliebt und bin nach Hamburg gezogen. Mittlerweile sind wir verheiratet und Nachwuchs ist auch da. Fährst du noch regelmäßig nach Tirol? Unbedingt. Ja, jedes Jahr, jetzt halt in den Hamburger Skiferien, im März für zwei Wochen. Seit 22 Jahren bin ich schon in Hamburg und verkaufe im Winter Ski, im Sommer Wanderschuhe. Ist jetzt vor Weihnachten für dich Verkaufs-Hauptsaison? So richtig fängt die erst Ende Jänner, Anfang Februar an, vor den Hamburger Skiferien. Aber es gibt auch viele, die jetzt schon ihre Ausrüstung kaufen, die zu Weihnachten in Skiurlaub fahren. Hast du eine Veränderung beim Verkauf bemerkt, beispielsweise aufgrund der Zunahme des Skiverleihs in den Skigebieten? Bei Skiern stagnieren die Zahlen, da geht’s nicht mehr so hoch rauf, wie vielleicht in den früheren Jahren. Dafür hat der Verkauf von Schuhen zugelegt, die eher nicht ausgeliehen werden.
Mario Gatterer ist gebürtiger Lienzer, war Skilehrer in Sölden und landete schließlich in Hamburg. Foto: Dolomitenstadt/Kiniger
Erzählen dir die Kunden, wohin sie fahren? Natürlich. Tendenziell würde ich sagen, viele fahren in die Schweiz. Wobei Familien gerne nach Serfaus-Fiss-Ladis fahren, Nauders höre ich auch oft. Die jungen Leute fahren gern nach Ischgl, Sölden oder Obergurgl, gerade jetzt in der Frühwinterzeit, weil da halt schon die Schneeverhältnisse am besten sind. Später dann auch in die Gletscherskigebiete wie Hintertux. Gehe ich auf den Hamburger Weihnachtsmarkt, da höre ich oft, dass die Hamburger Tirol mit Südtirol gleichsetzen. Woran glaubst du, liegt das? (Mario Gatterer lacht) Sie können vielleicht nicht zwischen Tirol und Südtirol unterscheiden, sagen aber auch, sie fahren nach Südtirol und nicht nach Italien. Uns soll’s nicht stören. Wenn du den Stand mit Südtiroler Spezialitäten am Weihnachtsmarkt anschaust, da stimmen dann auch die Aufmachung und das Ambiente. Für wie wichtig hältst du Ambiente und Flair für den Erfolg alpiner Destinationen? Für sehr wichtig. Wenn du die Schweizer hernimmst – nichts gegen die Schweizer, die machen tolle Sachen – aber bei uns auf der Hütte stehen halt noch Einheimische. Wenn ich da reingehe, dann will ich einheimisch angesprochen werden. Das ist wichtig, das Flair haben wir in Tirol noch, oder Salzburg, überhaupt in Österreich. Wie würdest du den Hamburger Skifahrer beschreiben? Der Hamburger Skifahrer, der ist ein guter Skifahrer. Und ganz wichtig, der hat auch Geld. Jetzt natürlich nicht alle, aber die meisten. Und die fangen auch schon mit ihren Kindern an, Ski zu laufen. Die haben auch als einziges Bundesland ihre eigenen Skiferien. Als man versucht hat, die Ferien an den Ostertermin zu binden, gab’s einen Mordsaufstand, und jetzt heißen sie wieder Skiferien. Dass die Kinder auch zum Skifahren kommen, ist wichtig. Dadurch hast du durch alle Altersstufen gute Skifahrer. Damit habt ihr auch eine stabile Kundenschicht? Auf jeden Fall, die brauchen wir auch. Wenn dich wer fragt, wo soll er hinfahren, wenn er Skifahren lernen will? Das ist eine gemeine Frage. Es gibt so schöne und so viele Skigebiete. Klar, ich komme aus Sölden, und würde natürlich Sölden als Ziel empfehlen. Aber es wäre unfair zu behaupten, dass es im Unterinntal keine guten Skidestinationen geben würde. Hat dir schon einmal ein Kunde von Osttirol als Ziel vorgeschwärmt? Von Osttirol nicht, aber von Kärnten schon, auch weil es die Flugverbindung nach Klagenfurt gibt. Die sind dann eher am Mölltaler Gletscher zu finden. Was ja nicht weit weg wäre. Ein Katzensprung, aber dennoch ... Welche Verkehrsanbindung findest du für wichtig, um zum Skifahren zu kommen? Interessanter wären mehr und damit günstigere Flugverbindungen, vor allem wäre auch gut, wenn die Anbindung nach Innsbruck ausgebaut würde. Ist der Tourenski für euch ein Thema? Ich sehe gerade keine hier. Wir bieten hier in der Hamburger Niederlassung keine an, könnten aber aus anderen Filialen aus Süddeutschland welche bestellen. Aber die Nachfrage ist gering. Es ist ja nicht mit dem Ski alleine getan, dazu gehört dann auch Bindung, Schuh, Felle, Harsch-Eisen. Dafür haben wir die Verkaufsfläche nicht. Gibt es Entwicklungen, die dich im Zusammenhang mit dem Skisport besonders beeindrucken oder dir Sorgen bereiten? Sorgen bereitet mir schon seit geraumer Zeit, dass man den Leuten das Skifahren viel zu einfach gemacht hat. Die Pisten sind planierte Teppiche, die Ski nur noch kurze Carver. Nach drei Tagen auf den Brettern meint der Großteil schon, dass er gut Skifahren kann und dementsprechend sind sie dann auch unterwegs. Früher hatten wir vergleichsweise bessere Skifahrer als jetzt. Das Niveau ist schon sehr gesunken. In den Skigebieten selbst gibt es Diskussionen darüber, wie es im Zeichen von steigenden Schneefallgrenzen weitergehen soll. Merkst du was von Kundenseite, dass die ähnlich beeindruckt sind? Die meisten erleben in den Skigebieten, dass dort Schnee ist – wie auch immer der dorthin gekommen ist. Ich wundere mich selbst oft, wie die das schaffen. Deshalb sind die Kunden zufrieden. Solange es etwas zum Runterrutschen gibt, gibt es keine Klagen. Weitaus wichtiger scheint mir gutes Wetter zu sein. Wenn wenig Schnee wäre und dazu noch schlechtes Wetter, dann wäre das schlimm. Darauf hat man natürlich noch weniger Einfluss, als auf die Pistenpräparierung. Mit wenig Schnee kennen sich die Kunden hier gut aus. Eigentlich kennen sie es auch gar nicht anders, weil der Großteil eben in den Skiferien Ende Feber Anfang März in die Berge fährt. Bist du selbst schon einmal in Osttirol zum Skifahren gewesen? Nein, aber zum Wandern und Bergsteigen, da war ich schon dort. Das ist dann mehr so eine Gegend, in die ich im Sommer fahre. Zum Skifahren fahre ich nach Sölden, auch, weil ich dort nach wie vor als Skilehrer aushelfe, wenn die viel zu tun haben und mich brauchen. Das würde ich auch nicht aufgeben, das ist viel zu schön. Würdest du Osttirol gerne einmal zum Skifahren ausprobieren? Sicher, warum nicht. Vielen Dank für das Gespräch.
Dieses Interview ist Teil einer kurzen Serie zum Thema: Was wünscht sich eigentlich der deutsche Wintergast? Dolomitenstadt-Autor Marcus G. Kiniger hört sich dazu in seiner derzeitigen Heimatstadt Hamburg um.
Marcus G. Kiniger wurde 1969 in Wien geboren. Seine Familie kam 1976 nach Sillian, wo der gelernte Tourismuskaufmann und ambitionierte Musiker bis 2008 lebte, bevor er nach Hamburg übersiedelte. In Norddeutschland vertreibt Kiniger Produkte aus Tirol. Er schreibt für dolomitenstadt.at die Kolumne "Waterkantiges" und ist auch regelmäßiger Autor im DOLOMITENSTADT-Printmagazin.

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