Magdalena Told ging nach ihrer Matura an der HLW Lienz für ein Jahr nach England, um dort ein "gap year", ein Auslandsjahr, zu machen. Inzwischen ist sie schon seit über zwei Jahren dort und arbeitet jetzt in einem renommierten Restaurant an der Südküste von England, das einst von Keith Floyd, einem ehemalig berühmten Fernsehkoch, geführt wurde. "Warum ich meinen Aufenthalt hier immer wieder verlängert habe, ist schnell beantwortet: Mir gefällt es hier in England einfach! Ich habe hier so viele neue Leute getroffen – jung und alt – und daraus haben sich tiefe Freundschaften entwickelt. Ich wohne hier in einer der schönsten Gegenden Englands mit dem tiefblauen Meer quasi vor der Haustür. Außerdem hab ich mich zur Managerin hochgearbeitet und viel Neues gelernt."
Wie lange Magdalena allerdings noch in England bleiben kann, hängt natürlich von den Ergebnissen der Brexit-Verhandlungen ab. Mitte Juli trafen sich der englische Brexit-Minister David Davis und die EU-Verhandlungsführer zum ersten Mal in Brüssel. Inhalt dieser ersten Gesprächsrunde waren u.a. auch die Rechte der EU-Bürger und der Briten in dem jeweils anderen Hoheitsgebiet. "England ist bezüglich des Brexits wirklich gespalten. Die ältere Generation, die hauptsächlich für den Brexit gestimmt hat, ist immer noch überzeugt von der Richtigkeit dieser Entscheidung. Für sie spielt es sozusagen keine Rolle, ob England in Zukunft noch zur Europäischen Union gehört oder nicht. Sie fühlen sich ohnehin nicht als Teil von Europa."
Im gleichaltrigen Freundeskreis von Magdalena sieht das Stimmungsbild allerdings anders aus. Das hängt auch damit zusammen, dass ein "gap year" in England für viele junge Menschen zu ihrer Ausbildung quasi dazugehört. "Viele hier wollen nach ihrem Schul- oder Universitätsabschluss ins Ausland gehen, dort studieren, arbeiten oder einfach nur reisen. Dies wird in Zukunft mit neuen Visabestimmungen definitiv komplizierter und schwieriger werden. Außerdem sind die jungen Engländer ernsthaft besorgt, dass sich die Lebens- und Sozialstandards durch den Brexit noch weiter verschlechtern könnten. Viele meiner Freunde hier machen sich Sorgen um ihre Zukunft, weil sie nicht wissen, welche Probleme und Herausforderungen in den nächsten Jahren auf sie zukommen und wie sie diese lösen werden."
Magdalena selbst hat zur Zeit keine Angst vor dem Brexit, den die britische Regierung mit dem 30. März 2019 vollziehen möchte. Dieses Datum kann allerdings angezweifelt werden, denn schnelle Ergebnisse in den Verhandlungen, die jetzt Ende August wieder in Brüssel stattfinden werden, sind nicht in Sicht. "Bis sich da wirklich etwas tut, habe ich genug Zeit um mir ausreichend Gedanken zu machen, welchen Karriereweg und wo ich diesen Karriereweg einschlagen möchte. Solange ich mich hier wohlfühle und ich mich ständig neuen Herausforderungen stellen kann, sehe ich keinen Grund zurück nach Österreich zu gehen. Ob ich es dann in Erwägung ziehe, steht bei mir momentan noch in den Sternen. Es hängt davon ab, was in den nächsten ein bis zwei Jahren passiert. Ein Studium würde mich schon sehr reizen – jedoch wäre das für mich auch hier in England möglich."
"Auf meiner ‚bucket list‘ sind noch so viele Sachen, die ich noch abhaken muss – ich möchte einfach alles auf mich zukommen lassen und jede Chance im Leben nutzen, die sich mir bietet." "Kick the bucket" heißt frei übersetzt so viel wie "den Löffel abgeben". Eine "bucket list" beinhaltet deswegen alles, was man noch vor dem Tod erleben möchte. Es ist sozusagen die wichtigste persönliche To-do-Liste. Und Magdalenas ist lang. Heimweh scheint dabei kein Problem zu sein. Vielleicht liegt das auch daran, dass ein Kurzurlaub in der Heimat von England aus nicht allzu schwierig zu organisieren ist. Die günstigsten Billigflüge zwischen London und Innsbruck kosten teilweise nicht mehr als Zugtickets innerhalb von Österreich. "Und Österreich und vor allem Osttirol wird ohnehin immer meine Heimat bleiben. Daran ändert sich auch nichts, wenn man im Ausland lebt und arbeitet."
In der Serie „Heimweh?“ porträtieren wir junge Menschen aus Osttirol, die außerhalb des Bezirkes studieren oder eine andere Ausbildung absolvieren.
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