Vor Kurzem wurde bekannt, dass die Gemeinde Sexten einen kommerziellen Betreiber und Sanierer für das desolate „Helmhaus“ an der österreichisch-italienischen Grenze sucht. Mehrere hundertausend Euro müssten in eine Restaurierung und den Umbau des historischen Schutzhauses investiert werden. Private Interessenten gibt es anscheinend schon, zumal das Gebäude im Sextener Schigebiet liegt, das in den nächsten Jahren in Richtung Sillian ausgebaut werden soll.
Der Österreichische Alpenverein (ÖAV) und der Alpenverein Südtirol (AVS) sehen in diesem Vorhaben allerdings den Bruch einer Vereinbarung zur Schaffung eines Begegnungsortes am „Friedensweg“. Die kommerzielle Nutzung des geschichtsträchtigen Bauwerks würde die Abkehr von einer längst überfälligen historischen Aufarbeitung bedeuten, beklagen die beiden Bergsteigervereine in einer Aussendung und betonen, es gebe ein Versprechen aus dem Jahr 2013 vom damaligen Landeshauptmann Südtirols, Luis Durnwalder, der an seinen Tiroler Kollegen Landeshauptmann Günther Platter schrieb: „Es würde mich ganz besonders freuen, wenn aus dem Helmhaus eine historische Begegnungsstätte entstehen würde, welche den Heimatsteig zwischen Sillian und Sexten gebührend ergänzt“.
„Doch auf die Zusicherung von höchster Instanz, dass man sich der gemeinsamen Vergangenheit stellen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördern würde, ist bis heute kein weiterer Schritt gefolgt“, sagt Andreas Ermacora, Präsident des Österreichischen Alpenvereins. „Die Politik ist uns im Sinne der Euregio eine Aufarbeitung schuldig“.
Der Alpenverein Sillian als Eigentümer des alpingeschichtlich bedeutenden Bauwerks war nach den Wirren des Ersten Weltkrieges enteignet und das Helmhaus, nach wechselnden Eigentümern, an die Gemeinde Sexten übergeben worden – unter der Bedingung, die Liegenschaft für gemeinnützige Zwecke zu nutzen und die Alpenvereine in die weitere Planung einzubinden.
In Zusammenarbeit von ÖAV und AVS liegt seither das Projekt „Offenes Helmhaus“ vor. Die sanierungsbedürftige Hütte am heutigen „Friedensweg“ sollte zu einem kleinen Museum umgebaut werden und als Treffpunkt der Alpenvereine in Ost- und Südtirol fungieren. Davon sei heute jedoch keine Rede mehr, beklagen die Vereine. „Die Gemeinde Sexten hat 2006 dem damaligen Landeshauptmann sogar schriftlich zugesichert, das von den Alpenvereinen ausgearbeitete Konzept umzusetzen – gemeinsam mit AVS und ÖAV. Dieses Versprechen muss endlich eingelöst werden“, fordert der Präsident des Alpenvereins Südtirol, Georg Simeoni.
Anton Sint vom Alpenverein Sillian schließt sich dieser Forderung an: „Der Helm ist Aussichtsberg, Staatsgrenze, Mahnmal. Als Station am Friedensweg lädt er eindeutig zu einer Auseinandersetzung mit der Geschichte Tirols ein. Der Helmgipfel sollte zu einem Ort der Begegnung von drei Gemeinden, zwei Ländern und den Alpenvereinen weiterentwickelt werden. Wir appellieren dringend an unsere Landeshauptleute, sich für das Euregio-Projekt des Offenen Helmhauses einzusetzen!“
Die Geschichte des Helmhauses
Für die „Erbauung einer Unterkunftshütte am Helm“ und „Gründung einer eigenen Alpenvereins-Section“ lud am 1. August 1888 der damalige Bürgermeister Josef Schraffl, später Obmann des Tiroler Bauernbundes und Landeshauptmann von Tirol, zu einem vorbereitenden Treffen. Das Helmhaus wurde 1891 von der Alpenvereinssektion Sillian als Schutzhütte errichtet. Die Hütte steht direkt auf dem Gipfel, in exponierter Lage, und hatte damals ein auffälliges architektonisches Merkmal: eine große Dachterrasse aus Holz.
Die Terrasse machte das Schutzhaus, das in erster Linie Tagesausflüglern diente, zu einer Aussichtsplattform. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Helmhütte von österreichischen Truppen bzw. der Gendarmerie in Besitz genommen, die Sektion Sillian hatte kein Verfügungsrecht mehr. Der Karnische Kamm wurde zur Kriegsfront.
Nachdem am 26. Oktober 1920 der Verlauf der neuen Staatsgrenze definitiv festgelegt war, stand das Helmhaus auf italienischem Boden und ging 1925 in italienischen Staatsbesitz über. Die Grenze verläuft seither entlang der nördlichen Hausmauer.
Bis in die 1970er-Jahre diente die Hütte als Zollhaus, stand dann leer und verfiel. 1999 übernahm sie das Land Südtirol. Noch im selben Jahr suchten die Alpenvereine in Südtirol und Österreich um eine Rückgabe des Helmhauses an den ursprünglichen Eigentümer an. Doch auch die Gemeinde Sexten bemühte sich um den Erwerb der Liegenschaft. Nach einer öffentlichen Versteigerung machte die Gemeinde 2013 den „Vorzugstitel“ aus dem Landesgesetz geltend und konnte somit – anstelle der Alpenvereine – das Helmhaus erwerben.
Ein Vorzugstitel kann beantragt werden, sofern sich die Gemeinde verpflichtet, die Liegenschaft für gemeinnützige Zwecke zu verwenden. Laut einem Schreiben Luis Durnwalders von 2013 würde eine Zusammenarbeit mit dem Alpenverein „von der Gemeinde in jedem Fall befürwortet“.
Helmhaus: Gasthaus oder Museum am Friedensweg?
Alpenvereine in Süd- und Osttirol erinnern an ein politisches Versprechen.
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