Der Nebel hängt tief in das Matreier Gschlösstal, als am Samstag, 9. September gegen 9:30 ein großer Laib Käse aus der Almsennerei Tauer getragen wird. Der Moment hat etwas Feierliches. Drei Monate dauerte der Reifeprozess, bis der erste Almkäselaib der Sorte „Rainerhorn“, benannt nach dem 3.559 m hohen Gipfel der Venedigergruppe, den Felsenkeller in Unterpeischlach verlassen durfte. Zur offiziellen Einweihung der Sennerei wird er angeschnitten.
An schönen Tagen ist der namensgebende Berg von den Almwiesen des Gschlösstales aus gut zu sehen, nicht so an diesem Tag. Es herrsche typisches "Taurerwetter“, erklärt Sennerei-Obmann Dietmar Kurzthaler. Wetterfest beginnt Diakon Guillermo Vargas Diaz, Einheimische nennen ihn "Memo", mit der Segnung der Sennerei. Gebete werden gesprochen, Lesungen gelesen und reichlich Weihwasser versprengt, womit der geistliche Teil des Festaktes abgeschlossen ist.
Obmann Dietmar Kurzthaler wirft nach der Begrüßung der Ehrengäste einen Blick in die Vergangenheit des Gebäudes, vor dem sich mittlerweile eine beachtliche Menschenmenge gebildet hat. Der Bau stammt aus den 1920er Jahren, am 15. Juni 1932 begann dort eine neu gegründete Genossenschaft der Almbauern mit dem Verkauf von Milch und Molkereiprodukten. 15 Jahre lang lief der Betrieb, bis 1947 schließlich der benachbarte Tauerwirt den ersten Lkw kaufte, mit dem die Milch hinaus ins Tal geliefert werden konnte. Man hielt die Almsennerei für nicht mehr nötig, sie wurde aufgelöst und das Gebäude der Raika Matrei übertragen, die den Bau in den zwanziger Jahren finanziell unterstützt hatte.
Fast genau siebzig Jahre später wurde die Sennerei schließlich im Frühjahr 2016 aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt. Da es im Matreier Talmarkt keinen Osttiroler Käse zu kaufen gab, entstand die Idee, eine neue Genossenschaft zu gründen. Gesagt, getan. Mittlerweile neigt sich bereits die erste Saison der Sennerei mit Almladen dem Ende zu. Kurzthaler zieht eine positive Bilanz: 600.000 Euro wurden in das Projekt investiert. Davon wurden 40 Prozent durch Fördermittel bezahlt, zehn Prozent durch Sponsoring, womit sich die tatsächlichen Ausgaben der Sennerei laut Kurzthaler auf 300.000 Euro belaufen. Die Saison laufe zwar, je nach Witterung, noch einige Wochen, doch schon jetzt ist klar, dass man das Budget einhalten könne.
Zufrieden ist auch Peter Santner, der Obmann der Agrargemeinschaft Innergschlöss, der aufgrund des niedrigen Milchpreises vor einigen Jahren schon überlegte, die Milchkuhhaltung aufzugeben. Mit der Neugründung der Sennerei löste sich auch dieses Problem, 50 Cent pro Liter Milch erhalten die 25 Gschlösser Bauern nun.
Schließlich ist es für Moderatorin Christine Brugger an der Zeit, die Vertreter aus Wirtschaft und Politik zu Wort kommen zu lassen. Zunächst ergreift Andreas Köll das Mikrofon. „Ein Kind unter Schmerzen wird ein gutes Kind“, zitiert der Matreier Bürgermeister den Volksmund, in Anspielung auf diverse Schwierigkeiten während der Bauphase der Sennerei. Er streicht heraus, dass hier nicht nur mit eigener Milch gearbeitet werde, sondern auch mit eigenem Wasser, sowie eigenem Strom aus einem kleinen Wasserkraftwerk. Köll betont die Wichtigkeit der neu errichteten Pflanzenkläranlage, da Molkereiabwasser besonders belastend sei.
TVBO-Obmann Franz Theurl schielt während seiner Rede auf die Armbanduhr, da er wohl beim zeitgleich stattfindenden Dolomitenmann gefragt ist. Ein Funktionärsschicksal. Er spricht von „hochmotivierten Kühen“ und sieht die Sennerei als ein Geschenk für den Osttiroler Tourismus. Der Obmann des Talmarkts, Ziegenbauer Philipp Jans, überlegte sich seine Rede laut eigenen Angaben in der Früh beim "Melchen". Er zeigt sich beeindruckt vom Erfolg der Sennerei und stellt die zentrale Frage: "Sind immer größere Betriebe die Zukunft, oder nicht doch kleinere, regionale Unternehmen wie dieses?"
Landesrat Josef Geisler greift die Thematik auf. Es sei der richtige Weg, meint er, die Kreisläufe in der Region zu schließen, statt sich fit für den Weltmarkt zu machen, denn so bliebe die Wertschöpfung in der Region. Der Politiker unterstreicht, wie wichtig es sei, dass man den Milchpreis selbst regulieren könne: "Das ist ein ehrliches Produkt und eine Werbung für die Landwirtschaft", meint Geisler.
Als schließlich der Molkereimeister Matthias Wibmer das Wort ergreift, ist klar, dass der Käseanschnitt bevorsteht. Wibmer erläutert den Reifeprozess des „Rainerhorn“-Käses, der im Unterpeischlacher Felsenkeller bei 13° Celsius und 95 Prozent Luftfeuchtigkeit perfekte Bedingungen vorfinde. Vorab verrät der Meister, dass der Käse noch eher mild sei, da sich erst nach einem Jahr sein volles Aroma entfalte.
Dann schreitet er zur Tat und hebt den rund 28 Kilogramm schweren Laib in senkrechte Position, damit Landesrat Geisler und Sennerei-Obmann Kurzthaler die alpine Köstlichkeit in zwei Hälften trennen können. Neben den Genannten befinden sich in der Gästeschar auch Landtagsabgeordneter Hermann Kuenz, RGO-Obmann Franz Ganeider, Nationalparkdirektor Hermann Stotter und der frischgebackene Kurz-Kandidat Bernhard Webhofer.
Bei den Kostproben halten sich die Ehrengäste zurück, die anwesenden Kinder dürfen als erstes ran. Die lächelnden Gesichter versprechen Gutes und schon beginnt der Ansturm auf den begehrten Leckerbissen. So werfe auch ich mich in die Menge und ergattere ein Stück „Rainerhorn“. Fazit: Ein nussig-milder Almkäse, bei dem man gespannt sein darf, welche Aromen er nach seiner vollen Reifezeit im nächsten Jahr entfalten wird.
Fotos: Dolomitenstadt/Gregor Asslaber
6 Postings
Find ich gut wenn die besonders gute Almmilch regional verarbeitet wird und nicht im riesiegen Berglandmilchkessel untergeht.
Ich hoffe es wird zukünftig was interessantes geboten damit man mit ruhigem Gewissen mal jemanden hinschicken kann,...
.,damit man mit ruhigem Gewissen mal jemanden hinschicken kann,...
Das kann man. Toller Laden, ist halt ein wenig weit zum Fahren. Bekommt man die Produckte auch anderswo? Jedenfalls einen Besuch wert.
Im TAL-Markt in Matrei wird man die Produkte auch bekommen lt. meiner Info.
ich frage mich auch warum der TVBO anwesend war ??? bin überzeugt das der Almkäse "Rainerhorn" um ecken besser ist wie der käse den der TVBO produziert
Momentan ist er überall - im Oktober sind Neuwahlen im TVBO.
Warum war TVBO-Obmann Franz Theurl anwesend (als Aufputz der "Promis" ? )
Sie müssen angemeldet sein, um ein Posting zu verfassen.
Anmelden oder Registrieren