Die steirische Gemeinde Gratkorn im Norden von Graz wirkt verschlafen und ruhig. Dieses Bild zieht sich durch den gesamten Ortskern, nur ein vorbeiratternder Traktor funkt dazwischen. Ein Blick durch die Glasfassade einer beschaulichen Produktionshalle im Gemeindezentrum erweckt jedoch einen ganz anderen Eindruck. Hellwach und mit gezielten Griffen kneten und „pitschen“ hier junge Leute diverse Teigstücke, lachen und unterhalten sich dabei. Ein scheinbar lockeres Ambiente. Die schlicht gehaltene Außenfassade verrät uns, dass wir hier richtig sind - bei „Monis Manufaktur“. Kaum eingetreten, werden wir bereits von der Gründerin dieses Unternehmens, der 30-jährigen Osttirolerin Monika Grausgruber - von allen Moni genannt - herzlich empfangen. Sie wirkt etwas unruhig, zieht und zerrt an ihrer braunen Schürze, auf der in großen Lettern „MONIS“ geschrieben steht. Sie brauche dringend eine Zigarette, erklärt sie uns. Der Firmenalltag könne auch stressig sein. Auf der Gartenterrasse führt uns Moni in die Anfänge des Unternehmens ein.
Die Teigwarenmanufaktur, wie sie hier steht, gibt es seit März 2016. Die Story dahinter reicht aber viel weiter zurück. Vor knapp fünf Jahren kehrte die Osttirolerin nach mehreren Auslandsaufenthalten als Köchin auf Zweihauben-Niveau ihrer Heimat endgültig den Rücken, um sich in der Steiermark etwas Eigenes aufzubauen. Am Beginn der Unternehmensgeschichte stand die 30-Jährige noch alleine in der Küche ihres Hauses in der steirischen Gemeinde Gratwein. Später folgte eine kleine Produktionshalle in Judenburg, ehe es Moni mit ihrem Geschäftspartner Stefan Paier nach Gratkorn verschlug. Stefan war zuvor im heimischen Unternehmen „Vöslauer“ tätig, nun unterstützt er die ambitionierte Köchin mit seinen Vorkenntnissen als Vertriebsleiter. Moni erzählt von der Renovierung der Geschäftsräume und der beherzten Hilfe des Besitzers: „Er war sehr entgegenkommend und bot uns an, gemeinsam die Wände neu einzuziehen.“ Sie fühlt sich an diesem Ort sichtlich wohl.
Vor Jahren stand die unternehmungslustige Osttirolerin bereits in der Küche des „Parkhotel Tristacher See“. Schon in dieser ersten Zeit als Köchin waren Gerichte aus Teig ihre Spezialität. „Für Schlipfkrapfen hat in Osttirol irgendwie jeder sein eigenes Familienrezept. Ich habe meine Kreationen nach unserem gemacht und dafür stets positive Rückmeldungen erhalten.“ Heute ist sie ihre eigene Chefin, leitet beherzt und erfolgreich eine Fertigungsstätte mit 16 Mitarbeitern und verwöhnt mittlerweile zahlreiche steirische Gaumen mit ihren Spezialitäten aus der Osttiroler Heimat.
Anfangs sah ihr Plan vor, die Produkte an Gastronomiebetriebe zu liefern. Später wurde Moni und ihrem steirischen Geschäftspartner jedoch klar, dass es rentabler ist, sich auf den Vertrieb über Handelspartner zu konzentrieren. Diese Idee hat sich offenbar bewährt. Stand die Unternehmerin anfangs noch selbst mit ihren Produkten an einem Stand auf lokalen Bauernmärkten so können Monis Spezialitäten mittlerweile in mehr als 50 Betrieben und Geschäften erworben werden. Vertriebspartner finden sich über weite Teile der Steiermark verstreut. Moni stellt ihnen eigene Kühlgeräte mit dem Markenlogo zur Verfügung. Die hochwertigen Teigwaren sollen im Geschäft nicht mit den Fertigprodukten aus der Industrie gleichgesetzt werden. Moni verdeutlicht: „Wir verarbeiten nur beste Zutaten. Bei uns gibt es keine Konservierungsmittel, Zusatz- oder Klebestoffe.“
Die Verwendung von regionalen und saisonalen Produkten hat in Monis Küche höchste Priorität. So kommen ausschließlich Lebensmittel aus der Umgebung - „der grüne Markt“ - in Frage. Die Füllung der Ravioli werden der Jahreszeit angepasst. Aktuell gibt es welche mit Spargel oder Bärlauch, später im Jahr auch mit Eierschwammerln, Steinpilzen und Kürbissen. „Auch wenn mir mein Lieferant das ganze Jahr über beispielsweise Kürbisse anbieten könnte, dann würde ich sie dennoch nur nehmen, wenn sie tatsächlich aus der Steiermark kämen. Und das ist eben nur im Spätsommer der Fall. Dementsprechend ändert sich auch unser Sortiment.“
Die Intention des Geschäfts ist die der schnellen und dennoch gesunden Küche. Heutzutage haben Menschen nur mehr wenig Zeit zum Kochen. Dennoch nehmen sie das Thema Ernährung wieder ernst und legen viel Wert auf qualitative Zutaten. „Diese Menschen sind es, die mit unseren Produkten glücklich sind“, weiß Stefan Paier. Was ist mit dem Dauerthema Intoleranz? Moni klärt uns auf. In ihren Produkten gibt es einfach keine Allergene, die eine solche hervorrufen könnten. „Die Unverträglichkeiten kommen ja von übermäßigen Glutamat- und Zusatzstoffkonsum. Wir verwenden aber nur reine Zutaten, etwa Salz und Pfeffer statt Gewürzmischungen.“
Das Angebotsspektrum in der kleinen Manufaktur reicht von traditionellen Osttiroler Schlipfkrapfen über Tiroler Speckknödel bis hin zu verschiedensten Ravioli-Variationen. „Damit wir auch veganen Kunden etwas anbieten können, haben wir Falafel im Sortiment“, erzählt Moni, die die Schlipfkrapfen nach dem Originalrezept ihrer Oma zubereitet. „Sie gibt immer noch ein bisschen Topfen in die Kartoffelmasse“, verrät die Köchin. Auf die Frage, ob ihre heute über neunzigjährige Großmutter denn zufrieden mit ihrer Arbeit sei, antwortet Moni ohne Zögern: „Selbstverständlich!“
Das Lieblingsgericht der Osttiroler hat auch Monis steirischen Geschäftspartner Stefan bereits bei der ersten Verkostung überzeugt. Er sei von den Schlipfkrapfen begeistert gewesen und habe gleich gewusst: „Diese Köstlichkeit hat Potential“.
„Ein Osttiroler Mädchen darf erst dann heiraten, wenn es Schlipfkrapfen machen kann“ - was sagst du dazu, Moni? Die Frau mit den rehbraunen Augen lacht. „Deswegen hat man es mir wahrscheinlich schon mit neun Jahren gezeigt. Dennoch bin ich noch immer nicht verheiratet. Aber mit der Zahl an Krapfen die ich bis heute gemacht hab, könnte ich schon einige Ehen hinter mir haben!“
Osttiroler Leser werden es wissen: Zur fachgerechten Herstellung von Schlipfkrapfen gehören sowohl das „Pitschen“, sprich das korrekte Zusammenführen der Teighälften, als auch das sogenannte „Randeln“. Letzteres ist eine besondere Kunst. Man braucht viel Übung und Geduld, um diese Technik der Randverzierung zu beherrschen.
Moni hat das von ihrer Oma gelernt, im Betrieb sind derzeit drei Mitarbeit entsprechend eingeschult. Sie mussten dafür „Sonderschichten“ bei der Chefin einlegen. „Wie lange, schätzt du, braucht es, bis man das Randeln halbwegs beherrscht?“ - „So um die 100 Krapfen pro Person. es ist eben nicht so leicht.“ Davon dürfen wir uns gleich selbst überzeugen. Moni drückt uns einen gepitschten Krapfen in die Hand und demonstriert, wie man die Aufgabe meistert. Nach leichten Anfangsschwierigkeiten - in die falsche Richtung gerandelt, den Teig aufgerissen, zu wenig Fingerspitzengefühl - verzeichnen wir nach einigen Krapfen erste Erfolgserlebnisse. Die Mama in Osttirol wäre stolz!
Das Unternehmen von Monika Grausgruber erfreut sich steigender Beliebtheit. Die Steirer seien stets offen für ihr kulinarisches Angebot gewesen. „In Osttirol wäre es anders, käme ein Steirer her und würde sein Geschäft mit steirischen Spezialitäten aufmachen. Da würden sich die Leute fragen: Was macht denn der da?“
Monis Manufaktur bietet natürlich auch Osttiroler Studierenden in Graz eine bequeme Gelegenheit, in der Murmetropole Spezialitäten aus der Heimat zu verspeisen. Moni verschlägt es noch hin und wieder nach Osttirol, wie sie uns erzählt. „Früher hatte ich mehr Zeit, um nach Hause zu fahren. Inzwischen stehe ich hier in der Verantwortung, bin zeitlich nicht mehr so flexibel. Skitouren und Wanderungen werden seltener. Manchmal steht aber doch ein Heimbesuch an - vor allem zu besonderen Anlässen.“
Als wir uns im Foyer der kleinen Manufaktur in Gratkorn von Moni und ihrem Team verabschieden, erkundigen wir uns noch nach der persönlichen Leibspeise der Osttirolerin. Schlipfkrapfen - wie könnte es anders sein?
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