Workshop zu einem Tabuthema: Obdachlos in Osttirol?
Olga Reisner lud am Freiwilligentag zur Diskussion über „Verwahrlosung und Obdachlosigkeit“.
„Ist Obdachlosigkeit überhaupt Thema in Osttirol?“, fragte sich auch Evelyn Müller aus Lienz und nützte gemeinsam mit anderen Interessierten den Freiwilligentag am 17. März zum Hineinschnuppern in gleich mehrere soziale Projekte. Wo lohnt es sich, längerfristig Zeit und Engagement zu investieren?
Neben Freiwilligen lud Bezirkshauptfrau Olga Reisner auch Gemeindevertreter, Polizei, Sozialsprengel, Rotes Kreuz, die Caritas mit Direktor Georg Schärmer, Streetworker, MitarbeiterInnen des Bezirkskrankenhauses und des Wohn- und Pflegeheimes Lienz in den Panoramasaal der BH Lienz ein, um gemeinsam über die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Obdachloseneinrichtungen im Bezirk zu diskutieren.
Schon nach der Vorstellungsrunde war klar: Obdachlosigkeit ist seit langem Thema in Osttirol, aber wegen fehlender Strukturen wissen viele nicht, wie dieser Problematik zu begegnen ist. In der Öffentlichkeit wird Obdachlosigkeit kaum wahrgenommen. Vor allem wohnungslose Frauen verstehen es sehr gut, fast unsichtbar zu bleiben.
Die Bezirkshauptfrau und Initiatorin der Veranstaltung beschäftigt sich schon lange mit Obdachlosigkeit. „Es kann jeden von uns treffen,“ haben ihre Recherchen ergeben. Sie möchte mit diesem Projekt geeignete Netzwerke und Strukturen aufbauen und vor allem eines schaffen: ein Bewusstsein in der Bevölkerung für dieses auf beiden Seiten schambesetzte Thema.
In Impulsreferaten wurde berichtet, wie in Innsbruck mit dieser Problematik umgegangen wird. Franz Stelzl, Leiter der Wohnungslosenhilfe der ISD und Michael Hennermann, Obmann des Vereins für Obdachlose Tirol stellten ihre Einrichtungen vor und zeigten auf, wie es funktionieren kann.
Ein Schwerpunkt müsse in der Prävention liegen, betonen die Experten. Spätestens wenn eine Gefährdungsmeldung vorliegt, sollten die Gemeinden aktiv werden und den Verein für Obdachlosigkeit kontaktieren, rät Hennermann. Stelzl empfiehlt, als erstes eine Notschlafstelle in Lienz zu realisieren. Aber: Wird durch die Unterstützung Obdachloser zum Beispiel mit einer Notschlafstelle nicht der Bedarf erst richtig angekurbelt?
„Niemand wird absichtlich obdachlos, damit er in einer Notschlafstelle übernachten darf. Und wer keine Wohnung hat, ist nun einmal in Bewegung,“ konterte Olga Reisner auf dieses Argument und machte für alle sonnenklar, dass es nicht um die Erhebung der Anzahl von obdachlosen Menschen im Bezirk gehe, sondern akuter Handlungsbedarf bestehe. „Wir brauchen Freiwillige, Institutionen und Professionelle.“ Reisner wollte dann von den Anwesenden konkret wissen: „Wer will mitarbeiten, um so rasch wie möglich mit dem Aufbau der notwendigen Strukturen für den Umgang mit Obdachlosigkeit in Osttirol durchzustarten?"
Nicht wenige der Workshop-Teilnehmer erklärten sich dazu bereit, darunter auch Evelyn Müller. Weitere Interessierte können sich gerne im Freiwilligenzentrum Osttirol bei Monika Reindl-Sint unter Tel. 0680/238 14 59 melden.
Fortsetzung folgt!
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