„Nächster Halt: Stadion Liebenau“. Die freundliche Stimme aus dem Lautsprecher der Grazer „Bim“ erinnert mich ans Aussteigen. Es ist ein regnerischer Freitag — also Kapuze auf. Am Nordflügel der neu gestalteten „Merkur-Eisarena“ wartet Anton Mariacher auf mich. Er ist gebürtiger Osttiroler und leitet das Architekturbüro „MA-Quadrat, Mariacher und Partner“. Den gesamten Nordtrakt der Eisarena hat MA-Quadrat entworfen. Anton begrüßt mich, gibt zwei Arbeitern noch schnell ein paar Anweisungen, dann betreten wir das Innere der Arena, die im Volksmund „Bunker“ hieß, wegen ihres bislang maroden Zustands. Barbara Weingartner und Patrick Colin Alan Reynolds warten auf uns, beide ebenfalls aus Osttirol und im Team von MA-Quadrat.
Anton versorgt sich mit einem Kaffee vom Automaten, dann starten wir zu einem Rundgang durch den neuen „Bunker“ im Norden der Arena, in der die „Graz 99ers“ zu Hause sind, bei denen auch der Osttiroler Clemens Unterweger unter Vertrag steht. Noch ein Bezug zur Heimat. Einen Stock höher wird's nobel, dort liegt der VIP-Bereich samt Medienraum, in dem die Pressekonferenzen des Vereins stattfinden. Patrick Reynolds präsentiert mir stolz die „Sky Box“, mit der Anmerkung: „Hier sitzen dann die VIPVIPVIPs“. Es riecht nach Kunstleder. Architekt Mariacher schmunzelt und rät mir, doch einmal der Herrentoilette einen Besuch abzustatten. Dort eingetroffen entfährt auch mir ein breites Grinsen — die Pissoir-Anlage wurde unter zwei verspiegelten Fenstern angebracht, so können die Herren der Schöpfung während des Besuchs der „Erlösungskapelle“ das Spielgeschehen weiter verfolgen!
An der Bar erzählt mir Anton Mariacher die Geschichte des Projekts. Ende Juni 2015 wurde ein geladener Wettbewerb zur Gestaltung des neuen Eisstadions in Graz-Liebenau ausgeschrieben, den Mariacher und Co für sich entschieden, im Jänner stand dann der fertige Entwurf. Im März diesen Jahres begannen die Abbrucharbeiten, gefolgt von fünf Monaten Bauzeit mit der Fertigstellung im September. „Nicht der Denkmalschutz, sondern der Zeitdruck stellten eine Hürde dar“, sind sich die drei an dieser Stelle einig. Derzeit werden im und um das Stadion etwaige Mängel behoben. Das Hauptaugenmerk des Büros lag auf der Nordseite, die Sanierung des südlichen Bereiches übernahm das Architekturbüro „Ederer & Haghirian“.
Ich frage Barbara, wie sich die drei mit Osttiroler Wurzeln in Graz zusammengefunden haben. Patrick lernte sie während ihres Architekturstudiums an der TU Graz kennen. Sie wurde in den Zeichensälen des Instituts auf ihn aufmerksam. Patrick war schon während der Studienzeit für den gebürtigen Virger Anton Mariacher tätig, der auch sein Studium in Graz absolvierte. Das Büro wird von zwei Steirern komplettiert.
Auf der Nord-Tribüne erfahre ich, dass es sich um eine schräge Fassade mit Brandschutzfunktion handelt. Im Stadioninneren ist diese geziert von verspiegelten Glasfenstern. Anton fügt an: „Die A-förmigen Säulen haben wir vom Altbau übernommen. Wir waren die einzigen, die sich für eine schräge Fassade entschieden haben. Das war uns wichtig, um die Dynamik des geschwungenen Daches auf die Konstruktion zu übertragen.“ Im Osten und Westen der Arena wurden neue Stehplatz-Tribünen errichtet. Die Wände dieser Bereiche, sowie jene im Süden wurden schwarz gefärbt, um die Dynamik der Dachkonstruktion besser hervorzuheben, erläutert Patrick. „Das Weiß der Eisfläche wirkt nun viel intensiver“. Die Bestuhlung wird von der Mitte der Tribüne zu den schwarzen Wänden hin dunkler.
Unser Gespräch klingt im Büro von „MA-Quadrat“ aus. Dort sprechen wir über ein Osttiroler Projekt, das Wohn- und Pflegeheim in Nußdorf-Debant. Auch hier gewann Mariacher mit seinen Partnern einen international ausgeschriebenen Wettbewerb. Für Anton, Patrick und Barbara war es ein besonderes Gefühl, ein so wichtiges Bauvorhaben in der Heimat verwirklichen zu dürfen.
Nach einem Jahr Vorplanung wurde im Frühjahr 2015 mit dem Bau des Heimes begonnen. Im November wird es eröffnet. Eine beachtliche Herausforderung sei es gewesen, ein so großes Projekt auf einem doch eher beschaulichen Grundstück zu verwirklichen. Deshalb entschied sich das Büro dazu, die Konstruktion in nördlicher Richtung auf Säulen zu errichten, um Platz zu sparen. In diesem Bereich erwartet die künftigen Bewohner dann ein kleiner „Marktplatz“ samt Grünanlage. Auch bei schlechter Witterung und intensiver Sonnenstrahlung bietet der aufgestemmte Bereich Schutz.
„Wir haben hier gegen die Standards gearbeitet. Es gibt keine Sackgassen, die Heimbewohner können im Kreis laufen und gelangen wieder zum Ausgangspunkt zurück. Dies ist eine wichtige Orientierungsmaßnahme“, erklärt der Architekt. Auf drei Etagen sind jeweils drei Wohngruppen mit 10 Bewohnern pro Gruppe untergebracht. Insgesamt werden 90 Einzelzimmer bezogen. Hier fügt der Architekt an: „Zur erleichterten Orientierung bekommt jede Wohngruppe eine eigene Farbe, mit der auch die betreffenden Räume ausgemalt werden.“
Im aufgestemmten Untergeschoß befinden sich künftig neben der Küche auch Personalgarderoben, Anlieferung und Lagerräume. Im Erdgeschoß werden ein Café und eine Kapelle eingerichtet. Einen Stock darüber findet das Personal seine Räumlichkeiten ebenso wie die Verwaltung. Das dritte Geschoß zeichnet sich vor allem durch seine Dachterrasse aus. Bei der Außenfassade setzte man auf Faserzementplatten, farblich zurückhaltend, um die große Kubatur zurückzunehmen und ein dezentes, optisch zurückhaltendes Gesamtbild zu bewirken. Im Innenbereich des Altenheims wurden neben Beton- und Glasflächen auch Messingbeschichtungen adaptiert. Anton merkt an: „Besonders erwähnenswert ist hierbei, dass mit rund zwei Dritteln der Großteil aller Aufträge für Firmen im Raum Osttirol geblieben ist.“
Nicht nur meine Kaffeetasse ist mittlerweile leer, auch unser Gespräch neigt sich dem Ende zu und ich spreche Anton abschließend noch auf ein weiteres Projekt an. Die Erweiterung des Friedhofs in seinem Heimatort Virgen. „Hier bin ich zum Zug gekommen, weil der Kollege Eck in Pension gegangen ist“, erklärt Anton. Seit 2007 wird dieses Projekt vorbereitet. Ziel ist es, dass der Friedhof nach der Vergrößerung offen bleiben soll für weitere Erweiterungen in späteren Jahren. Das Büro hat der Tendenz zur Feuerbestattung Rechnung getragen, indem es neben einer Urnenwand auch einen Bereich für Erdbestattungen von Urnen geschaffen hat. Es wird aber auch die üblichen Flachgräber sowie einen Waldfriedhof geben.
Mittlerweile sind einige Stunden verstrichen, es wird also Zeit, sich zu verabschieden. Nach diesem interessanten Gespräch mit drei Osttiroler „Artgenossen“ trete ich den Heimweg an, der ein kurzer ist, da mir aufgefallen ist, dass ich nur drei Straßen vom Architekturbüro entfernt wohne. Nun weiß ich, dass ich ein kleines Stück Osttirol in meiner Nähe habe.
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