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Vor fünfzig Jahren, als das große Hochwasser kam …

… und was heute gegen ein „Jahrhundertereignis“ unternommen wird.

Zwei ganz unterschiedliche Veranstaltungen beschäftigten sich in den vergangenen Tagen mit jener Naturgewalt, die Osttirol Mitte der sechziger Jahre heimsuchte und im Prinzip auch jederzeit wieder heimsuchen könnte: einem Jahrhundert-Hochwasser. Als 1965 und 1966 Drau und Isel über die Ufer traten, kämpfte man zum Teil mit Sandsäcken und anderen primitiven Hilfsmitteln gegen Überschwemmung und Verklausung – oft vergebens.

Seither wurde um viele Millionen Euro an den Hauptflüssen des Bezirkes und an ihren Zubringerbächen reguliert und verbaut. Einer der Wildbäche war in den Sechzigern der Schleinitzbach in Oberlienz, der ziemliche Verwüstungen anrichtete. 50 Jahre nach der Katastrophe wurde bei einer Gedenkveranstaltung am 25. September „hinterg´schaut“, mit einer Ausstellung und einem Informationsprogramm für die Gemeindebürger. Hier drei Bilder von damals:

40 Großformatbilder entlang des Schleinitzbaches und ein alter Amateurfilm eines Urlaubsgastes zeigten das Ausmaß der Verwüstung und Altbürgermeister Erich Gratz erinnerte sich: „Drei Tage und drei Nächte war an Schlaf nicht zu denken. Wir waren durchgehend im Einsatz und setzten alles daran, unser Dorf und unsere Bevölkerung zu schützen.“ Bauamtsleiter Harald Haider und Albert Pichler von der Wildbach- und Lawinenverbauung Osttirol informierten darüber, was heute passieren könnte.

Lienz kam in den Sechzigern relativ glimpflich davon. Die Isel war bereits verbaut und blieb um wenige Zentimeter unter der Oberkante der Ufermauer. Die Stadt selbst wurde nicht überflutet. Allerdings war das „große Hochwasser“ aus der Sicht der Lienzer damals auch kein HQ 100, also kein Jahrhundert-Hochwasser, sondern blieb etwas unter diesem Szenario.

Würde heute ein echtes HQ 100 auf die Stadt zurollen, dann stünde jedenfalls am nördlichen Ufer der Isel vom Glöcklturm-Areal bis zum Fischwirt der Iselkai bis zu 30 Zentimeter unter Wasser. Das Grandhotel, das auf einer künstlichen Anhöhe steht, bliebe verschont. Computermodelle zeigen das sehr genau, wie Peter Mayr von der Firma Flussbau iC bei der Gemeinderatssitzung am 4. Oktober demonstrierte.

Aus Flugaufnahmen und Laserscans wurde ein hochpräzises 3D-Modell des gesamten Lienzer Talbodens modelliert, das nicht nur das Gelände, sondern auch alle Bauten enthält und anhand realer Pegeldaten kalibriert wird. Simuliert man mit einem solchen Modell ein Hochwasser, dann lässt sich mit hoher Genauigkeit vorhersagen, wer in der Stadt und ihrer Umgebung nasse Füße bekommen wird und wer nicht.

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Peter Mayr hat den Lienzer Talboden vermessen und kann Hochwasser präzise auf dem Rechner simulieren. Foto: Stadt Lienz/Bernd Lenzer

Damit ganz Lienz auch bei einem Jahrhundert-Hochwasser im Trockenen bleibt, wird demnächst die Isel ab dem Iselsteg flussabwärts bis zum Katarakt vor der Hofgartenbrücke um einen Meter tiefer gelegt. Flussaufwärts vom Steg bis zur Pfarrbrücke werden die Ufermauern erhöht. Über die Details der Maßnahmen, die auch Aufweitungen im Oberlauf beinhalten, haben wir bereits berichtet.

Eines betonten die Experten aber sowohl in Oberlienz als auch im Lienzer Gemeinderat: hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Die ultimative Katastrophe wäre ein HQ 300, ein Hochwasser, wie es statistisch nur alle 300 Jahre vorkommt. Seine Verhinderung würde so viel Geld kosten und so wuchtige Bauten nötig machen, dass die Kosten in Relation zum Risiko nicht argumentierbar wären.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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