So geschehen im Jahr 1963, als der Lienzer Architekt für einen Freund und ehemaligen Schulkollegen ein Einfamilienhaus plante, nachdem er für diesen zuvor bereits ein Wohnzimmer mit einer damals skandalumwitterten schwarzen Wand und einer beleuchteten Bar eingerichtet hatte.
Das zu Beginn der 1960er Jahre geplante Einfamilienhaus könnte aufgrund seines Designs auch 50 Jahre später noch für Aufsehen sorgen, doch der Bau wurde verhindert, da er sowohl für den Bauausschuss der Stadtgemeinde Lienz als auch für die Bezirkshauptmannschaft zu modern gewesen sein dürfte. Im Ablehnungsbescheid vom 28. Mai 1963 hieß es dazu, dass der Entwurf der „Verordnung zum Schutze des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes gegen Verunstaltung“ widerspreche. Dem Bauherrn wurde im selben Bescheid auch gleich geraten, keine zweite Einreichung zu versuchen, denn: „Eine solche würde Ihnen nur Kosten verursachen und auf alle Fälle mit einem negativen Ergebnis enden.“
Heute braucht man nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass die Stadtgemeinde Lienz ganz gerne ein Wohnhaus von Abraham in ihrem Stadtbild und damit ein architektonisches Kleinod mehr hätte. Was aber war für damalige Verhältnisse so erschütternd innovativ, dass man um das Ortsbild fürchten wollte?
Zunächst dürfte der Baugrund, mitten in Patriasdorf liegend und eingebettet zwischen jahrhundertealte Bauernhöfe, ein Problem dargestellt haben, und dann der Entwurf selbst. So war das Haus nach drei Himmelsrichtungen hin mit Sehschlitzen statt Fenstern versehen, um neugierige Blicke von Passanten zu enttäuschen. Lediglich gegen Süden zeigte sich das Haus weit offen, mit schwebender Terrasse, großen Fensterscheiben und einer Treppe – ganz im Stile Raimund Abrahams. Zwei weitere Terrassen blieben ebenfalls uneinsehbar.
Schon die Bilder des damaligen Modells lassen erkennen, dass hier tatsächlich ein für Osttirol außergewöhnlicher Bau umgesetzt werden wollte: Während das Haus von vorne japanische Einflüsse zeigte, wirkte es von der Seite wie eine harmonische Ansammlung geometrischer Körper aus einem Baukasten. Ein Balanceakt gekonnter Architektur.
Während ein einziger Lienzer Stadtrat gegen das Bauverbot stimmte und auch versuchte, den Bauherrn dazu zu überreden, beim Land Tirol um eine Sondergenehmigung anzusuchen, verzichtete dieser gemeinsam mit seiner Frau darauf. Auch Architekt Abraham hatte keine Lust auf einen solchen Kampf. Er bezeichnete die Ablehnung des Bauansuchens als „lächerlich“ und „hinterwäldlerisch“ und vermutete eine persönliche Fehde gegen ihn im Hintergrund. So blieb es bei dem einmaligen Ansuchen und es folgte auch kein zweites Wohnhausprojekt des Architekten für Osttirol. Noch im selben Jahr zog es Raimund Abraham in die USA. Das in seiner Heimatstadt verbotene Haus verwirklichte er Jahre später auf dem amerikanischen Kontinent.
Der verhinderte Hausbesitzer und seine Ehefrau wiederum stellten fest, sie wollten genau dieses Haus oder keines und kauften sich eine Eigentumswohnung. Das Grundstück wurde schließlich verkauft und die Freiwillige Feuerwehr von Patriasdorf fand dort ihre Unterkunft – in einem weit weniger spannenden Gebäude.
Ein Posting
lächerlich und hinterwäldlerisch ... schon damals bekannt .... bis zum heutigen tag ... wenn er wüsste wie recht er gehabt hat der herr architekt
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