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Alle Fotos: EXPA/Hans Groder

Alle Fotos: EXPA/Hans Groder

Leidenschaft ohne Grenzen

Das Kollektiv Culinaria Tirolensis

Grenzüberschreitend die regionale Kulinarik und heimische Produkte pflegen, mitentwickeln, sich austauschen und die Jugend fördern, sind die Ziele, doch die vier Spitzengastronomen legen einiges Wesentliche drauf: ihre Leidenschaft am Kochen, Gustieren, Experimentieren und den Sinn dafür, sich gegenseitig immer wieder herauszufordern – auch mit dem ihnen eigenen Schmäh.

Das Menü ... und seine Begleiter

Holzkohle-Tagliolini mit Graukas und Steinpilzen – von Markus Holzer, Jora Mountain Dining, Innichen.

Villgrater Zwölf-Stunden-Lamm mit Brotgewürz und rosa gebratener Rücken, dazu Ronen aus dem Gannerhofgartl – von Josef Mühlmann, Gannerhof, Innervillgraten.

Millefoglie vom Royal Apfel mit Nusskrokant-Creme – von Christian Oberhammer, Restaurant Tilia, Toblach.

Weinbegleitung von André Cis (Panorama Hotel Cis, Kartitsch) – von der Wachau über den Neusiedlersee bis nach Italien.

Es gelingt, die drei Gastronomen mitten in der Hauptsaison zusammenzubringen. André Cis koordiniert den Termin, Josef Mühlmann stellt die Küche im Gannerhof zur Verfügung, Christian Oberhammer und Markus Holzer reisen mit je einer Schachtel voller Köstlichkeiten an.

Schon das Öffnen verspricht einiges: kleine feine Töpfchen, geheimnisvoll in Papier Gehülltes und es duftet bereits, bevor begonnen wird. Die Hotelgäste versuchen einen Blick zu erhaschen, die Schafe blöken hinter dem Haus. Idyllischer könnte es kaum sein.

Ein kurzes Umschauen, dann geht es los. Josef Mühlmann sieht gelassen zu, wie nach Messern und Pfannen gesucht wird, und sagt: „Sagsch halt, was wilsch“. Markus Holzer entdeckt eine hölzerne Trüffelhobel und verliebt sich in das Gerät – er wird es sofort ausprobieren für seine Holzkohle-Tagliolini mit Graukas und Steinpilzen. Dazwischen laufen die Gespräche über Culinaria Tirolensis weiter, denn die Vier wissen um den Nutzen des Moments: „Da passiert jetzt wieder Netzwerk“, sagen sie, jonglieren mit gemeinsamen Ideen und Terminen, denn sie möchten die Synergien nutzen.

Leidenschaft. Die Zeit ist kostbar, jeder sollte mittags wieder im eigenen Lokal stehen. So plaudern sie und schauen einander auf die Finger, tauschen die eine oder andere Küchenweisheit aus und lachen über die Herausforderungen und Undinge des Gastronomiealltags. Währenddessen verwandelt sich eine Speise nach der anderen in ein Kunstwerk. Der Umgangston: liebevoll rau. Sie lachen viel, auch über sich selbst. So sagt Markus Holzer, dessen Nudelkochbuch legendär ist: „I kann lei Nudeln“, und dann lacht er, denn soeben wurde er von der RAI aus 500 Bewerbern ausgewählt, in der beliebtesten Kochshow Italiens (la prova del cuoco) aufzutreten – nicht nur einmal, sondern längerfristig. Die drei Kollegen gratulieren und gleich kommt ein wichtiger Rat: „Nimm dir unbedingt das Wasser für die Nudeln mit, denn dort haben sie kein g’scheites.“

Elegant: Beige auf Schwarz

Nicht Sepia färbt diese Nudeln, sondern Aktivkohle. Im Geschmack merkt man diese als einen zarten Hauch, an den sich der sehr junge Graukäse schmiegen kann. Frisch darüber gehobelte Steinpilze geben den Nudeln eine weitere milde Geschmacksnote.

Dann ist Josef Mühlmann dran und kocht, was man von ihm gekocht haben möchte: Lamm! Die Gelassenheit weicht augenblicklich einer Konzentration, die ihn alles um sich vergessen lässt. Es gibt ihn und sein Gericht – und für einige Momente keine Außenwelt. Schnell noch ein Weg in den hauseigenen Kräutergarten und er kommt mit Blüten und duftendem Grün zurück. Erst wenn alles perfekt aussieht, gibt er den Teller frei.

Dazwischen ein Schluck, denn für das Foto brauchen wir Wein in den Gläsern – und wenn er schon einmal im Glas ist, prostet man sich zu. Hier ein Schmäh, dort ein paar ironische Kommentare, ehe die Gerichte gekostet werden und nur noch ein „Mmmm“ zu hören ist. Sie wissen zu genießen. Ohnehin wirkt alles an ihnen spielerisch.

Zartes Lamm gerollt

Rosa gebraten, werden Bauch und das Fleisch der Rippe ineinander gerollt. Das Geheimnis liegt – wie so oft in der Küche – im richtigen Zeitpunkt. Die Ronen aus dem eigenen Garten zergehen ebenso auf der Zunge wie das Fleisch.

Nun das Dessert, denn die Zeit drängt: Christian Oberhammer bereitet Millefoglie zu. „Der macht sich’s einfach, schneidet a paar Äpfel auf“, frotzeln ihn die Drei, ehe sie die Creme der sündteuren Tahiti-Vanille aus dem Topf naschen. Wer nicht schnell ist, bekommt hier nichts mehr. Oberhammer, dessen Idee der Verein war, kann das Dessert gerade noch für das Foto retten.

Ein Hauch von Apfel & Vanille

Schicht um Schicht wird der Blätterteig zu einem kleinen Turm gestapelt, dazwischen eine Creme aus der auserlesenen Tahiti-Vanille, die sich mit einem Mousse aus Äpfeln abwechselt. Nicht nur als Dekoration fungieren die zart angebratenen Äpfel mit karamellisierten Nüssen.

Dieses Essen braucht auch den richtigen Wein. Jetzt packt Sommelier André Cis seine Kiste aus. Zur Pasta wählt er einen Grünen Veltliner Federspiel Loibenberg 2014 vom genossenschaftlich organisierten Weingut Domäne Wachau in Dürnstein. Der Loibenberg mit seinen alten Steinterrassen ist ein Klassiker, André Cis weiß mehr: „Dieser Grüne Veltliner zeichnet sich bereits durch sein feinduftiges Aroma in der Nase aus.“ Dann schwärmt er von „prägnanten Apfelaromen, etwas Tabak und Ananas“.

Das Lamm verdient einen Wein, der „nach Kirschen und Waldbeeren duftet und am Gaumen Nougat und Cassis zeigt, stoffig und mineralisch“, findet der Kenner. Er wählt den Blaufränkisch Eisner 2009 vom Weingut Kloster am Spitz in Purbach. Wer je Zweifel an Biowein hatte, vergisst diesen, sobald Cis ihn zum Verkosten reicht.

„Im Kloster am Spitz erzeugt man keine gefälligen Schmeichler, vielmehr sucht Thomas Schwarz im Wein die Frucht der Traube und den Charakter des Bodens.“

Die Tahiti-Vanille wiederum harmoniert besonders schön mit einem Franciacorta DOCG Brut NV (100 Prozent Chardonnay) des Weingutes Antica Fratta aus Monticelli Brusati. „Am Gaumen dicht und stoffig, besticht er durch seine lebendige, erfrischende Perlage“, wie der Kartitscher Sommelier es ausdrückt.

Zum Lamm wählt André Cis den Blaufränkischen Eisner 2009 vom Weingut Kloster am Spitz in Purbach und meint: „Im Kloster am Spitz erzeugt man keine gefälligen Schmeichler, vielmehr sucht Thomas Schwarz im Wein die Frucht der Traube und den Charakter des Bodens.“ Wie wahr!

Das Gemeine an diesem Vormittag: Jedes Gericht sieht so einfach aus, dass man für einen Augenblick glaubt, man könnte das einfach nachkochen. Vielleicht kann man das sogar: Bis dahin darf man sich ruhig immer wieder von den Meistern verwöhnen lassen. Der Gastgeber im Gannerhof, Josef Mühlmann, sagt es frei heraus: „Ich bin so froh, wenn mir einmal einer kocht! Deshalb bin ich so ein feiner Gast, weil ich weiß, wie viel Arbeit es ist.“


Culinaria Tirolensis Gannerhof - Josef Mühlmann
Innervillgraten Gasse 93
www.gannerhof.at

Culinaria Tirolensis Jora Mountain Dining - Markus Holzer
Innichen, Alter Markt 6
www.jora.it

Culinaria Tirolensis Panoramahotel Cis - André Cis
Kartitsch, Wiese 39
www.hotelcis.at

Culinaria Tirolensis Restaurant Tilia - Christian Oberhammer
Toblach, Dolomitenstraße 31/b
www.tilia.bz

Culinaria Tirolensis www.culinaria-tirolensis.com

Daniela Ingruber stammt aus Lienz und arbeitet als Demokratie- und Kriegsforscherin am Institut für Strategieanalysen in Wien. 

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