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Dialekträtsel: Was ist denn ein „Jandle“?

Kleiner Tipp: das Wort ist sächlich, aber was es bezeichnet ist weiblich.

Mit dem Dialekt ist das so eine Sache. Jeder von uns hat einen, jeder von uns kennt verschiedene und manche von uns sind sehr gut darin, Dialekte nachzumachen. Manche Dialekte finden wir sehr witzig und andere wieder extrem blöd. Der eine liegt uns eher und wir können ihn gut verstehen, ein anderer wieder hört sich total fremd an, auch wenn er vielleicht nicht weit weg von uns gesprochen wird. Ein sehr weites Feld und ein sehr spannendes. So gibt es im eher beschaulich kleinen Osttirol schon die wildesten Ausprägungen für ein und dasselbe Wort. Ein Beispiel: Gitsche, Mädl, Diandle und Jandle. Geht man noch einen winzigen Schritt weiter ins angrenzende Oberpinzgau kommt noch das Wort Mötz dazu. Gemeint ist aber immer das Mädchen. Spannend oder? Und so klingt es: Die Mundartfreunde Österreichs haben sich 1984 einmal ganz ausführlich mit dem Osttiroler Dialekt beschäftigt, und in einem kleine Büchlein folgendes festgehalten: „… es kann gesagt werden, dass bis zum Jahre 1967 die sackgassenartige Lage dieser Region den Menschen und auch den Mundarten ihr Gepräge gegeben hat. Hat diese Lage bis zum oben genannten Jahr sprachkonservierend gewirkt, so war 1967 für diesen Grenzbezirk, der einen sprachgeschichtlich überaus interessanten und wertvollen Teil der österreichischen Dialektlandschaft darstellt, ein Schicksalsjahr.“ (gekürzt aus Mitteilungen der Mundartfreunde Österreichs, 38. Jhg. 1984). Ja, was danach passierte ist Geschichte. Der Felbertauerntunnel wurde eröffnet und die Osttiroler Touristiker waren besonders stolz darauf, jedes Jahr noch höhere Nächtigungsziffern verzeichnen zu können. In den Folgejahren musste zunehmend mehr – vor allem Schriftverkehr – aber auch Gespräche in hochdeutsch geführt werden. Die ansteigende Technisierung in und um Haus und Hof führte dazu, dass alte Begriffe, wie etwa Bezeichnungen für bäuerliches Gerät, in Vergessenheit gerieten. Klar, eine Modernisierung hätte ohnehin stattgefunden, vielleicht wäre sie langsamer gewesen, schonender, wer weiß das schon. Recht bald fiel dem ein oder anderen dennoch auf, dass er ein Wort schon lange nicht mehr gehört, geschweige denn benutzt hat und man fing an, schon beinahe Vergessenes wieder zu suchen, die Alten zu fragen, aufzuschreiben, zu sammeln, für die Nachwelt zu konservieren. Aber macht das Sinn? Die Kinder von heute wissen doch nicht einmal mehr, was eine Kassette ist, geschweige denn ein Groasgach. Ja, es macht Sinn, weil Dialekt unsere Identität ist. Wir sind, was unsere Heimat aus uns gemacht hat. Und ja, es macht einen Unterschied, ob ich zum Mädchen Gitsche sage oder Jandle, weil es mich outet unter all den Diandle-Sagern und weil ich dort meine Wurzeln habe, wo man eben sagt, was man so sagt. Im Dialekt. Und eines ist klar, so richtig los wird man ihn nie und es ist erlaubt, stolz darauf zu sein. ___________ Hier finden Sie alle bisher gezeichneten und vertonten Beispiele unserer Mund-Art! Alle Zeichnungen stammen von Anna Vogl. Die Osttirolerin studiert an der Grafischen in Wien.
Anja Kofler leitet die Lienzer Stadtbücherei und arbeitet als freie Journalistin für dolomitenstadt.at. Zu unserem Podcast steuert sie regelmäßig unterhaltsame Interviews und Audiobeiträge über die Abenteuerlust und das Lesen bei.

Ein Posting

hoerzuOT
vor 9 Jahren

ein Mädchen ---denke dieser Ausdruck kommt aus dem Virgental!

 
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