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Marcus G. Kiniger arbeitet als Handelsunternehmer in Hamburg und schreibt seit Jahren als Kolumnist und Autor für Dolomitenstadt. Foto: Expa

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Nachwahlwehen: Was ich noch zu sagen hätte …

Gerade für Osttirol ist Isolation ein wertloses Versprechen.  Ein Kommentar

Ich nehme gerne und regelmäßig mein Wahlrecht wahr, auch als Auslandsösterreicher. Gerade gestern habe ich den Umschlag mit meinem Stichwahl-Zettel zur Post getragen. Weil ich mein Recht als Pflicht empfinde. Weil mein Wahlrecht keine selbstverständliche Sache ist, gerade für mich als Ausländer, wie ich einer in Deutschland bin. Sich meiner Rechte zu begeben liegt mir nicht. Ganz besonders dann, wenn es um etwas geht. Und gerade geht es um etwas. Um recht viel, wenn man den Aussagen des gerade in Führung liegenden Kandidaten glauben will oder kann. Wobei das mit dem Glauben-Können eine schwierige Angelegenheit ist. Hat der Kandidat doch noch im Dezember gesagt, er strebe das Amt nicht an. Er sei zu jung dafür, sagte er, er wolle nicht Präsident der Österreicher werden. Seine Fraktion selbst will das Amt abschaffen, bewirbt sich aber darum. Was man da so glauben soll, weiß ich nun auch nicht. Der Kandidat selbst sagt, wählt man ihn in das von ihm ungewollte Amt, wolle er die Regierung absetzen. Offenbar handelt es sich dabei um ein Wahlversprechen. Autokratie mit Ansage. Falls das nichts wird, mit dem kollektiven Regierungsentheben, kann man ja im Nachhinein auch abstreiten, das alles so entweder nicht gesagt oder gegebenenfalls so nicht gemeint zu haben. Damit kennt sich die Fraktion des gerade in Führung liegenden Kandidaten prächtig aus. Hump, Dump, Lump, auch eine bundespräsidiale Einlassung eines Parteifreunds des In-Führung-Liegenden. Wer wollte sich da schon so genau erinnern. Oder aber an das Engagement des Parteichefs der Fraktion des Kandidaten wider Willen bei Norbert Burger, dem verstorbenen Chef der NPD in Österreich. Ein Lausbubenstreich in Tarnuniform. Längst vergessen, wen interessiert denn schon Geschichte. Nun, den einen oder anderen Tiroler vielleicht doch. Das Kuscheln der Fraktion Hofers mit Alessandra Mussolini, einer strammen Neo-Faschistin und Enkelin von Benito Mussolini, sollte zumindest seiner Wählerschaft in Tirol zu denken geben. Wie überhaupt der Kreis der Bewunderer und Nachahmer der Fraktion rund um den Kandidaten, der sein Amt abschaffen will und vorher noch schnell die Regierung entlassen möchte, die Aufmerksamkeit der Hoferschen Wählerschaft verdient. Wenn die deutsche NPD die Eins zu Eins Kopie von Wahlplakaten der Fraktion des Herrn Hofer affichiert, dann ist das bemerkenswert. Wenn Mitglieder der NPD bei der letzten Wien-Wahl bei Hofers Fraktion zum Gratulieren anreisen, Hand in Hand mit ihren Gesinnungsgenossen der AfD, dann darf das auch all jenen zu denken geben, die so gerne Begründungen für nicht wirklich Nettes damit einleiten, sie seien nicht was die NPD-Mitglieder ganz eindeutig sind, aber… Am Ende dieses Abers stand bis vor Kurzem meist die durchaus schuldbewusste Formel:“Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.“ Diese Floskel hört man jetzt seltener. Schuldbewusstsein ist passe, dafür ist antieuropäisch und unsolidarisch zu sein in der Mitte der österreichischen Gesellschaft offenbar salonfähig geworden. Vielleicht auch weil die Fraktion Hofers unbezahlbare Wahlhilfe erhalten hat. Etwa in Gestalt der gerade aus dem Amt geflüchteten Innenministerin, die innerhalb kürzester Zeit geschafft hat, Österreichs Nachbarschaftsbeziehungen erheblichen Schaden zuzufügen, wie sich lebhaft an der Brennergrenze zeigt. Es scheint der Ehrgeiz der ehemals bürgerlichen Fraktion mit angeblich christlichen Wurzeln zu sein, als Wahlhelfer für die wahre PEGIDA – wie Hofers Parteichef seine Fraktion nennt – in die Geschichte einzugehen. Gerade für Osttirol, das essenziell von Außenbeziehungen lebt und auf sie in Gestalt von Investoren aus dem grenznahen Raum angewiesen ist, stellt dieses Verhalten einen Bärendienst sondergleichen dar. Auf Isolationismus zu setzten, wie ihn Hofers Gesinnungsgenossen propagieren, kann für einen Bezirk wie Osttirol nichts Gutes bedeuten. Mit Isolation kennt man sich aus in Osttirol.  
Marcus G. Kiniger wurde 1969 in Wien geboren. Seine Familie kam 1976 nach Sillian, wo der gelernte Tourismuskaufmann und ambitionierte Musiker bis 2008 lebte, bevor er nach Hamburg übersiedelte. In Norddeutschland vertreibt Kiniger Produkte aus Tirol. Er schreibt für dolomitenstadt.at die Kolumne "Waterkantiges" und ist auch regelmäßiger Autor im DOLOMITENSTADT-Printmagazin.

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5 Postings

Macki
vor 9 Jahren

Leider wird ihre Stimme ungültig sein, weil sie ihren Stimmzettel zu früh abgeschickt haben. War in allen Medien zu lesen und in den Ihnen zugesandten Unterlagen mit der Wahlkarte wird auch darauf hingewiesen, dass sie erst ab 3.5. wählen dürfen...

 
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Senf
vor 9 Jahren

fragt doch einmal nach, aus welcher partei heinz fischer stammt. die wenigsten werden es wissen. dasselbe wird auch hofer erfahren oder glaubt jemand, das der BP eine eigenen meinung haben darf. politik macht der apparat, nicht die person. zumindest in österreich!

 
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    MadMagistah
    vor 9 Jahren

    Also bitte, Fischer war 33 Jahre lang im Nationalrat, von 1990 bis 2002 sogar Präsident davon. Er war 2 mal Klubobmann der SPÖ wie auch Wissenschaftsminister. Fischer war und ist omnipräsent in der ö. Politik seit gut 40 Jahren. Hofer war bis zu seiner Kandidatur nur eine politische Randnotiz- sie haben in gewisser Hinsicht schon Recht aber der Vergleich hinkt sehr finde ich

     
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amRande
vor 9 Jahren

Nicht "da Hofa woas da Sündnbock". Er kann sich getrost zurücklehnen und sich (wohl bis zum bitteren Ende) auf Schwarz/Rot verlassen. Hätten die beiden einen gemeinsamen Kandidaten für die BP-Wahl aufgestellt oder auch nur unterstützt (Griss, Van der Bellen), wären sie ohne Gesichtsverlust möglicherweise in eine neue Ära gestartet. Dazu bräuchte es allerdings politische Reife und Kultur.

 
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holzwurm
vor 9 Jahren

Den Kommentar unterstütze ich voll inhaltlich, die wirklich relevante Hauptaussage finde ich allerdings erst im letzten Absatz. Alles andere fördert, meiner Meinung nach, nur die 'jetzt erst recht' Stimmung gewisser Kreise.

 
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