Rettet der März die Wintersaison in Osttirol?
Ein früher Ostertermin und Schnee zur rechten Zeit machen schlechten Saisonstart vorerst wett.
Ein Plus von 56.150 Nächtigungen alleine im März hat das bisher bescheidene Saisonsergebnis in sein vorläufiges Gegenteil verkehrt. Der frühe Ostertermin und günstige Schneebedingungen haben den noch im Feber bilanzierten Rückstand von über 30.000 Nächtigungen mehr als ausgeglichen. Vorläufig. Tourismusverband-Obmann Franz Theurl formuliert bewusst vorsichtig: "Somit konnte vorerst auch das Minus aus den schneelosen Monaten Dezember und Jänner ausgeglichen werden. Jetzt liegen wir einmal 2,67 Prozent im Plus."
Seine Vorsicht liegt vor allem darin begründet, dass die Erwartungen für die restliche Saison, sprich den Monat April eher gedämpft sind. Ein frühes Schließen einiger Aufstiegshilfen, wechselhaftes Wetter, das die Tourengehersaison abkürzt, und das Fehlen der Osternächtigungen in der kommenden Aprilbilanz lassen die Osttirol-Werber eine schwarze Null herbeisehnen. Ausgehend von der bisher besten Wintersaison Osttirols im Vorjahr, ist ein kleines Minus selbst aus Sicht der Werber jedoch wahrscheinlicher, nach dem schwierigen Start aber nicht verwunderlich.
Die Freude über die Zuwächse im vorletzten Wintersaisonsmonat lässt Franz Theurl vom stärksten März aller Zeiten sprechen, was so nicht zutrifft, verbuchte der Bezirk Lienz doch 2005 über 227.000 Nächtigungen. Er darf sich aber zu Recht auch über den zweitstärksten März aller Zeiten freuen mit 217.987 Nächtigungen. Auf den stärksten März aller Zeiten folgte übrigens ein besonders schwacher April.
Im Saisonsverlauf haben nun alle Regionen außer der Ferienregion Lienzer Dolomiten das Vorjahresergebnis ausgleichen können und es teilweise sogar übertreffen können. Besonders stark gelang das der Nationalparkregion, in der einmal mehr Kals Matrei bei den Nächtigungen in einem Monat überflügelt. In der Ferienregion Hochpustertal gewann Obertilliach im März das Rennen um die nächtigungsstärkste Gemeinde. Das Oberland erholt sich damit ein wenig von dem starken Einbruch an Nächtigungen zum Vorjahr.
Interessant ist der Vergleich mit der benachbarten Urlaubsregion Hochpustertal in Südtirol, auch im Hinblick auf eine immer wahrscheinlicher werdende Realisierung eines grenzüberschreitenden Skigebiets. Das Skiressort rund um den Helm verbucht einen Rekordwinter nach dem anderen. Schon von Saisonbeginn weg konnten die Nachbarn auf den letzten Winter Monat um Monat Gewinne verbuchen, trotz Schneemangel und sogar weniger Betten als im Vorjahr. Von November bis März konnten die Beherberger jenseits der Grenze mit 777.230 Nächtigungen um 81.551 Nächtigungen gegenüber dem Vorjahr zulegen. Sie haben damit einen Monat vor Saisonsschluss um 50.000 Nächtigungen mehr erzielt als in der gesamten Wintersaison des vergangenen Jahres. Besonders profitieren können bei den Nachbarn die Häuser der höchsten Kategorie, die es im Spitzenbereich auf 105 Vollauslastungstage bringen.
Bei den Osttiroler Kollegen ist dort noch etwas Luft nach oben. Das Segment der Zwei-Stern-Häuser verliert fortgesetzt und scheint am Markt nicht mehr nachgefragt zu werden. Bei den Häusern hoher Kategorien soll es selbst zur Hochsaison noch freie Kapazitäten geben. Eine Herausforderung für die kommende Wintersaison, die hoffentlich nicht im Zeichen eines weiteren El-Nino-Jahres und seiner klimatischen Auswirkungen stehen wird.
Nächtigungszahlen März 2016 Osttirol zum Downolad
6 Postings
Lieber User fb,
das Ergebnis des Südtiroler Hochpustertals beläuft sich bis März auf 777.230 Nächtigungen bei 14.500 Betten.
Was die unterschiedlichen Qualitätsmerkmale betrifft, so zeichnet sich die Region rund um den Helm durch eine hohe Reinvestitionsquote, eine starke Innovationskraft sowie eine beachtliche Kundenorientierung sowohl online wie im direkten Gast-Kontakt aus. Letzeres bietet Osttirol meist auch, auf anderen Feldern erkenne ich aber Unterschiede. Dazu kommt in Südtirol ein ausgefeiltes Nahverkehrskonzept sowie eine durchaus durch den italienischen Gast geprägte gastronomische Kultur, die in ihrer Serviceorientierung noch nicht überall in den heimischen Gaststuben angekommen ist.
Die Denkweise, der Tourismusverband habe in Sachen Werbung und Marketing für den einen oder anderen aktiv oder inaktiv zu sein, halte ich für fatal, wie überhaupt die Fixierung auf den TVB in diesem unternehmerischen Kernbereich. Wenn ich von Kooperation spreche, dann von der der Vermieter untereinander und mit anderen touristischen Leistungsträgern.
Die Werbemaßnahmen der marktbestimmenden Player sind meist nicht nur scheinbar zielführender, sie sind schlicht effektiv, auch weil sie die eingesetzten Mittel wieder erwirtschaften müssen. Der Wintersaisonsstart in Kals etwa ist Beleg für die Kraft des Incomingbereichs der Familie Schultz. Sich diese Bemühungen wie Kompetenzen nicht zu Nutze zu machen, sie möglicherweise sogar konterkarieren zu wollen, wäre nach Osttiroler Maßstäben zwar nicht sonderlich überraschend, aber extrem kontraproduktiv.
Lieber Autorr M.G.Kiniger: Wohltuend klare Aussagen, in mir kommt jetzt die nächste Frage auf: Was sollte denn der TVBO dann machen, wofür die ca. 6,7 Mio € einsetzen, damit diese effektiv sind im Sinne von wieder erwirtschaften?
Lieber User fb,
wäre nicht die weitaus wichtigere Frage: was sollten Osttirols Vermieter tun, auch mit den Marketingmitteln des TVB? Die im Übrigen bei weitem nicht 6,7 Mio Euro betragen, sondern sehr viel bescheidener verteilt sind.
Zu den Nachbarn: Mir fällt auf, dass es im Südtiroler Nachbarbereich viele Appartmenthäuser gibt. Wo siehtman dies in Osttirol ? Das wäre eine Alternative zu den Zweisternhotels, Gasthäuser. Lienzer Dolomiten: Gibt es Angaben, wieweit sich das Angebot von "Betten" verändert hat? Wie ist das Verhältnis der Übernachtungen Vierstern gegeüber niedrigeren Kategorien?
Häuser hoher Kategorien , wie Schultz Gruppe, Hamacher füllen Ihre Häuser wohl auf Grund Eigenwerbung. Der TVBO soll seine Werbung auf die kleineren guten Hotels und auf die gehobenen Appartmenthäuser und Privatvermieter ausrichten, diese haben als Einzelkämpfer nicht die Werkzeuge zur Verfügung.
Lieber User fb,
die Anzahl an Appartementhäusern in Südtirol mag auf den ersten Blick hoch erscheinen, ist sie aber in Relation zu Osttirol nicht unbedingt. Etwa 20 Prozent der gewerblichen Betten in der Region Hochpustertal auf Südttiroler Seite sind Appartementbetten. Auf Osttiroler Seite entspricht der Anteil der Appartments im Winter über 40 Prozent und ungefähr 35 Prozent im Sommer des Gesamtbettenangebots. Es ist also weniger die schiere Anzahl an Betten, als vielmehr deren Qualität, die für die Attraktivität beim Gast sorgt, wie auch das gastronomische Rahmenprogramm.
Zum Vergleich: Das Südtiroler Hochpustertal verfügt in Summe aktuell über knapp 14.500 Betten, davon mehr als die Hälfte im gewerblichen Bereich. 2014 waren es noch um 356 Betten mehr, gegenüber 2013 hat man sogar in Summe fast 1.000 Betten abgebaut, diese dafür aber umso besser ausgelastet. Vor allem im Bereich der Appartements hat man auf schwer verkaufbare Überkapazitäten verzichtet. Osttirol bietet im Winter inklusive der Zusatzbetten knapp 24.000 Betten an, davon exakt die Hälfte im gewerblichen Bereich.
In Osttirol verändert sich die Zahl der gewerblichen Betten kaum, auch wenn es zu Verschiebungen zwischen den Kategorien kommt. Für den Lienzer Talboden kann ich keine genaueren Angaben machen, auch nicht über das Nächtigungsverhältnis innerhalb der Kategorien.
Für Osttirol insgesamt lässt sich sagen, die Viersterne-Häuser lasten ihre Betten etwa im Sommer meist um die 85 Tage voll aus, während das den Zwei-Sterne-Häusern nur gerade einmal halb so lange gelingt. Im Sommer 2015 drückte sich die Relation von Nächtigungen 2,5:1 für die Vier-Sterne-Betriebe aus.
Im Winter ist das Verhältnis ein wenig anders. Dort schaffen die Häuser der höchsten Kategorie im Schnitt 70 Vollbelegungstage, während die Zweisternehäuser bei rund 42 Tagen bleiben, das Nächtigungsverhältnis beträgt etwa 2:1
Was auch immer am Markt beworben werden soll, muss vor allen Dingen den Bedürfnissen des Gastes entsprechen. Auf einem Markt, der mit nachfragegesteuerten Tools wie dynamsichen Preisen, der Bewertung von Service und Reaktionszeiten sowie einer fast gläsernen Transparenz von Leistung und Angeboten vom Anbieter alles fordert, sind leider weite Teile des Osttiroler Angebots vor allem im niedrigpreisigen Segment nicht adäquat.
Hoch kategorisierten Häusern die Verbandsunterstützung bei der Bewerbung ihres Angebots - bezahlt aus den von ihnen überproportional erwirtschafteten Mitgliedsbeiträgen - mit dem Argument zu verweigern, sie könnten sich sehr wahrscheinlich selbst am besten helfen, scheint kein erfolgsversprechender Ansatz. Eher scheint mir die Variante gerade mit diesen marktbestimmenden Playern Kooperationen zu bilden und damit das beklagte Einzelkämpferdasein zu beenden zielführend zu sein. Kooperation jedoch kann dem Vermieter nicht verordnet werden, er muss sie aktiv betreiben.
Mit den besten Wünschen für einen schönen Abend, Marcus G. Kiniger
Danke vorerst für die detailierte Info: ich komme zu folgendem Schluß: Südtirol: 722.000 Nächtigungen mit ca. 14.600 Betten Osttirol: 846.000 Nächtigungen mit ca. 24.600 Betten
Kooperation: Verstehe ich Sie da richtig, dass sich eher der TVBO an die Kampagnen der marktbestimmenden Player halten soll, weil diese scheinbar zielgerichteter vermarkten? Was ist die Qualität, die den Unterschied zwischen Südtiroler Pustertal und Osttirol macht?
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