"Zelt“ ist natürlich der falsche Ausdruck. Was Robert Roithmayr weltweit zum gefragten Berater und Architekten macht, ist sein Know-how beim Planen und Bauen von „Membranbauten“, meist riesigen, segelartigen Konstruktionen aus Hightech-Gewebe, die sich über Fußballstadien und Einkaufstempel, Strandpromenaden und Kon-erenzcenter spannen. Für Architekten ist die Planung solch textiler Gebäudeformen reizvoll und fordernd zugleich. Kaum ein anderes Material ist im Sinn des Wortes „spannender“, lässt Kühnes und Leichtes entstehen, macht Transparenz und Licht zu elementaren Gestaltungsparametern. Roithmayr erklärt all das mit vielen Gesten, zeichnet plakativ mit den Händen in die Luft, überzeugt selbst notorische Physikmuffel und Technikfeinde von der Genialität „formaktiver Tragwerke“.
Wehdorn-Roithmayrs Kunden und Projektpartner bauen Großes, Zaha Hadid beispielsweise, die Architekturdiva mit einem Hang zu amorphen, exzentrischen Formen. Solche Bauten zu planen – kreativ, technisch und wirtschaftlich – ist eine enorme Herausforderung. Es geht um viel Geld, aber auch um Sicherheit, statische Anforderungen und die Gretchenfrage: Wird es funktionieren? Genau das brachte Wehdorn-Roithmayr vor einigen Jahren auf eine Idee. Was wäre, wenn der Architekt und der Statiker einfach den Rechner starten und eine Software mit den technischen Daten füttern könnten? Wenn eine akkurate Planung form-aktiver Tragwerke mit intuitiven Werkzeugen direkt am Rechner möglich wäre? Wehdorn-Roithmayr entwickelte diese Software, nannte sie „Formfinder“ und verkaufte sie mittlerweile zigtausend Mal, in vielen Sprachen an Kunden auf allen Kontinenten.
Das virtuelle Planungstool hat seinen Schöpfer zur Instanz in Sachen „Formfinding“ gemacht, er referiert an Universitäten, plant mit den besten Architekten und berät auch die Hersteller der Architekturgewebe. Gut 20 Leute hat Wehdorn-Roithmayr in seinem Team. Einige sind angestellt, andere arbeiten frei, verteilt über halb Europa, derzeit mit Schwerpunkten in Wien und Stuttgart. Kommuniziert wird über Skype. Wehdorn-Roithmayr selbst ist nämlich vor kurzem mit seiner Lebensgefährtin zurück an den Ursprung gezogen, nach Lienz, wo er aufgewachsen ist. Das Ende der Welt? „Manchmal“, lacht der Architekt und Unilektor mit Technikdoktorat. Es gibt Tage, da hätte er gern einen internationalen Flughafen in der Nähe. Viele Monate im Jahr jettet Wehdorn-Roithmayr rund um den Globus, oft geplant, manchmal spontan, immer in Bewegung, immer auf der Suche nach der perfekten Form und ihren technischen Eckdaten im Dienst der modernen Architektur. Er ist ein Organisationstalent mit Fantasie und Spontaneität. Wehdorn-Roithmayr bringt auch sein Leben in eine flexible Form, angepasst an die Gegebenheiten.
Osttirol ist für Roithmayr ein toller Lebensraum, der richtige Platz, um eine Familie zu gründen, als Wirtschaftsstandort zwar suboptimal, als Inspirationsquelle aber gut. Ob es wichtig ist, junge Leute zum Bleiben zu animieren? „Ganz im Gegenteil“, meint der innovative Entwickler, „wir müssen die Jungen hinaus in die Welt schicken, damit sie gut werden. Und wir müssen sie auch nicht unbedingt wieder zurückholen. Nicht jeder und alles muss vor Ort sein. Entscheidend ist die Vernetzung, das Zusammenwirken der Kräfte.“ Fehlt nur noch die passende Plattform für diese neue Art der Kooperation. Doch die sollte zu finden sein.
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