Alois Unterrainer ist Schmied. Ein junger Schmied und für viele seiner Kunden und Freunde weit mehr als das. Der Matreier zählt neben dem Villgrater Alfons Steidl zu jenen Osttiroler "Eisenkünstlern", die mit großer Eleganz den Spagat zwischen Alt und Neu schaffen und mit großem Können Werkstücke herstellen, die Traditionalisten und "Erneuerer" gleichermaßen begeistern.
Das Handwerk der Schmiede und Schlosser war lange vielfältig wie kein zweites, über Jahrtausende fielen Hausrat, Werkzeuge und Waffen in ihre Zuständigkeit, was die fast religiöse Verehrung ihrer Kunst begründete. Hephaistos, der Schmied, war immerhin der Sohn des Zeus und einziger Handwerker unter den olympischen Gottheiten.
In Osttirol ist die Tradition der Metallverarbeitung lang und eindrucksvoll. Schon im 7. Jahrhundert vor Christus wurden Eisenprodukte verwendet. Das "Norische Eisen", eine Art Stahl, war bei den Römern begehrt. Daran und an die antike Eisengewinnung erinnert noch heute der "Römerstollen" bei Abfaltersbach.
Alois Unterrainer widerlegt durch seine Neuinterpretation des Handwerks die verbreitete Ansicht, dass die Schmiedekunst im Aussterben begriffen sei. Im Gegenteil. Er haucht ihr handwerklich und kreativ neues Leben ein. Das fertige Werkstück ist für ihn „bloß“ ein Stein auf seinem Weg. Er will Perfektion, das Absolute im Sinne von Formvollendung erreichen. Ein großes Ziel, dem Unterrainer in manchen Arbeiten auch deshalb nahekommt, weil er skulpturales Gespür und perfekte handwerkliche Technik buchstäblich verschmelzen lässt. Das Ergebnis ist funktionales Design im Megatrend eines Zeitalters, in dem immer mehr Menschen neben der Flüchtigkeit der digitalen Lebenswelt nach Dingen suchen, die Bestand haben. Am besten ein Leben lang. Geschmiedetes hat diese Eigenschaft. Eisen ist nicht flüchtig und Formen, die aus dem Feuer geboren werden, haben schon aus diesem Grund etwas Archaisches.
Unterrainer hat seinen Beruf von der Pike auf aus unterschiedlichen Blickwinkeln gelernt. Metall ist sein Werkstoff seit der Lehrzeit, erst als Maschinenschlosser, dann in der Hufbeschlagschule in Stadl-Paura. Er hat sich in mehreren Schmiedebetrieben in ganz Österreich fortgebildet, Restaurierungskurse für Eisenarbeiten besucht und als Stipendiat im Europäischen Zentrum für alte Handwerkstechniken in Venedig gearbeitet. 2001 machte er den Meister und gründete einen ganz besonderen Betrieb, eine Schmiedewerkstatt, die keinen Besucher unbeeindruckt lässt. "Jede Arbeit Unterrainers ist geprägt vom inneren Auftrag, das Optimum zum jeweiligen Zeitpunkt umzusetzen,“ erzählt Freund und Künstler Peter Raneburger.
Der Schmied zelebriert jede neue Aufgabe, geht mit Ehrfurcht an sie heran, sucht erst nach dem innewohnenden Prinzip, erforscht die handwerkliche Historie, den soziologischen Hintergrund. Er will zur eigentlichen Idee vordringen, dem Wesen des Werkstücks. Erst dann folgen Skizzen und Entwürfe. "Diese konzentrierte Annäherung an den ersten Schlag manifestiert sich schlussendlich in einem Werkstück, das in seiner Formensprache geniale Selbstverständlichkeit vermittelt", erklärt Peter Raneburger, der mit Unterrainer auch gestalterisch zusammenarbeitet, "diese Reduktion auf das Wesentliche macht die Arbeiten von Lois unaufdringlich und simpel."
Ein Gipfelkreuz, das zugleich Stimmgabel ist und offen empor ins Unendliche weist, eine Hängeleuchte aus geschmiedetem Stahlblech, die sich um die Lichtquelle dreht und stufenlos in die Aufhängung an der Decke übergeht, eine "schwebende" Treppe aus mehr als 50 Einzelteilen – Unterrainer schafft Design aus Eisen, das unglaublich konsequent auf den Punkt kommt, in jenen Zustand, der nicht mehr zergliedert werden kann.
Perfektion sagen die einen dazu, Harmonie die anderen, immer ist es Bewunderung, die mitschwingt, auch deshalb, weil Eisen kein leichter Werkstoff ist, kein Material, das man so ohne weiteres in einen Zustand scheinbarer Schwerelosigkeit versetzen kann. Alois Unterrainer schafft dieses Kunststück und deshalb sind seine Arbeiten eben das: Kunststücke.
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