Ein Artikel von Isabella Lukasser.
„Eigentlich ist‘s eine unbequeme Frucht“, gesteht Maria, begutachtet eine Quitte und schärft ihren Blick. Sie hält die Leuchtfrucht fest umschlossen in ihrer Hand und reibt gekonnt mit dem Daumen eine Art Flaum von der Schale. Man merkt gleich, dass sie Erfahrung im Umgang mit dem Kernobst hat. „Die Schwester von Apfel und Birne darf man nicht roh essen, deshalb ist sie wohl für manch einen unbequem. Sie hat nicht so viele Liebhaber“, erklärt sie. Die Gerbsäure löst sich erst durchs Kochen auf. Dabei sei sie aber so natürlich und leicht zu pflegen, auch dankbar sei sie und man könne kulinarisch einiges mit ihr anstellen. In der Küche verhält sich die Angehörige der Rosengewächse äußerst variabel: „Ich mache daraus Likör, Marmelade, Gelee, Brot, eine Art Goldbärchen aus Püree und getrocknete Stückchen verwende ich als Tee. Ich experimentiere gern“, schwärmt die Quittenliebhaberin.
Es ist Spätherbst, die Erntezeit ist längst vorüber, dennoch, oder gerade deswegen, kommt Maria zurück in ihr kleines Paradies in Göriach. Ein Gartenhaus aus Holz mit Tisch und Stühlen lädt zum Verweilen ein, bietet ihr Platz zum Schaffen und Unterschlupf vor der heißen Spätsonne. Sie hat ihre Enkeltochter Emilia mitgenommen, der sie ein paar Handgriffe zeigt und wichtige Details verrät. „Die Quitte ist die Letzte, die kommt und die Letzte, die geht. Sie hat ihren eigenen Rhythmus“, lehrt sie uns. Ihre Blütezeit ist Mai bis Juni und gepflückt wird sie Ende Oktober. Sie ist selbstfruchtbar und kennt kaum Schädlinge. Das heimische Wiesenobst versorgt uns im Winter mit ihrem fruchtigen Geschmack und dem hohen Vitamin C-Gehalt. „Wenn die Frucht zitronengelb ist und leicht süßlich duftet, ist sie erntereif. Ich greif' dreimal auf den Baum und schon habe ich den Korb voll. Meine Eltern haben sich immer ein paar auf ihren Kleiderschrank gelegt, damit das Aroma den Raum erfüllt. Das Schönste was es gibt!“, lacht sie, bricht eine Leuchtfrucht im rechten Winkel vom Ast und bettet sie liebevoll in einen handgeflochtenen Korb. Jetzt werden sie gepflückt, gelagert und mit einer mittelfesten Bürste oder einem Geschirrtuch abgerieben, damit sie weiterverarbeitet werden können.
Intelligente Rasenmäher
Früher, genau genommen vor rund 65 Jahren, wurde hier Korn angebaut. Ihr Mann, besser bekannt als der legendäre Bergsteiger „Blasl-Sepp“, musste auf dem Steilhang mühsame Arbeit verrichten. Dann machte das Korn der Streuobstwiese Platz und der anstrengenden Tätigkeit ein Ende. Die Mäharbeit haben andere übernommen: Vier Shrophire Schafe. „Intelligente und zuverlässige Rasenmäher, sie verdichten und düngen zugleich. Damit die Schafe den Baumstämmen fern bleiben, werden sie mit einem Mineralstein versorgt“, weiß die Iselsbergerin und zeigt auf die vier dunklen Gestalten, die sich beinahe rhythmisch über den Hang bewegen und flux in einem entgegengesetzten Winkel der Wiese verschanzt haben. Offensichtlich empfinden sie uns als Eindringlinge. Maria lockt die wendigen Vierbeiner mit Zurufen an: „Gutzibutzi, Gutzibutzi“. Unsere Fotografin Ramona hetzt über den Bühel, um sie für das Magazin abzulichten.
Der Besuch neigt sich dem Ende zu. Maria schwelgt in Erinnerungen: „Einmal, da ist es mir passiert, da hat es heruntergeschneit bevor ich zum Pflücken gekommen bin. Aber, die Quitte ist so zäh und elastisch, sie hat den Schock überlebt.“ Nun ist es an der Zeit den Garten sich selbst zu überlassen, „Lebwohl“ zu sagen und bis zum nächsten Jahr zu warten, wenn der Kreislauf wieder von vorne beginnt. „Kein Jahr ist wie das Andere“, lächelt sie. Sie weiß, was bleibt sind die Quitten auf dem Kleiderkasten, die in der kalten Jahreszeit für einen Hauch von Sommer sorgen und am Mittagstisch die Familie kulinarisch verwöhnen.
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